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Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
Читать онлайн.Название Besonderes Verwaltungsrecht
Год выпуска 0
isbn 9783811453593
Автор произведения Mathias Schubert
Жанр Языкознание
Серия Schwerpunkte Pflichtfach
Издательство Bookwire
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Dementsprechend ist zwar einerseits der schrankensetzenden Funktion der gesetzlichen Formel als eines unbestimmten Rechtsbegriffs Rechnung zu tragen; auf der anderen Seite ist aber auch zu berücksichtigen, dass die betreffende gemeindliche Entscheidung sich nicht im Normvollzug erschöpft, sondern zugleich Ausfluss kommunaler Planungshoheit und Gestaltungsfreiheiten ist und der Einpassung in ein umfängliches, weithin eigenverantwortlich zu erstellendes Leistungs- und Versorgungsprogramm bedarf.
Damit spielen lokale Einschätzungen der Dringlichkeit – unter angemessener Wahrung objektivierbarer, von der Volksgesundheit geforderter Standards – eine herausragende Rolle. So können selbst bei vergleichbarer Sachlage unterschiedliche Entscheidungen in verschiedenen Gemeinden von Rechts wegen hingenommen werden. Hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen dürfte damit dem jeweiligen Gemeinderat ein gremiengebundener Beurteilungsspielraum zustehen, wie er inzwischen bei diversen Sachentscheidungen besonders prädestinierter Kollegialorgane anerkannt ist[17]. Hierzu tendiert augenscheinlich auch die zurückhaltender gewordene Rechtsprechung[18].
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Lösungshinweis zu Fall 8 (Rn 267):
Im Ausgangsfall (A) wird nicht etwa gerügt, dass die Voraussetzung eines Anschluss- und Benutzungszwanges, das Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses, nicht gegeben wäre – dies ließe sich in Ansehung heutiger hygienischer Anforderungen auch nicht mehr mit Erfolg vertreten –, sondern es geht lediglich um organisatorische Modalitäten und Fragen des richtigen Maßstabes für die Entgeltbemessung (dazu unten Rn 282 f).
Die zweite Frage (B) zielt nicht auf das „Ob“ eines Anschluss- und Benutzungszwanges, sondern auf im Laufe des Benutzungsverhältnisses anfallende Kosten, und zwar nicht solche der laufenden Überwachung und Instandhaltung der Leitungen, die in die allgemeine Kostenrechnung eingehen, sondern spezielle, separate Erneuerungskosten. Strittig ist hier die prognostische Einschätzung der Erneuerungsbedürftigkeit, für welche die gleichen Kriterien heranzuziehen sind wie bei der Begründung eines Anschlusszwanges. Auch insoweit steht dem entscheidenden, unmittelbar demokratisch legitimierten Kollegialorgan der betreffenden Gemeinde daher ein gremiengebundener Beurteilungsspielraum zu. Es kommt nicht darauf an, ob die Leitung korrodiert oder konkret bruchgefährdet war, sondern darauf, ob die Gemeinde sämtliche technischen Erfahrungswerte unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ermittelt und daraus in Ansehung der im Interesse der Anschlussnehmer vorrangigen Versorgungssicherheit vertretbare Folgerungen gezogen hat.
Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Gemeinde bei der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses hinsichtlich der hier in Rede stehenden Wasserversorgung (ähnliches gilt übrigens für die Versorgung mit Elektrizität, Gas und Fernwärme) im Wege gemeindlicher Satzungsbestimmungen und Versorgungsbedingungen nicht frei ist, sondern die AVB WasserV vom 20.6.1980 (BGBl. I S. 750) zu beachten hat, eine noch auf der Grundlage von § 27 S. 1 AGBG (jetzt: Art. 243 EGBGB) ergangene bundesrechtliche Verordnung, in der sich Vorgaben zum Zwecke eines Ausgleichs zwischen den Interessen des Versorgungsträgers und den individuellen Belangen der Verbraucher finden.
Zur Anspruchsgrundlage der Stadtwerke bei privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses siehe Art. 243 EGBGB und § 10 AVB WasserV. Bei öffentl.-rechtl. Ausgestaltung siehe §§ 6a, 8 nds.KAG; § 10 KAG NRW; § 35 AVB WasserV.
