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Aussagen über Politik mit einem Anspruch auf Wahrheitsfähigkeit.

      ● Sie bezieht ihr Forschen auf einen theoretischen Rahmen.

      ● Sie systematisiert und verallgemeinert ihre Erkenntnis.

1.1.3Abhängigkeit der Erkenntnis

      Instrumente der Erkenntnis

      Wie das Zusammenspiel aus methodischem Instrumentarium, theoretischem Rahmen und Erkenntnisgewinn aussehen kann, lässt sich an einem historisch-literarischen Beispiel erläutern. Bertolt Brecht beschreibt in seinem Schauspiel »Das Leben des Galilei« das Aufeinandertreffen von traditionalistischen Gelehrten und dem modernen Wissenschaftler Galilei. Während Galilei als Erfahrungswissenschaftler mit dem Blick durch sein Fernrohr neue Entdeckungen am Sternenhimmel macht, verweigern seine traditionalistischen Gegner den Blick durch das optische Gerät. Sie begründen das damit, dass dort nichts sein könne, weil die klassischen Autoritäten dies in ihren Schriften bereits bewiesen hätten. Durch Technik gestützte und systematisch verbesserte Beobachtung steht hier gegen die gehorsame Auslegung der überlieferten Tradition. Die Gelehrten folgen der Autorität der antiken Überlieferung und können daher nicht der technisch vermittelten eigenen Beobachtung vertrauen. Von ihrem Standpunkt aus ist der Glaube an das, was durch das Fernglas zu sehen ist, naiv. Derjenige, der dagegen erfahrungsgestützt argumentiert, wird wiederum ihren blinden Glauben an die überlieferte Autorität als naiv empfinden.

      Verschiedene theoretische Raster, die auch Paradigmen (altgriech. für Ur- bzw. Musterbild) genannt werden, führen zu unterschiedlichen Methoden der Erkenntnisgewinnung (hier: Beobachtung und Kommentar) und wirken wie ein Filter für das, was als mögliche Antworten auf die gestellten Fragen zugelassen wird. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Positionen ist zudem, dass sie sich innerhalb der eigenen Konzeption unterschiedlicher Formen der Wissensverbesserung bedienen. Aus Beobachtungen abgeleitete Gesetzmäßigkeiten können durch abweichende Beobachtung korrigiert werden. Das ausschließlich auf Text basierende Wissen kann letztlich nur durch eine neue Lektüre korrigiert werden.

      Zusammenfassung

       Methoden

      Unterschiedliche Verfahren der Forschung führen zu verschiedenen Begründungen von wahrheitsfähigen Aussagen und zu verschiedenen Ergebnissen.

1.2Was heißt hier Politik?

      Autonomie und Funktionalität

      Was also kann unter Politik verstanden werden? Selbst wenn man die alltagsweltlichen Vorstellungen von Politik als zu unscharf zurückweist und bestenfalls als Anknüpfungspunkte wissenschaftlicher Politikvermittlung gelten lassen will, so sieht man sich einer großen Vielzahl von Bestimmungen des Politischen gegenüber. Grob unterscheiden lassen sich dabei zunächst zwei Richtungen, von denen eine die Autonomie der Politik vertritt, während die andere deren bloße Funktionalität behauptet. In verschiedenen Spielarten ist damit gemeint, dass es entweder eine gewisse Eigengesetzlichkeit des Politischen gibt oder dass Politik als gesellschaftlich, kulturell bzw. vor allem ökonomisch bestimmte Realität verstanden werden muss, deren wesentlichen Entwicklungen von außen vorgegeben werden.

      Zusammenfassung

       Zwei Verständnisse von Politik

      ● Ist Politik ein eigenständiger gesellschaftlicher Bereich (Autonomie der Politik), so kann sie im Kern nur aus sich selbst erklärt werden, wobei andere soziale und kulturelle Faktoren nicht ausgeblendet werden dürfen.

      ● Ist das, was in der Politik geschieht, vollkommen von anderen gesellschaftlichen Bereichen abhängig (Funktionalität der Politik), so muss Politik von den dort ablaufenden Prozessen her verstanden werden und könnte auch tendenziell ersetzt werden.

      Politik in der Moderne

      Moderne Gesellschaften weisen zahlreiche mehr oder weniger klar erkennbare Teilbereiche auf, die sich zwar deutlich voneinander unterscheiden lassen, die aber zugleich eng miteinander verbunden sind. Die Art und Intensität der Verbindung hat sich im Laufe der Geschichte stark verändert.

