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Spurensucher. Ana Marna
Читать онлайн.Название Spurensucher
Год выпуска 0
isbn 9783752922844
Автор произведения Ana Marna
Жанр Языкознание
Серия The Hidden Folks
Издательство Bookwire
Sie grinste nur verständnisvoll und setzte zur Landung an.
Er war immer wieder aufs Neue erstaunt, wie sicher dieses halbe Kind die riesigen Maschinen beherrschte. Obwohl er das eigentlich nicht sein sollte. Immerhin war sie eine Hexe. Und die besaßen bekanntermaßen erstaunliche Fähigkeiten.
Minuten später hob der Hubschrauber sich wieder in die Lüfte, während Connor seinen Rucksack über den Rücken warf und auf das Zentralgebäude zu stapfte.
Das war der Teil seiner Besuche, den er am meisten hasste.
Vorstellungsgespräch bei Tucker O’Brian, dem unangefochtenen Herrscher dieses Dorfes. Es gab keinen Rudelführer, den er mehr fürchtete.
Unter anderen Umständen hätte er ihn vielleicht bewundert, doch seine derzeitige Lage war alles andere als angenehm. Und Tucker O’Brian trug einen erheblichen Teil dazu bei, ihm das Leben noch schwerer zu machen. Auch wenn seine Gründe nach Rudelmaßstäben berechtigt waren.
O’Brian erwartete ihn bereits hinter seinem Schreibtisch.
„Hallo Connor, setz dich“, begrüßte er ihn.
Immerhin, er war einer der wenigen, die ihn mit seinem richtigen Namen ansprachen.
Connor ließ sich auf den zugewiesenen Stuhl fallen und betrachtete sein Gegenüber missmutig. O’Brian war nie ein Ausbund an guter Laune. Eine weit verbreitete Leitwolf-Krankheit. Doch diesmal wirkte er besonders mies gelaunt. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen und Connor witterte Frustration und den Anflug von Trauer.
Irgendwas belastete den Rudelführer, aber er würde ihn sicher nicht danach fragen. Er hatte selbst genug eigene Probleme.
Das Schweigen zog sich in die Länge. Schließlich gab Connor auf. Ein Kräftemessen mit Tucker O’Brian konnte er nur verlieren.
„James Taylor ist tot“, meinte er schließlich. Der Rudelführer nickte. Anscheinend wusste er schon Bescheid. Wahrscheinlich hatte Chief Bryan ihn informiert.
„Damit droht Ro keine Gefahr mehr“, fuhr er fort. „Wir könnten also einen Ausflug nach Barnshire machen.“
O’Brian zog die Augenbraue hoch, sagte aber nichts.
„Verdammt, Tucker“, knurrte Connor. „Ich schwöre, ich bring sie wieder zurück.“
Immer noch keine Reaktion.
Connor stöhnte frustriert und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Ich denke darüber nach“, kam schließlich die Antwort. „Wie lange bleibst du?“
„Ich habe drei Tage.“
„In Ordnung. Du kannst wieder bei Theo wohnen. Er hat sein Gästezimmer frei.“
„Wann kann ich Ro sehen?“
„Heute Nachmittag. Wenn sie von der Schule zurück ist. Falls du dich langweilst, Theo hat bestimmt Arbeit für dich.“
Das klang nach Rauswurf.
Connor erhob sich und stapfte grußlos nach draußen.
Auf dem Weg zu Theos Haus atmete er erleichtert durch.
Tucker O’Brian war nichts für seine Nerven. Der Kerl schien ihn ununterbrochen zu analysieren und zu hinterfragen. Ein echt grässliches Gefühl.
Okay, er war ein Herumtreiber ohne Wohnort und Rudel. Andererseits hatte er sich so gut wie nichts zu Schulden kommen lassen. Ein paar kleine Schwarzdeals vielleicht, und den einen oder anderen Idioten hatte er abgezogen, wenn es sich anbot. Aber das waren Kleinigkeiten. Er hatte nie jemandem wirklich geschadet.
Und seit er wieder für die Ranger arbeitete, stand er sowieso unter ständiger Kontrolle. Tucker O’Brians Misstrauen ihm gegenüber war also völlig überzogen. Als ob er jemals Ro in Gefahr bringen oder ihr schaden würde!
Theo war wie üblich in der Fahrzeughalle zu finden und fluchte unter einem alten Landrover.
Als Connor nähertrat, verstummte er abrupt.
