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dem Trainieren beginnen. Vorher würde es keinen Sinn machen.

      Ein ganzes Jahr lang fahre ich ab Januar 1999 einmal in der Woche zu dem empfohlenen Arzt. Er spritzt mir eine besondere Mischung von Substanzen ins linke Knie und setzt mir zusätzlich Akupunkturnadeln zur Schmerzlinderung. Dadurch gelingt es, das Knie zu stabilisieren und den Schmerz in Grenzen zu halten, wenn auch nicht zu beseitigen. Wichtiger ist aber, wieder Hoffnung zu schöpfen, dass es für mich doch noch irgendeine Heilung geben könnte. Die indirekte psychologische Betreuung durch diesen Arzt ist bei diesen Besuchen ebenso wichtig wie seine körperlichen Maßnahmen. Er hat mehr Zeit zum Gespräch als all die Sportärzte in München. Anscheinend ist es das, was ich brauche: Ich will ernst genommen und angehört werden.

      Durch die Besuche bei diesem von mir bald liebevoll und respektvoll als „Schamanenarzt“ bezeichneten Mediziner sickert es langsam in mein Bewusstsein ein, dass ich allein für mein Leben, für meine Gesundheit und aktuell für meine Knieheilung verantwortlich bin. Hatte ich so etwas Ähnliches nicht schon bei Luise Hay gelesen? Diese Anschauung ist wirklich neu für mich, denn bisher war ich von folgender Einstellung geprägt: „Ich ändere nichts in meinem Leben, ich beklage meinen misslichen Zustand und jammere überall herum. Ich erwarte, dass die Ärzte mich heilen, gibt es doch in München ausgezeichnete Sportärzte. Wenn eine Heilung nicht gelingt, sind allein die Ärzte schuld und ich äußere ihnen gegenüber auch meinen Unmut. Schließlich zahle ich dafür ja Krankenversicherung und daher kann ich doch erwarten, dass ich von den Ärzten geheilt werde“.

      Der alternative Arzt setzt in den kurzen Gesprächen vor und nach dem Spritzen in das linke Knie so ganz nebenbei einige Impulse und bringt mich auf unerwartete neue Gedanken:

       Ich sollte bei meiner Suche nach Heilung auf ganz andere Ebenen blicken als nur auf die körperliche.

       Er gibt mir die Adresse einer Geistheilerin, die durch „Aura-Reading“ bekannt ist. So etwas habe ich noch nie gehört.

       Er provoziert mich mit der Frage, warum ich denn noch keine sogenannte „Visionssuche“ gemacht hätte und gibt mir dazu konkretes Informationsmaterial.

       Er erzählt mir von einem Männer-Workshop in der freien Natur, an dem er selbst teilgenommen hat.

       Er gibt mir einen Artikel aus einer esoterischen Zeitschrift. Dadurch werde ich zum ersten Mal mit einem neuen Denken konfrontiert: Neben der Heilung auf einer rein körperlichen Ebene gäbe es noch eine psychische, eine familiensystemische und eine karmisch-spirituelle Heilungsebene.

      Alles völlig neu für mich! Ich frage mich selbst, warum ich mich denn nicht gegen diesen „Humbug“ wehre. Mit etwas Abstand betrachtet, kann ich drei Antworten darauf finden: Einmal kann ich von den reinen Schulmedizinern, den Orthopäden und Operateuren, keine Hilfe mehr erwarten. Nach ihrer Meinung bin ich zu einem „hoffnungslosen Fall“ geworden. Zum zweiten hat mich der Schmerz so mürbe gemacht, dass ich ganz andere, für mich alternative Gedanken und Denkweisen einfach mal auf mich wirken lasse und sie nicht sofort ablehne. Schließlich hat es mit der Persönlichkeit dieses Arztes zu tun, der einen ganz anderen Ansatz hat als die üblichen Schulmediziner. Ich fasse immer mehr Vertrauen zu ihm, werde etwas gelassener, obwohl auch er mir den Schmerz nicht auf die Schnelle wegzaubern kann. Diese meine eigene Offenheit führt mich jetzt weiter…

      An dieser Stelle muss ich die von mir so bezeichneten „Schulmediziner“, die Sportärzte also, bei denen ich nach Heilung suchte, in Schutz nehmen und ihre Maßnahmen würdigend erwähnen. Sie haben damals getan, was sie konnten und was in ihrer Macht stand. Ihre operativen Eingriffe waren, auf einer rein körperlichen Ebene betrachtet, wohl jedes Mal durchaus erfolgreich. Da sie viele Sportler, darunter auch Profisportler, in ihren Praxen behandelten, die möglichst schnell wieder fit gemacht werden wollten, passten diese Ärzte genau zu meiner damaligen Einstellung. Nie wäre ein solcher Arzt auf die Idee gekommen, mir vom Sport abzuraten. Dadurch wurde mein Glauben an meine körperliche Leistungsfähigkeit und Sportlichkeit zunächst am Leben erhalten. Als dann bei mir aber chronische Schmerzen auftraten, waren diese Ärzte mit ihrem rein auf den Körper abgestimmten Weltbild vollkommen überfordert und ihre Maßnahmen ungeeignet.