      Verdeutlichen lässt sich das an der Beziehung von Politik, Wirtschaft und Religion vom Mittelalter bis in die Gegenwart hinein. Auch eine mittelalterliche Gesellschaft hatte eine wirtschaftliche Sphäre (Subsystem), die nicht ohne Auswirkungen auf die Machtmöglichkeiten des Königs war. Der Herrscher eines großen und reichen Landes konnte mehr Glanz entfalten und mehr Macht gegenüber anderen ausüben, als dies bei einem armen Fürsten der Fall war. Trotzdem war die Herrschaft des Monarchen nicht in erster Linie durch den Erfolg der jeweiligen »Volkswirtschaft« gerechtfertigt, wie das gelegentlich in modernen Demokratien zu sein scheint, sondern zuallererst durch göttliche Gnade.

      Dieses Verhältnis dreht sich in der Moderne fast vollkommen um. Religiöse Rechtfertigung ist für politische Herrschaft nicht mehr angemessen. Der moderne Verfassungsstaat basiert sogar auf der weltanschaulichen Neutralität der Verfassungsordnung. Ökonomische Leistungen werden dagegen für den modernen Staat wesentlich wichtiger. Politik greift steuernd in den Markt ein. Die Ökonomie produziert die nötigen materiellen Mittel, die vom Staat für die Erreichung politischer Ziele mit Steuern belastet werden können. Dieses wechselseitige Leistungsverhältnis bis hin zur Durchdringung der gesellschaftlichen Teilbereiche (Subsysteme) nennt man Interpenetration.

      Definition

       Gesellschaftliche Subsysteme

      Moderne Gesellschaften haben in der gesellschaftlichen Entwicklung (= Evolution) zahlreiche gesellschaftliche Teilbereiche (= Subsysteme) ausgebildet, die für die Gesamtgesellschaft bestimmte Funktionen erfüllen und eigenen Gesetzmäßigkeiten folgen. Zwischen den verschiedenen Systemen bestehen mehr oder weniger dichte Verbindungen, wobei Leistungen ausgetauscht werden.

      Damit drängt sich natürlich die Frage auf, was Politik für die anderen gesellschaftlichen Bereiche bzw. für die Gesamtgesellschaft leisten soll und kann. Das, was Politik für die Gesellschaft bedeuten kann, lässt sich ohne den jeweiligen historischen und kulturellen Kontext nur schwer bestimmen. Es ist abhängig von den Selbstdeutungen der jeweiligen Gesellschaft, den Erwartungen der Beherrschten und der Machthaber. Daher sollen zunächst einige klassische Politikbegriffe und deren orientierende Bedeutung vorgestellt werden.

1.2.1Klassische Politikbegriffe

      Perspektiven und praktische Folgen

      Für eine Einteilung, wie sie in Abbildung 1 vorgenommen ist, müssen immer Vereinfachungen und Zuspitzungen vorgenommen werden. Es versteht sich von selbst, dass ein empirisch-analytisches Wissenschaftskonzept im Dienste einer emanzipatorischen Politik stehen kann und es ist ebenso selbstverständlich, dass dieses Konzept nicht blind sein muss gegenüber Werten und Normen. Unterschiedlich sind allerdings die zentralen Aspekte. Bei einem empirisch-analytischen Vorgehen läge der Schwerpunkt auf der Untersuchung von Ursachen und ihren Wirkungen und nicht primär auf der idealen Umsetzung von Normen. Dagegen findet ein normativer Ansatz seine wesentliche Bezugsdimension in dem erkennbaren Bezug der praktischen Politik zum Sollen (moralische Rechtfertigung, Verfassung etc.). Während eben dieses Sollen den empirisch arbeitenden Kollegen zunächst als soziales Faktum interessiert, geht es in einem normativ orientierten Diskurs nicht um das bloße Faktum einer Regel, sondern zuerst um ihre Begründbarkeit und dann um ihre Wirkungen auf den politischen Prozess.

      Selektive Wirkung

      Das lässt sich am Beispiel einer Revolution zeigen. Der normativ-(ontologisch) arbeitende Wissenschaftler wird ein solches Ereignis zunächst unter dem Aspekt betrachten, welche Form legitimer Herrschaft durch diese umgestürzt wurde. Er wird nach der Begründung der neuen Herrschaft fragen und diese einer Kritik im Lichte bestimmter Ordnungsideale unterziehen. Die Dimension des sozialen Kampfes, die der dialektische Ansatz besonders betonen würde, käme dabei naturgemäß eher weniger in den Blick. In der kritisch-dialektischen Perspektive wiederum wäre die zentrale Frage, welche gesellschaftlichen Gruppen als Träger der Umwälzungen nun verstärkt politisch partizipieren können und ob sich die sozialen Verhältnisse verbessert haben. Für die empirisch-analytische Wissenschaft wären zunächst einmal

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