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nicht nur vom Schmalkaldischen Krieg unmittelbar betroffen werden – sie wurde 1547 belagert –, sie hatte schon in den ersten Jahrzehnten der Reformation durchaus eine nennenswerte Rolle gespielt: So wurden in Leipzig, das seit Beginn des 16. Jahrhunderts eines der bedeutendsten Zentren des Buchdrucks war,2 LuthersLuther, Martin 95 Thesen schon Ende 1517 auf Latein publiziert, und in den folgenden vier Jahren verließen ganze 156 LutherLuther, Martin-Drucke die Leipziger Pressen.3 Die Leipziger Disputation unter Beteiligung von LutherLuther, Martin, Karlstadt, MelanchthonMelanchthon, Philipp auf reformatorischer und Eck auf katholischer Seite fand im Jahr 1519 statt. In den folgenden Jahren wurde die Reformation allerdings unter Herzog GeorgGeorg (Herzog von Sachsen) mit zunehmender Intensität bekämpft. Nach dem Tod Herzog Georgs im Jahre 1539 fiel das Herzogtum an seinen Bruder HeinrichHeinrich (Herzog von Sachsen). Am 25. Mai desselben Jahres, also gerade einmal sechs Jahre vor Publikation der CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem, wurde in Leipzig die Reformation feierlich eingeführt.4 Was oben allgemein festgestellt worden ist, lässt sich also in gesteigerter Weise auch für Leipzig festhalten: Der Eindruck des Siegeszuges der Reformation war noch frisch, eine – aus protestantischer Sicht – herbe Wendung der Ereignisse stand zwar unmittelbar bevor, war aber so wohl kaum vorauszusehen.

      Im Jahre 1541, also gerade einmal zwei Jahre nach Einführung der Reformation dortselbst, trat Joachim Camerarius5 aus Tübingen kommend seine Professur in Leipzig an, nachdem seine Berufung schon seit 1539 von MelanchthonMelanchthon, Philipp und anderen nachdrücklich betrieben worden war. Sein Lehrstuhl war mit 300 Gulden dotiert und damit der bestbezahlte an der Leipziger Universität.6 Leipzig war Camerarius nicht unbekannt, hatte er dort doch von 1513 bis 1518 studiert.7Cicero In den auf seine Berufung folgenden Jahren war Camerarius zum großen Teil mit der Neuausrichtung der Leipziger Universität befasst.8Borner, CasparMoritz (Herzog von Sachsen)

      Publikationszusammenhang und zweisprachige Ausgabe

      Die CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem (A2r–A6r) sind nicht allein publiziert worden; vielmehr folgen verschiedene andere Texte, die teils auf Latein, teils auf Altgriechisch, teils auf Deutsch, teils in Prosa, teils in Versen verfasst sind. Zunächst schließen sich zwei in Anlehnung an das 20. Kapitel der Apostelgeschichte fingierte Briefpaare an: Der jeweils erste Brief gibt vor, ein Brief des Apostels PaulusPaulus (Apostel) an die Epheser zu sein; der jeweils zweite stellt die Antwort der Epheser dar. Das erste Briefpaar (A6v–B1r und B1r–B4v) ist in griechischer Prosa verfasst, das zweite (B4v–B7r und B7v–C2r) in lateinischen Versen (elegischen Distichen). Es folgt Martin LuthersLuther, Martin „Vermanung zu zucht vnd ehren vnd der bus, ein summarien des buchs Salomonis“ (C2v–C3r) in 24 deutschen Versen, danach ebenfalls sich auf Salomon berufende Ermahnungen wider das Verharren in der Sünde in 44 lateinischen Jamben (C3r–C3v) und in 55 griechischen Jamben (C4r–C5r). Anschließend ist ein in lateinischen Hexametern abgefasstes Gebet des Johann StigelStigel, Johann abgedruckt (C5r–C8v). Es folgen zwei griechische Briefe des Kirchenvaters BasiliosBasilius (Kirchenvater) (die Briefe 140 [D1r–D2r] und 97 [D2v–D3r]), zwei lateinische Gedichte des spätantiken Dichters AusoniusAusonius (Ephemeris 3 [D3v–D4v] und Ad nepotem Ausonium [D5r–D6v]) und zwei griechische Epigramme des Camerarius (D7r–D7v).1Luther, MartinStigel, JohannAusoniusCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem Offenbar handelt es sich um eine Art Lesebuch für den Latein- und Griechischunterricht.