      Der von ihnen propagierte oder zumindest subtil vermittelte Glaube, wonach eben jede Verletzung grundsätzlich auf rein körperlicher Ebene wieder reparabel sei, wurde bei mir nachhaltig erschüttert. Es gab jedoch erst dann für mich eine Weiterentwicklung, als ich mich von diesem falschen Glauben löste und den Ärzten, die wohl ihr Bestes getan hatten, nicht mehr auf so billige Weise die Schuld für meine Probleme gab, ihnen aber auch nicht mehr so blind vertraute wie bisher. Erst als ich damit begann, mich für meine Gesundheit und für meine Lebensführung selbst verantwortlich zu fühlen, ging es für mich weiter.

      Und nun bin ich bei dem „Schamanenarzt“ in der Provinz südlich von München gelandet. Durch die wöchentlichen Spritzen ins Knie werden die Schmerzen etwas gelindert, sie gehen jedoch nicht weg. Noch schlimmer ist, dass ich mich in meiner Beweglichkeit und Lebendigkeit vollkommen eingeschränkt fühle. Durch die Schonhaltung wegen des schmerzenden linken Knies kommen nun auch noch Blockaden und Verrenkungen im Rücken hinzu. Was ist mit meinem Körper los? Ja, was ist überhaupt mit mir los? Die eigentliche Ursache für die Schmerzen im linken Knie ist nicht gefunden. Mit der Erklärung des Münchner Sportarztes ein Jahr zuvor kann und will ich mich nicht abfinden, wonach ich „erledigt“ sei, ein Knie wie ein 80-jähriger Mann hätte und es eine Heilung für mich nicht mehr geben könne. Eine vernichtende, aus Sicht des damaligen Sportarztes sicher ehrliche Diagnose für mich. Irgendwie spüre ich jetzt aber immer mehr,

       dass kein Arzt der Welt „es“ für mich von außen her machen kann;

       dass ich selbst für meine Heilung zuständig bin, wenn überhaupt noch eine möglich sein sollte;

       dass es in mir einen inneren Heiler, einen inneren Arzt, geben könnte, der nach der Heilung suchen muss. Nur er kann mich heilen. Äußere Heiler sind dann nur seine Helfer und Diener;

       dass ich Geduld haben und mir Zeit geben muss, wenn es doch noch zu einer Heilung kommen sollte;

       dass die Heilung für mich nicht in der Schulmedizin liegen kann, die mir den falschen Glauben vermittelt hat, dass jeder Körperteil isoliert für sich rein technisch reparabel sei;

       dass noch andere Heilungsinstanzen existieren könnten als die mir bis dahin allein bekannte und allein akzeptierte rein körperlich ausgerichtete Schulmedizin. Daran hatte ich geglaubt und nun war ich mit diesem meinen Glauben am Ende. Dieser Glaube war vollkommen gescheitert und erschüttert worden durch den schon seit mehreren Jahren anhaltenden Dauerschmerz, der dabei war, mich immer mehr verrückt zu machen.

      Mit etwas Abstand betrachtet, haben die Schmerzen, die ich nicht mehr abschütteln kann, doch eine wichtige und womöglich notwendige Funktion: Ich werde demütig und offener. Da die Schulmedizin mich so enttäuscht hat, bin ich immer mehr bereit, auch auf andere Angebote zu schauen, die ich bisher, wie so viele meiner Zeitgenossen, mit den Bemerkungen „so ein Quatsch“ oder „esoterische Spinnereien“ abgetan habe. Es ist ein langer Weg, mein eigenes Denken und meine innere Einstellung zu verändern. Nur so kann es für mich weitergehen und ich kann vielleicht doch noch Lösungen finden. So, wie es ist, kann ich es jedenfalls nicht lassen, der Schmerz ist mein täglicher Begleiter und treibt mich an, immer weiter nach Lösungen und eben nach einer Heilung zu suchen. Dadurch findet in mir eine Veränderung meines bisherigen Weltbildes statt. Ich werde zugleich immer mehr zu einem Beobachter meiner selbst.

       Aura-Reading bei einer amerikanischen Geistheilerin

      Daher ist es nahe liegend, dass ich im August 1999 bei einer mir vom „Schamanenarzt“ empfohlenen amerikanischen Geistheilerin auftauche, die „Aura-Reading“ anbietet. Ich bin neugierig geworden. Was macht diese Frau, was könnte es mir denn bringen? Seltsamerweise wohnt sie genau in meiner Stadt. So ein „Zufall“. Ich musste aufgrund der großen Nachfrage bei ihr über sechs Monate lang

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