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sorry Wien und Rom, vielleicht das nächste Mal …) und immer wieder Bangkok. Bangkok, weil es einfach die real gewordene Version des Mega-Molochs aus dem Sci-Fi-Klassiker »Blade Runner« ist, weil es unerträglich laut ist und wie die Pest stinkt, weil man aus dem klimatisierten Hotel tritt und die Luft sich anfühlt, als würde man ein glutheißes, patschnasses Saunahandtuch um die Ohren geschlagen bekommen, weil man nirgendwo so schön »Shop till you drop« spielen kann und weil man sich von früh bis spät den Bauch mit den leckersten Köstlichkeiten für quasi umme vollschlagen kann.

      Wenn man mir eine Wette anbieten würde, bei der man internationale Flughäfen am Geruch erkennen soll, würde ich sofort Bangkok herausschnuppern. Ich hatte diesen charakteristischen Mief aus süßlich Vermoderndem, gemixt mit schweren Blüten und Desinfektionsmitteln, schon völlig vergessen. Umso härter drängt Eau de Bangkok nach der Landung in meine Nase. Olfaktorisch noch außer Gefecht gesetzt, gehts schon los mit dem Pauschprogramm: Wir werden abgeholt. Irgendwie kommen wir uns blöd vor, als wir mit lauter Ehepaaren mittleren Alters magnetisch auf die freundlichen Thais zudackeln, die ihre Empfangsschilder hochhalten. Nun gehören wir also dazu. Den verächtlichen Blicken der vorbeiziehenden Backpacker halten wir trotzig und arrogant stand. Denn wer je versucht hat, vom Bangkoker Flughafen per Taxi in die Stadt zu kommen, ohne mehrere Tobsuchtsanfälle wegen impertinenter Chauffeure zu erleiden, weiß den Service des Hoteltransfers sehr wohl zu schätzen. Das nennt man pampern. Wir gewöhnen uns schnell dran.

      Nach kurzem Nickerchen im Hotel, dem Crowne Plaza, einstmals Holiday Inn, praktischerweise in der Silom Road gelegen, damit man alle wichtigen Punkte bequem zu Fuß erreichen kann (Oriental Pier für die Bootsfahrten auf dem mächtigen Mae Nam Chao Phraya in die Altstadt, Oriental Terrace für den Sundowner, Silom Village und Patpong zum Powershoppen, Ban Chiang zum Schlemmen), gehts los. Bangkok verzeiht es einem nicht, wenn man irgendwas verschläft. Jetlag hin oder her: Mit dem Linienboot zu Wat Po. Zum x-ten Mal sehen und immer noch fasziniert sein. Und zum x-ten Mal sich über meinen Reiseführer aus den frühen 90ern des letzten Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausends amüsieren; putzigerweise beschreibt der die Hauptattraktion der Tempelanlage Wat Po so: »Der Tempel des ruhenden Buddha (50 cm lang, 15 cm hoch) wurde 1987 zum Geburtstag von König Bhumibol neu vergoldet.« (Merian live: Thailand, Gräfe und Unzer Verlag, München, 1994, S. 57). Boah, denkt man sich. Da haben die Thais für ihren König ganz schön was springen lassen. Ganze 50 Zentimeter lang! Dann steht man vor dem in Wirklichkeit natürlich 50 Meter langen Riesenbuddha und wundert sich ein bisschen, dass sich solch entscheidende Details durch zig Korrekturstufen schmuggeln können, die ein Reiseführer aus dem Hause Merian durchlaufen sollte.

      Wir haben keine Zeit für eine erholsame Thaimassage in der berühmten Massageschule von Wat Po, sondern hetzen sofort weiter zu den Märkten, die in Reiseführern gerne als verschiedene Märkte (Pahurat Market, Old Siam Plaza, Diebesmarkt, Pak Khlong Talat) beschrieben werden, die aber letztlich ein einziger, gigantischer, unzählige Straßenzüge umspannender Markt sind. Wir haben nur noch wenig Zeit, bis die Sonne untergeht und die Stände schließen. Schnell in das Gewusel einreihen und sich ständig dem Kreislaufkollaps nahe durch die dichten Menschenmassen quetschen oder sich mal willenlos ein paar Straßenzüge lang mitreißen lassen. Und immer darauf hoffen, dass keine Stampede ausbricht. Glücklich, überlebt und eine spottbillige Ray-Ban (garantiert so was von echt) erstanden zu haben, bummelt man dann durch die etwas ruhigeren Gassen von Chinatown, reiht sich an abgesperrten Straßen in fähnchenschwingende Schulkinder ein, die einer hinter dem dunklen Panzerglas einer vorbeirauschenden Luxuslimousine verborgenen königlichen Hoheit zujubeln, und erreicht endlich die Terrasse des Oriental, seines Zeichens regelmäßig zum besten Hotel der Welt gekürt, wo man bei einem Cocktail den Sonnenuntergang am Flussufer genießt. Okay, zugegeben, seit auf der anderen Flussseite das Peninsula an den Wolken kratzt, ist es mit dem Sonnenuntergang im Oriental vorbei, aber trotzdem. Tradition ist Tradition. Und qualmende Füße fordern ihren Tribut.