      Im Jahr 1546, nur ein Jahr nach dem Erstdruck der CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem, brachte Camerarius eine altgriechisch-lateinische zweisprachige Ausgabe des Werkes heraus.2Georg (Herzog von Sachsen) Dem altgriechischen Text auf dem Verso steht jeweils der lateinische Text auf dem Recto gegenüber. Die lateinische Übersetzung ist ausgangssprachenorientiert und versucht, bis in die Wortstellung hinein den griechischen Text abzubilden. An einigen Stellen ist die angebotene Übersetzung allerdings auffällig. So geht Camerarius offenbar recht frei bei der Wiedergabe der Demonstrativpronomina ὅδε und κεῖνος vor.3 Partizipien von εἶναι werden mehrmals mit ipse übersetzt.4Camerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem Bemerkenswert ist auch die Form vincivit (101. 103, jeweils statt vinxit). In einigen Versen sind einzelne Worte falsch bezogen.5 Auffällig ist außerdem die Übersetzung von ὅτταν mit si (140, statt cum).

      Gliederung

      Die CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem umfassen insgesamt 222 in Altgriechisch abgefasste Hexameter. Es ist sicher kein Zufall, dass die genau in der Mitte des Gedichtes befindlichen sechs Verse 109–114 den Umschwung von völliger Hoffnungslosigkeit nach der Kreuzigung Christi zu Auferstehung und Herrschaft Christi behandeln. Diese sechs Verse gehören wiederum zu einer größeren Partie von 34 Versen (83–116), in denen Jesus Christus, insbesondere seine Geburt, sein Tod und sein Sieg über den Tod behandelt werden. Um dieses Zentrum herum gruppieren sich die übrigen Teile der CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem: Es folgt unmittelbar eine große Versgruppe mit 39 Versen (117–155), in denen es um die Ausrichtung des Lebens auf Jesus Christus geht, wobei insbesondere einerseits die Gefährdung des menschlichen Lebens, andererseits der wirksame Beistand Gottes betont werden. Die erste Hälfte des Gedichtes ist nach dem Proöm (1–13) insofern gewissermaßen chronologisch angelegt, als zunächst die Schöpfung (14–42) und dann die Zehn Gebote (43–69) behandelt werden. Der nächste Abschnitt (70–82) thematisiert die Sündhaftigkeit des Menschen, aber auch die Möglichkeit zur Vergebung der Sünde und die Existenz von Hoffnung, womit zu dem anschließenden zentralen, Jesus Christus betreffenden Abschnitt übergeleitet wird. In der zweiten Hälfte des Gedichtes schließt sich an den schon genannten Abschnitt über die Ausrichtung des Lebens auf Jesus Christus ein Abschnitt über die Eschatologie an (156–179). Es folgt die Behandlung der Kirche (180–199), ein Abschnitt über das Gebet, der fast vollständig von einer altgriechischen Fassung des Vaterunser eingenommen wird (200–212) und der Schluss (213–222), der in den letzten beiden Versen in einer Apostrophe an Jesus Christus kulminiert.

      Allerdings finden sich kaum eindeutige und unmissverständliche Markierungen, dass ein Abschnitt abgeschlossen ist und jetzt ein neuer beginnt. Vielmehr sind die Übergänge zwischen den einzelnen Teilen des Gedichtes eher fließend gestaltet.

      Proöm

      Um einen Eindruck von dem Gehalt der CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem zu vermitteln, sei hier das Proöm vorgestellt, das auch den Ausgangspunkt für Beobachtungen zu Sprache und Intertextualität der CPERCCamerarius d.Ä., JoachimCapita pietatis et religionis Christianae versibus Graecis comprehensa ad institutionem puerilem bilden wird:

      Δεῦτε φίλοι παῖδες θείων ἀδαήμονες ἔργων,

      ὧν τε κακαῖς ἀπάταις κόσμου φρένες ἠερέθονται.

      Αἰεὶ γὰρ θνητοῖς θυμῷ φίλον αἴσυλα ῥέζειν,

      τῶν δ’ ἄπ’ ἐπουρανίων μάθετ’ ἄσματα θέσκελα μύθων

      ὔμμε γάρ ἐστι μάλιστα δέον ταῦτ’ εἰδέν’ ἅπαντα 5

      πρωθήβους θ’ ἁπαλούς θ’, οὓς οὔπω ὀνείδε’ ὄνοσσαν

      οὕς τε θεὸς φιλέει, καὶ κήδεται ἔξοχα ἄλλων,

      τοῖσι

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