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Fellträger. Ana Marna
Читать онлайн.Название Fellträger
Год выпуска 0
isbn 9783750213197
Автор произведения Ana Marna
Жанр Языкознание
Серия The Hidden Folks
Издательство Bookwire
Im Nachhinein konnte Sara nicht sagen, was sie mehr irritierte: Dass er sofort über die Wölfe Bescheid gewusst hatte, oder dass er sich darüber zu amüsieren schien. Hatte er es gerochen? Aber wenn er Wölfe roch, wieso erkannten diese den Vampir nicht an ihr? Angeblich hatten sie doch so hervorragende Nasen. Sie hoffte nur, dass ihre neuen Freunde auch bei ihrem nächsten Besuch nichts bemerkten. Dann hätte sie nämlich ein weiteres Problem: Wie erklärte man einen Vampir, wenn man ihn nicht erwähnen durfte?
10. Samstag, 27. Juli 2013
Nähe Huntsville, Texas
Bereits am nächsten Tag stellte sie fest, dass ungewöhnliche Vorkommnisse in ihrem Leben einen festen Platz zu haben schienen.
Gegen Abend erweckte ein Winseln vor ihrer Tür ihre Aufmerksamkeit. In Erwartung eines größeren Wolfsmodells öffnete sie, doch zu ihrer Überraschung hockte vor ihren Füßen ein großer schwarzer Hund. Groß im Sinne von: erstaunlich groß. Sein Kopf war etwa in Höhe ihres Bauchnabels, und seine ungewöhnlich blauen Augen starrten sie ohne Scheu an.
„Äh, hallo“, war alles, was Sara spontan einfiel. Der Hund hechelte nur und drängte sich an ihren Beinen vorbei ins Haus. Sara schaute ihm überrumpelt hinterher.
Der Vierbeiner legte sich ohne zu zögern direkt auf ihren cremefarbenen Teppich, den sie so mühevoll gesäubert hatte, und schloss die Augen, als gehörte er genau hier hin.
Sara zog die Tür zu und betrachtete ihren ungewöhnlichen Gast. Nicht, dass sie was gegen Hunde hatte. Doch bisher waren diese Fellträger ihr immer aus dem Weg gegangen. Aber an ihrem derzeitigen Gast war irgendetwas irritierend, und zwar nicht nur sein Verhalten. Die blauen Augen zum Beispiel erinnerten sie fatal an Robert. Aber dies war doch ein Hund. Oder?
Auf jeden Fall wirkte er so, als hätte er beschlossen, dieses Haus als das seine zu betrachten.
Sara seufzte. Na gut. Anscheinend war es ihre Bestimmung Anlaufstelle für vierbeinige Fellträger jeglicher Art zu sein.
Sie drohte ihm mit dem Fingern.
„Ich erwarte Stubenreinheit und Selbstversorgung. Und wehe du landest in meinem Bett. Da sind eh schon zu viele Haare zu finden.“
Seine blauen Augen blinzelten nur kurz, bevor sie wieder geschlossen wurden, und damit war es wohl entschieden.
11. Montag, 29. Juli 2013
Nähe Huntsville, Texas
Als Max und Simon zwei Tage später in Saras Wohnung traten, starrten sie irritiert auf das schwarze Fellbündel zu ihren Füßen.
„Was ist das?“, fragte Simon. Eine gewisse Ablehnung war nicht zu überhören.
„Ein Hund“, klärte Sara ihn freundlich auf.
„Und was zum Teufel macht der hier?“
„Na ja, ich glaube, er wohnt jetzt hier.“
„Sara!“
Er klang nicht amüsiert.
„Was?!“
Sie spürte Ärger in sich aufsteigen. Immerhin war dies ihr Haus und ihr Leben.
„Spricht irgendetwas dagegen, dass ich mir einen Hund anschaffe? Hast du Angst vor deinen Verwandten?“
Max fing an zu lachen, aber Simon sah ihn zornig an.
„Hunde mögen uns nicht“, knurrte er.
Sara sah auf ihren neuen Hausgenossen, der seelenruhig auf den Teppichzotteln lag.
„Scheint so“, bemerkte sie trocken. „Er wirkt echt aufgeregt.“
Simon betrachtete den Hund misstrauisch.
