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      Vorwort

      Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit einem Fahrstuhl 100 m hoch und steigen in eine 3000 t schwere Rakete, die Sie in wenigen Stunden weit weg von der Erde bringt - zum Mond. Einer komplett anderen Welt, auf der noch nie jemand vor Ihnen war. Sie sind der Erste. Sie werden eine Welt betreten, auf der es keine Luft, kein Wasser, kein Leben gibt - auch wenn Ihnen Ihre Erfahrung und Ihre Fantasie Ihnen etwas anderes suggerieren - Sie sind allein. Dort wo es hell ist, beträgt die Temperatur 150º C, in der Dunkelheit, die wie mit der Schere ausgeschnitten zu sein scheint, sind es -120º C. So angestrengt Sie auch lauschen, sie hören nichts weiter außer sich selbst, den eigenen Herzschlag, das eigene Atmen... und hoch über sich sehen Sie Ihre Heimat - die blaue Erde, mit all ihren Menschen, all ihrem Leben; sie ist größer als der Vollmond auf der Erde, genauer viermal so groß.

       Von 1969 bis 1972 landeten 12 Menschen auf dem Mond, führten Experimente durch und stellten Messgeräte auf; was aber noch wichtiger ist, sie waren für einige Tage auf einer Welt, die sich extrem von ihrer bisherigen Heimat unterschied: keine Luft, keine Wolken, keinen blauen Himmel, keine Pflanzen, keine Tiere, keine bunten Farben; sie erlebten den Mond und er wirkte auf sie zurück - still, lautlos, trocken, staubig.

       Wie geht es weiter?

       In den nächsten Jahrzehnten werden Menschen sehr wahrscheinlich nicht nur zum Mond zurückkehren, sondern auch auf dem Roten Planeten landen und sich dauerhaft auf diesen Welten niederlassen und Kolonien gründen, sie also besiedeln. Dann, in 100 oder 1000 Jahren wird diese zukünftige Menschheit zu einer interplanetaren Spezies. Noch weiterreichende Extrapolationen gehen sogar von interstellaren Flügen aus; vielleicht von Komet zu Komet, vielleicht auch von Stern zu Stern - auf vielfältige Weise: in Multigenerationenschiffen, in relativistischen Photonenraketen oder als Emulationen.

       Wenn es unseren Nachfahren beziehungsweise intelligenten technischen Lebensformen gelingt, interstellare und möglicherweise intergalaktische Räume zu kolonisieren, wie werden sie dann auf das Universum und seine Entwicklung einwirken? Könnte Bewusstsein sogar zum kosmologischen Faktor werden und die weitere Entwicklung des Weltalls steuern?

       Zumindest die physikalischen Gesetze scheinen nicht dagegen zu sprechen...

       Wetter- und Klimabeeinflussung durch Lichtspiegeltechnik (LST) und Weltraumspiegel, lunares Helium-3, Photonentriebwerke, Von-Neumann-Sonden, Neutronium, Endsingularität, , ISRU, chemophysikalische Terraforming-Teilprozesse, Ballonstädte, Solarschilde, Geoengineering, Pantropie, Nanotechnologie, Computer-Gehirn-Schnittstellen, Virtuelle Realität und Emulationen, Kunstsonnen, Artilekte, KENE u.v.a.m. stehen für eine spekulative Thematik, die manchmal vielleicht eschatologisch jedoch keinesfalls esoterisch ist, sondern sich innerhalb eines physikalischen Rahmens mit zugegebenermaßen wissenschaftlich-technischen "Ultra"-Extrapolationen bewegt. Dieses Buch versucht Anregungen zu geben, Möglichkeiten anzudeuten; kurz: es wagt Visionen. Aufgrund der Komplexität dieses Themas kann es nur anreißen, andeuten; denn bis das hier Geschilderte real wird bzw. werden könnte, werden Jahrhunderte und Jahrtausende vergehen.

       Es sei denn, unsere Technologie, vor allem so genannte Scheitelpunkttechnologien wie Computertechnik und KI-Forschung, Gentechnik und Nanotechnologie entwickelt sich weiterhin exponentiell - dann könnten wir in 30 bis 50 Jahren die "technologische Singularität" erreichen. Und ab da könnte (fast) alles wahr werden - alle Raumfahrtprojekte wie etwa die Besiedlung des Mondes und des Mars, des Sonnensystems, der Milchstraße usw. könnten von posthumanen Exe durchgeführt werden; vielleicht erleben Sie und ich es noch; unsere Kinder und Enkel werden mit großer Wahrscheinlichkeit ein Teil davon werden - von der Postscheitelpunkt-Ära mit technologischen Möglichkeiten jenseits der menschlichen Vorstellungskraft, die für uns hier und heute an Zauberei grenzen - wie jede fortgeschrittene Technologie.

       In diesem Buch geht es nicht nur darum, einen Ausblick auf diese mögliche Zukunft zu geben, sondern auch, ob und wie Raumfahrt unser langfristiges Überleben sichern kann, wie es um die Energiesituation der Menschheit steht und dass Raumfahrt sie hauptsächlich durch Nutzung der Sonne lösen kann; weiterhin geht es um den Erdorbit, den Mond, den geolunaren Raum sowie die Planetoiden und Kometen als Siedlungsräume und als Rohstoff- und Energiequellen. Es werden Missionen zu den Monden und Planeten, vor allem zu Mond und Mars behandelt und das Geoengineering und das Terraforming hauptsächlich von Mond, Venus und Mars angerissen.