„Streuner? Wie praktisch. Reich mir doch mal den Vergaserschlüssel.“
Er ließ seinen Rucksack fallen und trat zu der Werkbank. Theo war einer von wenigen Normalos, die seine schlechte Laune kommentarlos ertrugen. Inzwischen waren sie ein eingespieltes Team in Theos Werkstatt. Sie verstanden sich oft genug wortlos, was Connor als sehr angenehm empfand. Zu viel Gequatsche zerrte schnell an seinen Nerven. Und Theo ließ ihn nie spüren, dass er ein Außenseiter war.
Grund genug für Connor, diesem Mann gerne unter die Arme zu greifen. Wortlos folgte er Theos Anweisungen. Er hatte noch einige Stunden zu überbrücken. Ablenkung war daher sehr willkommen.
Ro traf am frühen Nachmittag im Dorf ein. Zusammen mit sechs weiteren Teenagern sprang sie aus dem Schulbus, der sofort wieder abdrehte und zurückfuhr. Während die anderen Kinder nach Hause liefen, blieb Ro stehen und hob die Nase nach oben. Ein Leuchten ging über ihr Gesicht, dann rannte sie Richtung Fahrzeughalle. Connor kam ihr bereits entgegen und fing sie auf. Mit einem leisen Stöhnen drückte er sie an sich.
„Du bist wieder da.“ Ihr Flüstern war so sehnsüchtig, dass er sich wirklich sehr zusammenreißen musste. Sein Geschlecht pochte unerträglich in seiner Hose.
„Gott, Ro“, krächzte er. „Du machst mich echt wahnsinnig.“
Sie hob den Kopf und grinste ihn schelmisch an.
„Immer wieder gerne.“
Er presste seinen Mund auf ihre Lippen.
„Ich schwör dir, sobald du dieses beschissene Dorf verlassen hast, werde ich dich drei Wochen lang nicht aus dem Bett lassen. Das ist ein Versprechen.“
„Ich weiß“, flüsterte sie. „Und ich kann es kaum erwarten.“
Es war bei jedem Besuch das Gleiche. Immer war jemand in der Nähe. Nicht eine Sekunde waren sie unbeobachtet. Das war die pure Folter für einen Einzelgänger wie ihn. Es hatte seine Gründe, warum er keinem Rudel angehörte und keinen festen Wohnsitz besaß.
Den meisten Wölfen war das unverständlich. Es gab nur wenige Einzelgänger und denen begegnete ständig Misstrauen. Wenn man es recht betrachtete, war das nicht viel anders als bei den Menschen. Wer nicht den Wunsch nach Familie und einem geregelten Berufsleben hegte, wurde schnell zum Außenseiter.
Connor hatte die letzten zwanzig Jahre ohne Rudel und ohne Verpflichtungen genossen. Und wenn Ro nicht so unverhofft in sein Leben gefallen wäre, würde er es zweifellos immer noch tun.
Nie würde er vergessen, wie er vor zwei Jahren den Geruch ihrer ersten Wandlung in die Nase bekam. Sie war damals mit ihren fünfzehn Lebensjahren ein Spätzünder gewesen. Normalerweise wandelten sich Wölfe zum ersten Mal sehr viel früher in ihre vierbeinige Gestalt. Doch Ro suchte sich ausgerechnet einen Zeitpunkt aus, an dem sie in Lebensgefahr schwebte.
Es war knapp gewesen, doch er hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft, ihr Leben zu retten. Nur um gleich darauf festzustellen, dass er ihr rettungslos verfallen war.
Nie hätte er gedacht, dass ausgerechnet ihn einmal Chor erwischen würde. Diese Verbindung war die innigste und intimste Partnerschaft, die Wölfe miteinander haben konnten, und sie kam nur äußerst selten vor.
Für Ro war das Ganze noch schwerer gewesen. Sie wusste bis zum Zeitpunkt ihrer Wandlung nicht, dass sie ein Wolf war. Das Rudelleben, die Regeln, überhaupt die Existenz ihrer Art war ihr bis dahin unbekannt gewesen.
Und deshalb hatte man sie nach Dark Moon Creek gebracht. Unter die Obhut des härtesten Rudelführers der Vereinigten Staaten.
Und dieser hatte ihm gleich klar gemacht, dass er Sex mit Minderjährigen nicht duldete. Chor hin oder her, es war verboten. Punkt.
Normalerweise hätte er dem sofort zugestimmt, doch Ros Nähe war jedes Mal