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Louisiana Pride, die Passagiere aller Art beförderte. Die meisten Dampfer wurden weiß gestrichen. Teure Farbe behielt man den Relings, dem Steuerhaus oder den Radkästen vor. Muldoon hatte sein Flaggschiff jedoch in kräftigem Gelb gehalten. Schornsteine, Heckrad, Handläufe und Türen schimmerten in seidigem Schwarz. An beiden Flanken zog sich der übergroße Schriftzug Louisiana Pride entlang.

      Muldoon und sein Flaggschiff waren auf dem Mississippi bekannt. Das Schiff war modern, sehr schnell und der Schotte besaß genug Rücksichtslosigkeit und Risikofreude, um seine Konkurrenten notfalls auch mit kleinen Tricks aus einem Rennen zu werfen.

      Rennen gab es auf den großen Flüssen, wie dem Mississippi, dem Missouri, dem Ohio oder Shennandoah, immer wieder, doch die des Mississippi waren berühmt. Immer wieder lieferten sich Kapitäne eine Wettfahrt mit der Konkurrenz, denn das schnellste Schiff wurde bekannt und bekam die zahlungskräftigsten Passagiere und lohnendsten Frachten. Solche Rennen wurden angekündigt, die Zeitungen berichteten darüber und es wurden Wetten abgeschlossen.

      Muldoon wettete selber gerne und es machte ihm nichts aus, bei einem Rennen ein wenig zu mogeln, wenn er es dadurch gewann. Das Letzte hatte er gewonnen, weil er dem Feuerholz so viel Schweinefett beigemischt hatte, dass die Kessel beinahe geplatzt wären. Die Heizer hatten zusätzlichen Lohn erhalten und die Ventile festgebunden, und sicher hatten sie, nach dem gewonnenen Rennen, ein paar Vaterunser gebetet, um sich anschließend gründlich zu besaufen.

      James Henry Muldoon war ebenfalls ein Anhänger des Südens. Er war ein Freund der Unabhängigkeit und hatte es noch nie verstanden, dass sich sein geliebtes Schottland der britischen Krone hatte unterwerfen müssen. In Muldoon lebte der Geist der Schlacht von Culloden. Er brauchte sich nur vorzustellen, der gegnerische Kapitän sei ein Engländer, um alles daran zu setzen, ein Rennen zu gewinnen.

      Im Augenblick standen Muldoon und Kendrick, einträchtig Seite an Seite, auf einem der hölzernen Anleger von Dillings. Ihre Blicke galten der U.S.S. Mayhew, die bis zum Batteriedeck gesunken war, jedoch sicher auf dem Untergrund der Sandbank lag.

      „Der verdammte Yankee ist ein Schandfleck“, seufzte Kendrick.

      Muldoon strich sich über den dichten Backenbart. „Ich habe zwei meiner Leute hinüber geschickt. Die Panzerung besteht aus gutem Eisen, es sind moderne Kanonen an Bord und ebenso zwei gute Dampfmaschinen. Alles Dinge, die man gut verkaufen oder selber gebrauchen kann. Sofern der verdammte Engländer nicht zuschlägt.“

      „Engländer?“ Kendrick sah den Dampferkapitän verwirrt an. „Ich wusste gar nicht, dass sich Engländer in Dillings befinden.“

      „Ich meine den verdammten Barstowe, Mayor. Schön, er ist Offizier der Konföderation, aber er benimmt sich wie ein verdammter Engländer.“

      „Sie sollten im Angesicht des Herrn nicht so ausgiebig fluchen, Mister Muldoon“, mahnte der tief gläubige Bürgermeister. „Was haben Sie gegen den Lieutenant?“

      „Der Kerl ist auch zu dem Yankee hinüber. Will nachsehen, ob man das Schiff nicht instandsetzen und in die konföderierte Marine übernehmen kann.“ Muldoon unterdrückte einen erneuten Fluch. „Dann lässt sich aus dem Schrott natürlich kein Gewinn mehr machen.“

      „Die Navy kann jedes Schiff gebrauchen. Vor allem, wenn es gepanzert und gut bewaffnet ist. Denken Sie an die Blockade und die armen Leute in Vicksburg.“ Kendrick seufzte vernehmlich. „Ich hoffe nur, der brave Pemberton hält durch, bis wir ihm Nachschub gebracht haben.“

      „Ja, ist eine Menge Zeugs hier“, stimmte der Schotte zu und sah zu den Lagerhäusern. „Und es kommt noch mehr.“

      „Noch viel mehr. Bedenken Sie, Kapitän Muldoon, wie viele Leben in Vicksburg versorgt werden müssen. Fast achtzehntausend Zivilisten, dazu die dreißigtausend Soldaten des braven Pemberton.“

      „Nun, ich vermute, die Nigger wollen auch was zum Essen haben“, fügte der Schotte ironisch hinzu.

