Аннотация

Am Anfang von Anne Dorns neuem Roman Spiegelungen steht das Kind Minza allein am Heck eines die Elbe in Dresden flussaufwärts stampfenden Schaufelraddampfers. Sie beobachtet die Mutter. Unerklärliche Dinge geschehen – Minza begreift nicht, warum gerade jetzt und hier. Hat sie mitverursacht, was mit Wucht ihr Kindsein aus den Fugen hebt? Am Ende von Spiegelungen suchen zwei alte Frauen die gegenseitige Nähe, eigentlich aber die Nähe zu einem Menschen, der schon lange verstorben ist. Es ist die alte Geschichte vom Wunsch nach Zugehörigkeit. In einer klaren Sprache, poetisch schön und direkt zugleich, weit über die eindrücklichen und einprägsamen Details hinaus, lässt Anne Dorn das Kind Minza heranwachsen, zur jungen Frau, zur Partnerin, zur Mutter – und alt werden. Jede Lebensphase trägt einen Neuanfang in sich. "Zu verstehen war da nichts, wie an einem lebendigen Menschen nichts zu verstehen ist, und nur momentweise etwas von ihm festgehalten und an ihm gefunden werden kann." Die Frage: Wer bin ich und wohin gehöre ich? wird in Anne Dorns Roman wieder einmal gestellt – von einer Autorin mit ganz eigener Lebenserfahrung. Der Reiz von Spiegelungen liegt in der Wahrhaftigkeit, mit der Anne Dorn ihre Figuren spiegelt.

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Das Walddorf Siehdichum ist die letzte Station der Reichsarbeitsdiensteinheit 3/401 XL Warthegau Ost. Es sind rasch einberufene Sechzehnjährige, die am 26. Januar 1945 von der russischen Sturmspitze überrollt und nach authentischen Berichten «vollkommen aufgerieben» werden. Den Ortsnamen Siehdichum versteht die 75jährige Martha Lenders, Schwester eines dieser spurlos verschwundenen Jungen, auch als Aufforderung, sich am Ende ihres Lebens wie auf dem Gipfel eines Berges umzusehen und die Rollen, die ihr das Leben als Frau und Mutter zugedacht hat, zu hinterfragen. Sie befindet sich im Jahr 2000 auf Spurensuche in Polen, wo Häuser, Straßen und Lebensart ihrem sächsischen Zuhause, wie sie es mit dem Bruder erlebt hat, verblüffend ähneln. Ein Professor für Geschichte aus Warschau und ein Filmemacher aus Posen werden zu Helfern. Sie lässt ihren Rückflug nach Deutschland verfallen, durchstreift mit einer polnischen Studentin die großen Wälder, findet dank sehr besonderer Zeitzeugenberichte einzelne Punkte, an denen sich Dramatisches abgespielt hat, aber der letztmögliche Ort, an dem ihr Bruder sein Leben verloren haben könnte, hält sich vor ihnen verborgen. Zurückgekehrt ins Rheinland, in dem sie seit Kriegsende lebt, bleibt für die suchende Schwester die Spur des Bruders verwischt. Die polnische Studentin bringt unerwartet neue Nachricht. Martha muss sich nun das Ende ihres Bruders noch genauer und grausamer ausdenken als bisher und streikt vor dieser Aufforderung …

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Zu einer Zeit als der tödliche Grenzstreifen Deutschland noch teilte, treffen in einer sächsischen Kleinstadt, Menschen von hüben und drüben zusammen. Sie trauern um Paul, den lebenserfahrenen, listigen Alten, der Ost und West so maßvoll zu arrangieren wusste. Aber die Trauerfeier, von beiden Seiten zunächst sorgsam beschirmt als Ort der Harmonie und Pietät, wird unversehens zur Arena. Jahrzehntelang verborgene Gefühle, unterdrückte Anschuldigungen und Vorwürfe brechen sich Bahn. Es zeigt sich, wie eng persönliche Unzulänglichkeiten mit der Herrschaft der zwei miteinander konkurrierenden Systeme in Deutschland verwoben sind. Am Abend jenes lichtklaren Augusttages, in dem Jahrzehnte deutsch-deutscher Geschichte gleichsam wie durch ein Brennglas sichtbar werden, fühlen sich alle belogen und betrogen: Die aus dem Westen um ihre Zugehörigkeit zu diesem Stückchen Erde nahe Dresden, und die aus dem Osten um die ihnen seit der Teilung Deutschlands verheißenen Segnungen des Sozialismus. Anne Dorn erzählt in ihrem 1991 erstmals erschienenen Roman, der so kurz nach der Wende kaum wahrgenommen wurde, und der nun in dieser überarbeiteten Neuauflage endlich wieder zugänglich sein wird, mit entwaffnender Genauigkeit eine deutsch-deutsche Familiengeschichte. Dabei teilt sie dem Leser auf subtile Weise die wahren, von der Furcht vor Zerwürfnis versteckt gehaltenen Gefühle mit, ohne sie zu benennen. So atmet ihre höchst aktuelle Darstellung Hoffnung auf Verständnis füreinander.