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      E.R. Greulich

      Des Kaisers Waisenknabe

      Kindheitserinnerungen

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Epilog

       ERSTES KAPITEL

       ZWEITES KAPITEL

       DRITTES KAPITEL

       VIERTES KAPITEL

       FÜNFTES KAPITEL

       SECHSTES KAPITEL

       SIEBENTES KAPITEL

       ACHTES KAPITEL

       NEUNTES KAPITEL

       ZEHNTES KAPITEL

       ELFTES KAPITEL

       ZWÖLFTES KAPITEL

       DREIZEHNTES KAPITEL

       VIERZEHNTES KAPITEL

       FÜNFZEHNTES KAPITEL

       SECHZEHNTES KAPITEL

       SIEBZEHNTES KAPITEL

       ACHTZEHNTES KAPITEL

       NEUNZEHNTES KAPITEL

       ZWANZIGSTES KAPITEL

       EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL

       ZWEIUNDZWANZIGSTES KAPITEL

       DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL

       VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL

       Impressum neobooks

      Epilog

      Der Kaiser ist ein lieber Mann,

      er wohnet in Berlin,

      und wär' es nicht so weit von hier,

      dann ging' ich heut' noch hin.

      Wir sangen das aus voller Kehle,

      denn Kinder glauben gern,

      und die Melodie war so herzig.

      Dass der Besungene

      ein bisschen sehr anders

      zu betrachten sein könnte,

      das merkten wir erst später.

      ERSTES KAPITEL

      Geschichtsbücher vermitteln Geschichte,

      Biografien gelebtes Leben.

      Keiner wird gefragt, ob er geboren werden will, und auch Rudolf hatte sich darein fügen müssen. Als er das Licht der Welt erblickte, zeigte der Kalender den sechsten Oktober des Jahres 1909. Licht der Welt klingt poetisch, der Ankömmling benahm sich eher prosaisch. So viel Hell stach ihm in die Augen, also kniff er sie zu und schrie. Das zeigt, wie subjektiv der Winzling die Dinge nahm. Denn objektiv gesehen, gaben sich die Umstände recht leidlich. Eine glückliche Mutter, ein sonniger Oktobertag, eine warme Stube, und selbst die Hebamme wusste nichts zu bemängeln. Zudem befand sich das Heim des Neugeborenen in der wunderschönen Stadt Berlin, in der Jahnstraße, nahe der Hasenheide, kurz vor der Grenze zu Rixdorf, das später Neukölln hieß.

      Auch an der Wahl der Eltern hatte man Rudolf nicht beteiligt, wie es ja überhaupt höchst undemokratisch zugeht bei der Geburt eines Erdenbürgers. Erdenbürger! Welche Übertreibung für ein Menschlein, dessen Daseinsstatus damals bestenfalls als Untertan bezeichnet werden konnte. Was manch einem lebenslang anhängt. Ob es auch bei Rudolf der Fall sein würde, das dürfte vielleicht am Ende herausgefunden worden sein,

      Vorerst lebte er noch im warmen Nest des Fühlens und Träumens, vom Denken nicht gequält, und was wir in den Anfangskapiteln erfahren, ist Ergebnis von Erinnern und erzählt bekommen, also rekonstruiert vom späteren, wie wir hoffen wollen, auch reiferen Helden des Romans. Dessen Trachten, Sinnen und Handeln dürfte besser zu begreifen sein, wird uns zur Kenntnis gebracht, von welchen Eltern ward er gezeugt, wie war es mit deren Eltern bestellt. Zur Entschuldigung des Autors sei gesagt, nicht einmal die kleine Schwester des Romans, die Novelle, kommt ohne eine Exposition aus, und bei einem ordentlichen Stück ist es nicht anders.

      Die Mutter Martha war keine auffallend hübsche Person, ihre Schönheit hatte, wie meist bei gescheiten Frauen, etwas Verinnerlichtes. Aschblond, mittelgroß und zartgliedrig, war sie für die damalige Zeit recht selbstsicher, ihre Ausdrucksweise verriet überdurchschnittliche Bildung für ein Mädchen aus dem Arbeiterstand. Sie hatte das Lyzeum besucht. Der Vater Julius Saupt, ein rechtschaffener Sattlergeselle, meinte, die höhere Schulbildung schulde er der Martha, ältere der beiden Töchter und intelligenter als die hübsche Erna. Hier wird der Geschichtsbewanderte die Stirn runzeln: Tochter eines Arbeiters besucht das Lyzeum? Abermals Stirnrunzeln, wenn gesagt werden muss, der Sozialdemokrat Saupt habe von Bismarcks Sozialistengesetz profitiert. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich leicht. Julius hatte eine kleine Erbschaft gemacht, und die Gesinnungsfreunde drängten ihn, mit den ins Haus gefallenen Talern eine Destille zu kaufen. Er folgte dem Rat. Damit hatte er eine feste Kundschaft und die Partei ein festes Lokal, äußerlich nicht von anderen Berliner Budiken zu unterscheiden. Von der Neugier nach dem Leben seiner Großeltern getrieben, hatte der halbwüchsige Rudolf später einmal die Gegend aufgesucht. Er fand jene Kneipe so, wie vom Vater beschrieben. Neben der Eingangstür im Schaufenster ein Tönnchen und zu den grünen Zweiliterflaschen mit Patentverschluss der Hinweis: "Bier in Siphons auch außer dem Hause!" Damit kein Zweifel aufkomme, dass Schnaps ebenfalls vorhanden, stand quer über dem Schaufenster in weißen Buchstaben: "Destillation". Auf den Schildern links und rechts des Etablissements fehlte nicht das Angebot: "Weinbrände & Liqueure

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