      „Ich bevorzuge die Begriffe „Farbiger“, „Neger“ oder „Schwarzer“. Das Wort „Nigger“ hat für mich etwas… abwertendes.“

      „Es sind nun einmal Nigger, egal wie man sie nennt.“

      „Es gibt gute Leute unter ihnen“, hielt Kendrick dagegen. Er war ein aufgeklärter und aufgeschlossener Mann. Natürlich besaßen farbige Menschen nicht den Wert eines Weißen. Das kannte man ja bereits von den Roten. Sie besaßen eine barbarische Kultur, ein sehr schlichtes Gemüt und galten als ungeeignet, um kompliziertere Arbeiten ausführen zu können. Immerhin, so fand Kendrick, waren die Farbigen jedoch menschliche Wesen oder diesen doch recht ähnlich, so dass man ihnen ein Minimum an Respekt, schon allein wegen der schöpferischen Vielfalt Gottes, entgegen bringen sollte.

      „Vicksburg ist eine üble Sache“, nahm Muldoon den Faden wieder auf. „Wenn die Yankees die Stadt einnehmen, dann brauchen sie nur noch Port Hudson und der gesamte Mississippi gehört ihnen.“

      „Das sollte Ihnen doch eigentlich gleichgültig sein.“ Kendrick lächelte sanft. „Kein Krieg mehr auf dem Fluss, das bedeutet für uns alle, dass es wieder freien Handel gibt.“

      „Unsinn. Die Yankees werden unsere Schiffe beschlagnahmen und uns zwingen, ihre Truppen und Güter ohne Bezahlung zu transportieren. Nein, Mayor, wenn die Yanks den Fluss übernehmen, dann wird uns das ruinieren.“

      „Ich habe Geschäftspartner im Norden. Alle durchaus vernünftige Leute. Die wollen ebenso ihr Geld verdienen, wie wir.“

      „Sie sind naiv, Kendrick“, knurrte Muldoon. Er langte in die Außentasche seiner weit geschnittenen blauen Kapitänsjacke und zog eine schlanke Pfeife hervor. „Aus Virginia“, meinte er grinsend, als er den Tabaksbeutel nahm und zu stopfen begann.

      „Ist der beste Tabak, das ist gewiss.“

      „Möglicherweise von Ihrer Plantage.“

      Kendrick runzelte die Stirn, zog die Hand des Schotten vor seine Nase und schnüffelte ungeniert. „Niemals. Das da kommt an die Qualität meines Tabaks nicht heran.“

      „Mag so sein.“ Muldoon entzündete die Pfeife und paffte sie an, während er wieder zur Mayhew hinüber sah. „Ah, der verdammte Engländer kommt zurück.“

      „Lieutenant Barstowe?“

      „Ist ja sonst kein verdammter Engländer hier.“

      „Der Mann stammt aus Louisiana und ist Infanterieoffizier der Konföderation.“

      „Mag so sein, aber er hat das Wesen eines verdammten Engländers.“ Muldoon paffte genüsslich. „Aber das sagte ich schon.“

      Barstowe saß in einem größeren Ruderboot, in dem er mit einer gemischten Gruppe Bewaffneter saß, die sich aus Stadtbewohnern und Infanteristen zusammensetzte. Zwischen ihnen waren einige Matrosen der U.S.-Navy zu erkennen sowie zwei Unionsoffiziere, die man gerade von der Sandbank gerettet hatte.

      Männer, Frauen und Kinder strömten jetzt zu den Anlegern, um zuzusehen, wie man die Yankees aus dem Boot dirigierte und an einem Lagerhaus unter Bewachung stellte. Spöttische Rufe trafen die unglücklichen Unionsmatrosen.

      „Und?“ Muldoon sah den Lieutenant auffordernd an.

      „Zweihundertundzwölf Mann konnten sich retten“, berichtete Barstowe. „Ein paar sind ertrunken. Ein paar haben sich die Alligatoren geschnappt.“ Sein Mitgefühl für die Yankees hielt sich in Grenzen. „Wir haben den Kapitän. Bislang schweigt er, aber wir werden ihn schon zum Reden bringen und erfahren, was die Blaubäuche vorhaben.“ Der Lieutenant hob grüßend die Hand und winkte einigen der Damen lächelnd zu, bevor er sich wieder dem Town-Mayor und dem Kapitän zuwandte. „Ich bin mir sicher, dass sie zurückkommen. Wie sollten uns darauf vorbereiten.“

      Während Joshua Kendrick betroffen nickte, stieß James Henry Muldoon ein missbilligendes Schnauben aus. „Ich meinte nicht die verdammten Yanks, Barstowe. Was ist mit dem Schiff?“

      „Den Bug hat die Ramme übel erwischt. Wird mit unseren Mitteln nicht einfach, den

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