       Außerdem behandelt es weiterhin künstliche Weltraumhabitate und Ökosphären, also die Errichtung künstlicher Welten als Alternative zu planetaren und lunaren Kolonien, denn aufgrund der Endlichkeit einer Planetenoberfläche ist eine Zivilisation zur Statik verdammt, bleibt sie nur auf einer Welt - siehe Überbevölkerung, Klimaveränderungen, Abwärmeprobleme usw. Die Industrialisierung und Besiedlung beispielsweise des geolunaren Raums ließe sich leichter von Weltraumhabitaten angehen. Schließlich ist mit deren Bau die solare Ökosphäre nicht mehr nur auf die Erdumlaufbahn begrenzt, sondern kann extrem ausgedehnt werden - was auch Folgen für die "Drake-Gleichung" beziehungsweise die "SETI-Formel" hat: die Anzahl lebendtragender "Welten" kann durch die Errichtung künstlicher Habitate extrem steigen. Des Weiteren: wie lässt es sich in ihnen leben? Welche Folgen haben sie für unsere Nachfahren?

       „Gasplaneten als Kunstsonnen”: Gelingt die Synthese von großen Mengen Anti-Wasserstoff, zum Beispiel über die Paarerzeugung aus Laserlicht, ließen sich Antimaterie-Kunstsonnen im geostationären Orbit (GSO) oder in den Erde-Mond-Librationspunkten (EML4 und EML5) errichten, um das Erdklima etwa im Falle von Eiszeiten zu stabilisieren. Antimaterie-Kunstsonnen sind auch sinnvoll, wenn die Sonne zu einem Weißen Zwerg geworden ist. Jupiter, Saturn usw. lassen sich entweder als Rohstoffquellen für Antimaterie-Kunstsonnen verwenden oder selbst durch sukzessive Annihilation in Kunstsonnen verwandeln, wodurch beispielsweise im Jupitersystem die Galileischen Monde aufschmelzen würden und besiedelt werden könnten, da auf ihnen dann eine flüssige Hydrosphäre entsteht.

       Das Kapitel „Kolonien um Schwarze Löcher und die Energiegewinnung aus ihnen” handelt unter anderem von den Möglichkeiten, wie sich Energie aus ihnen gewinnen lässt, indem zum Beispiel ihre Rotationsenergie angezapft wird oder die Energie akkretiert wird, die beim Verdampfen freigesetzt wird. Viel Energie wird auch frei, wenn man sie fusioniert oder sie als Materie-Energie-Wandler verwendet. Welche Möglichkeiten ergeben sich weiterhin, wenn sie mit Wurmlöchern wechselwirken?

       Sogenannte "Scheitelpunkttechnologien" wie die Nanotechnologie, die Gentechnologie, die Computertechnologie und die VR-Forschung, die auch für die Raumfahrt essentiell sind, werden zur technologischen Singularität führen; da sich Technologie exponentiell entwickelt, wir aber linear denken, trennt uns eine Mauer technologischer Innovationen von der Zukunft; egal wie wir uns heute bemühen, werden wir uns nie glaubhaft vorstellen können, was jenseits dieser Mauer liegt. Wird sie unsere Zukunftsfantasien und -ängste gegenstandslos machen?

       Werden potenzielle natürliche und künstliche Katastrophen für eine zukünftige Menschheit zur Gefahr oder können unsere Nachfahren planetare, stellare und kosmische Gefahren verhindern? Falls nicht - wie werden sie damit umgehen? Ganz zu schweigen von Kriegen und Katastrophen, denn eine absolut sichere Technologie wird es wohl auch in Zukunft nicht geben: Nanotechnologie könnte zu einer "Grauschleimkatastrophe" führen; oder man stelle sich ein kosmisches "Tschernobyl" vor...

       Dieses Buch ist als positiver und langfristiger Zukunftsentwurf zugegebenermaßen spekulativ, doch gerade in Zeiten von Wirtschaftskrisen, Klima- und Umweltkatastrophen erscheint es durchaus angebracht zu sein, denn es befasst sich mit den langfristigen Perspektiven und Möglichkeiten, die sich der Menschheit durch die Raumfahrt potenziell ergeben, die außerdem ein Indiz dafür sind, dass unser Bewusstsein zu einem kosmologischem Faktor werden kann, der letztlich die weitere Entwicklung des Alls steuern kann.

       Thomas Ahrendt

       Winsen/Aller

       April 2020

      Eine Frage der Energie

      Die Sonne liefert rund 105 Terawatt Energie auf der Tagesseite der Erde - das ist 10.000mal mehr, als unsere Zivilisation benötigt. Etwa 103 Terawatt gehen in die globale Windzirkulation und 6 Terawatt in den weltweiten Wasserkreislauf. Von den 1,56 Trillionen kWh, die von der Sonne auf die Erde kommen, strahlt diese etwa 64 % als Wärme wieder ab; erzeugen wir zusätzlich Energie, steigt die Erdtemperatur.

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