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Öffentliches Recht im Überblick. Volker M. Haug
Читать онлайн.Название Öffentliches Recht im Überblick
Год выпуска 0
isbn 9783811492899
Автор произведения Volker M. Haug
Жанр Языкознание
Серия Start ins Rechtsgebiet
Издательство Bookwire
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Aufgrund dieser Mängel vertritt das BVerfG schon in seiner Maastricht-Entscheidung und noch deutlicher in der Lissabon-Entscheidung den Standpunkt, dass die demokratische Rückbindung der EU bis auf Weiteres nur über die nationalen Parlamente erfolgen kann. Um dies leisten zu können, müssen zum einen diese Parlamente wie z.B. der Deutsche Bundestag substantielle Zuständigkeiten behalten. Und zum anderen muss sich die EU auch künftig legitimatorisch auf ihre Mitgliedstaaten stützen, die als „Herren der Verträge“ nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung souverän darüber entscheiden können müssen, wofür die EU zuständig sein soll und für was nicht.[53]
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Diesem Demokratiedefizit stellt die EU ein Legitimationsmodell gegenüber, das auf verschiedenen Säulen ruht (vgl. nachfolgende Grafik):[54]
– | So gibt es erstens – hauptsächlich – eine repräsentativ-demokratische Legitimation, die auf zwei Säulen ruht. Denn die Unionsbürger werden einerseits als Angehörige ihrer Heimatländer durch die von ihnen (mittelbar) gewählten Regierungen im (Minister-)Rat indirekt und andererseits als EU-Angehörige in dem von ihnen gewählten Europäischen Parlament direkt repräsentiert (Art. 10 EUV). |
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– | Ergänzend tritt zweitens eine partizipativ-demokratische Legitimation hinzu, indem den EU-Bürgern eine direkte Beteiligung am politischen Leben der EU ermöglicht wird. So fördern die EU-Organe die Kommunikation von Bürgern und Verbänden mit dem Ziel einer Stärkung der europäischen Öffentlichkeit. Außerdem treten die EU-Organe in einen kontinuierlichen Dialog mit Verbänden und Zivilgesellschaft ein und führen Anhörungen Betroffener durch. Und schließlich haben die EU-Bürger die Möglichkeit, über eine EU-Bürgerinitiative ein aus ihrer Sicht wichtiges Thema auf die Agenda der EU zu bringen (Art. 11 EUV). |
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Abbildung 18:
Demokratische Legitimation der EU
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Verständnisfragen:
1. | Vergleichen Sie die Stellung des EP bei der Rechtssetzung und bei der Haushaltsverabschiedung. (Rn. 109–119) |
2. | Welche Mehrheitsbegriffe gibt es beim (Minister-)Rat? (Rn. 131 f.) |
3. | Warum nennt man die Kommission die „Hüterin der Verträge“? (Rn. 149–152) |
4. | Kann man die Kommission als „Europa-Regierung“ bezeichnen? (Rn. 142 f.) |
5. | Welches EU-Organ hat die relativ stärkste Stellung? (Rn. 127) |
6. | Welches EU-Organ legt die Richtlinien der EU-Politik fest? (Rn. 123 f.) |
7. | Welche Instanzen kennt das europäische Gerichtssystem? (Rn. 159–164) |
8. | In welchen Konstellationen können auch Privatpersonen oder -unternehmen vor einem europäischen Gericht klagen? (Rn. 168) |
9. | Wie ist die EU demokratisch legitimiert und was versteht man unter dem „Demokratie-Defizit“ der EU? (Rn. 175–180) |
Anmerkungen
Vgl. Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EU-Verfassungsrecht, AEUV Art. 341 Rn. 2.
Bergmann, in: Bergmann (Hg.), Handlexikon, S. 535 Sp. 2/535 Sp. 1.
Der Europäische Rat zählt als ein über der operativen Ebene stehendes Leitungsorgan nicht dazu, vgl. Rn. 123.
BVerfGE 129, 300 (353); das BVerfG bezeichnet das EP auch als „eine Vertretung der Völker der Mitgliedstaaten“, BVerfGE 123, 267 (373) – Lissabon.
Eigentlich sind es 751 Mitglieder (Art. 14 II UA 1 S. 2 EUV); da der Brexit aber erst nach der Wahl von 2019 wirksam wurde, hat man die weggefallenen 73 britischen Parlamentssitze zum Teil auf andere Länder „umverteilt“ und zum Teil eingespart, um im Fall künftiger Erweiterungen das Parlament nicht über die Zahl von 751 Mitglieder anwachsen lassen zu müssen, vgl. https://www.europarl.europa.eu/news/de/faq/12/wie-viele-mitglieder-hat-das-europaische-parlament (4.11.2020).
Seit dem Brexit nach der EP-Wahl 2019 gehören den beiden großen Fraktionen zusammen 331 Mitglieder an; 29 Abgeordnete sind fraktionslos.
Weshalb das BVerfG meint, dass die Fraktionen auch noch Vertreter von Kleinst- und Splitterparteien integrieren könnten und die 5 %- bzw. 3 %-Hürde im deutschen Europawahlrecht unnötig sei, vgl. BVerfGE 129, 300 (327 ff.); kritisch dazu Haug, Muss wirklich jeder ins Europaparlament? Kritische Anmerkungen zur Sperrklausel-Rechtsprechung aus Karlsruhe, ZParl 2014, S. 467 (475 f.).
Vgl. <http://www.handelsblatt.com/politik/international/europaeischer-wanderzirkus-steuerzah