„Er riecht seltsam.“
„Er ist seltsam“, bestätigte Sara. „Aber er ist immerhin stubenrein.“
Innerlich atmete sie auf. Offensichtlich war der Geruch des Hundes irritierend genug, um von Roberts Duft abzulenken. Das allein war schon ein wichtiger Grund, ihn im Haus zu lassen.
„Wie heißt er überhaupt?“, fragte Max.
„Äh, keine Ahnung. Er ist mir zugelaufen.“
„Wie bitte?“
Simon runzelte die Stirn.
„Ja und? Im Grunde ist er ja nicht der Einzige“, versetzte Sara etwas schnippisch und tätschelte demonstrativ den Hundekopf.
„Ich nenne ihn einfach Hund. Wenn’s dir nicht passt, kannst du dir ja einen anderen Namen überlegen.“
Simon stöhnte.
„Na toll, aber eins sage ich dir: Wenn diese Töle mir querkommt, mach ich sie einen Kopf kürzer.“
„Mein Hund besitzt Anstand und Würde“, behauptete Sara und überlegte gleichzeitig, ob sie damit wirklich richtig lag. Bisher hatte ihr neuer Begleiter nichts anderes von sich preisgegeben, als dass er anhänglich war. Ohne zu zögern war er in ihr Auto gesprungen, als sie zur Arbeit gefahren war. In der Kindertagesstätte war er ihr bis in ihren Arbeitsraum gefolgt, hatte die kreischenden Kinder, die über ihn hergefallen waren, eine Zeitlang geduldig ertragen und sich dann unter ihren Schreibtisch gelegt ohne einen Mucks von sich zu geben. Ihre anfängliche Sorge um die Kinder hatte sich spontan in Luft aufgelöst, aber so ganz geheuer war ihr das alles trotzdem nicht. Kein normaler Hund ertrug dreissig kreischende Kinder, und kein halbwegs richtig tickender Hund schloss sich spontan so eng an einen Menschen.
Aber er schien dem Augenschein nach nicht gefährlich zu sein und so blieb ihr erst einmal nichts anderes übrig, als seine Anwesenheit zu tolerieren. Der Verdacht, dass Robert an dieser Situation nicht unschuldig war, drängte sich ihr geradezu auf, und das allein war schon Grund genug, nicht zu rebellieren.
Dies alles erzählte sie ihren Freunden natürlich nicht. Würde und Anstand zu behaupten erschien ihr klüger. Und „Hund“ protestierte nicht.
„Wie wär’s mit Rocky“, schlug Max vor. „Muskeln scheint er immerhin zu haben.“
Sara zuckte mit den Schultern.
„Von mir aus“, meinte sie. „Also, Rocky, darf ich vorstellen? Das sind Simon und Max, zwei außergewöhnlich freundliche Werwölfe, die nichts anderes im Kopf haben als Ficken.“
„Äh“, kam es von Max. „Also das klingt nicht sehr nett.“
„Aber realistisch!“
„Stimmt auch wieder.“ Er grinste. „Und da wir das Thema damit angesprochen haben: Wie wär’s mit uns beiden?“
Damit war das Problem Hund erledigt. Und das Thema, wie erkläre ich einen Vampirgeruch, ebenso. Sara war erleichtert und ließ sich von Max ohne Protest auf die Couch legen.
In den folgenden Tagen lebte Rocky sich also ein und Sara gewöhnte sich daran, immer einen Riesenhund an ihren Beinen zu haben. Das war durchaus ein beruhigendes Gefühl. Sie war sich sicher, dass er keine potentielle Gefahr an sie heranlassen würde – warum auch immer.
Im Prinzip behandelte sie ihn wie einen Menschen und damit schien er überhaupt keine Probleme zu haben. Manchmal war es schon seltsam, wenn er ihre Anweisungen mit absoluter Präzision befolgte. Aber in der Regel vermied sie es, ihn zu bevormunden. In ihrem Haus und auf ihrer Arbeitsstelle fügte er sich widerstandslos ihren Regeln und das reichte ihr völlig. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, ihn Pfötchen geben zu lassen oder Hundetricks mit ihm auszuprobieren, und zu ihrer Überraschung