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Gewissermaßen stillschweigend als selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde (siehe oben § 7) handelt, für die von dieser ein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet wird:
„Da die öffentliche Einrichtung durch die gesetzlichen Zugangsansprüche der Berechtigten und die korrespondierende Verpflichtung der Gemeinde, den Zugang zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten, gekennzeichnet wird, kann ein Betrieb in privater Trägerschaft nur dann eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde darstellen, wenn diese in rechtlicher Hinsicht in der Lage ist, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Gemeinde muss den Berechtigten die Benutzung des privaten Betriebs zu angemessenen Bedingungen verschaffen können. Dies setzt voraus, dass ein maßgeblicher Einfluss der Gemeinde auf die wesentlichen betrieblichen Entscheidungen des privaten Unternehmens rechtlich sichergestellt ist. Sind die Rechtsbeziehungen zwischen diesem und der Gemeinde – wie regelmäßig – in einem Betreibervertrag geregelt, so muss dieser Vertrag die Verpflichtung des Betreibers enthalten, den Vertragsbeziehungen mit den Benutzungsberechtigten die rechtlichen Vorgaben von § 10 Abs. 2, 3 und 5 SächsGemO und des Satzungsrechts der Gemeinde zu Grunde zu legen. Demzufolge muss dem privaten Unternehmen in dem Betreibervertrag ein Kontrahierungszwang ebenso auferlegt werden wie die Übernahme der von der Gemeinde vorgegebenen Benutzungsbedingungen in die Vertragsbeziehungen mit den Benutzungsberechtigten. Auch muss sich das Unternehmen verpflichten, Änderungen des Betriebs, die sich auf die Benutzung auswirken, und Änderungen der Benutzungsbedingungen, insbesondere der Benutzungsentgelte, nur im Einvernehmen mit der Gemeinde vorzunehmen.“[19]
Teil I Kommunalrecht › § 8 Der Anschluss- und Benutzungszwang › III. Ausnahmemöglichkeit bei Unzumutbarkeit
III. Ausnahmemöglichkeit bei Unzumutbarkeit
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Kommunalrechtlich besteht die – unter grundrechtlichen Aspekten aus der Sicht der betroffenen Einwohner zur Vermeidung übermäßiger Ingerenzen gebotene – Option, per Satzung Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zuzulassen (vgl § 11 II bd.wtt.GO; § 15 II 1 m.v.KVerf.; § 13 S. 2 NKomVG; § 9 S. 2 GO NRW). Üblich und zulässig ist dabei eine Anknüpfung an den Begriff der Unzumutbarkeit.
Unzumutbar ist ein Anschluss an die kommunale Wasserleitung aber nicht bereits deshalb, weil auf einem privaten Grundstück ein funktionsfähiger Brunnen existiert. Sonst käme es in ländlichen Gebieten kaum je zu einer flächendeckenden Versorgung[20]. Auch die berechtigten Belange des Versorgungsträgers sind bei der Zumutbarkeitsfrage einzubeziehen[21]. Unzumutbarkeit ist aber etwa zu bejahen bei einer Brauerei im Hinblick auf das zur Verwendung kommende Brauwasser[22]. Mit Blick auf den Anschlusszwang an eine öffentlich-rechtliche Abwasserbeseitigungsanlage ist eine Unzumutbarkeit anerkannt worden, wenn die Anschlusskosten in Anbetracht des Verkehrswertes des Grundstücks unverhältnismäßig sind.[23]
Teil I Kommunalrecht › § 8 Der Anschluss- und Benutzungszwang › IV. Verfassungsrechtliche Aspekte
IV. Verfassungsrechtliche Aspekte
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Verfassungsrechtliche Einwände gegen die auf kommunalrechtlicher Ermächtigung basierende satzungsmäßige Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwangs[24] könnten aus der Sicht der betroffenen Grundstückseigentümer vor allem unter Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit und das Eigentumsgrundrecht vorgebracht werden.
Die satzungsrechtliche Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs stellt einen Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit der davon betroffenen Personen dar. Diesen werden unmittelbar durch die Satzung die Gebote auferlegt, diejenigen Maßnahmen vorzunehmen oder zu dulden, die zur