      Auch wenn die zahlreichen Garküchen mit noch so leckeren Düften locken, zum Glück weiß der erfahrene Bangkok-Urlauber, wo er die besten Lukullitäten zu vernünftigen Preisen in schönster Atmosphäre genießen kann. Das Ban Chiang, ein kleines, altes, liebevoll hergerichtetes Holzhaus im Kolonialstil, und das Harmonique, ebenfalls ein altes Häuschen mit romantischem Innenhof, liegen beide nur einen Steinwurf weit vom Hotel entfernt. Wobei ich mich im Zweifelsfall immer wieder fürs Ban Chiang, das in einer sehr dunklen Gasse hinter dem Crowne Plaza liegt, entscheiden würde …

      Angkor, Siem Reap

      Pauschalreisen haben einen entscheidenden Nachteil: Als Herdentier wird man ständig gehetzt. Wir müssen am nächsten Tag schon um kurz nach Mitternacht aufstehen, weil der Shuttle uns um 5 Uhr abholt, damit wir auch sicher den Flieger um 8 Uhr nach Siem Reap, Kambodscha, erreichen. Dass man dann zweieinhalb Stunden am Flughafen chillt, was solls. Dafür begrüßt einen der winzige Flughafen in Kambodscha, ein für Länder mit diktatorischer Vergangenheit typischer, hingeklatschter Betonklotz, mit einem charmanten Fußbodenmuster aus lauter zerquetschten Kakerlaken.

      Eine weitere zweifelhafte Charmeoffensive erwartet uns an der Passkontrolle. Die sich nur alle paar Stunden um einige Millimeter weiterbewegenden drei Warteschlangen und die grimmig blickenden Uniformierten hinter dem Tresen erinnern verdächtig an Zeiten, als es noch ein Abenteuer war, die Sowjetische Besatzungszone (heute: Neue Bundesländer) zu besuchen. Wer ins Land will, muss ein Passfoto vorlegen und 20 Dollar in bar berappen. Wenn man kein Passfoto hat, wie das amerikanische Ehepaar vor uns, tuns zur Not auch 5 Dollar, die man zusätzlich über den Tresen schiebt. Hat man die 20-Dollar-und-im-Notfall-Bestechungsgeld-Schlange überwunden, stellt man sich brav an der Visum-Aushändigungs-Schlange an. Spätestens hier beginnt ein munteres Zeittotschlagen, indem man mit seinen Vorder- oder Hinterleuten Bruderschaft trinkt und lebenslange Freundschaften schließt. Glücklich, wer einen prall gefüllten Picknickkorb, Astronautennahrung oder ein Klappbett dabeihat. Das amerikanische Ehepaar von eben plauscht mit uns. Er erinnert mit seinem markant zerknitterten Gesicht an einen deutschen Schauspieler, der immer in den Winnetou-Filmen oder bei »Lederstrumpf« mitgespielt hat, und dessen Name mir nicht einfällt. Ich glaube, der Schauspieler hieß Hellmut Lange. Lederstrumpf ist natürlich sofort begeistert, als er erfährt, dass wir Deutsche sind. »Meine Großvater war eine Schwabe«, radebrecht er stolz. »Isn’t that gorgeous?!«

      Schon ein halbes Menschenleben später haben wir unser Visum und können endlich zur Passkontrolle-Schlange vorrücken. Die Lebensgeschichte von Lederstrumpf und Gattin beherrschen wir bereits auswendig, und ich schaffe es gerade noch, den Amis die detaillierte Biografie meiner Urgroßmutter väterlicherseits reinzudrücken, als es auch schon Abschied nehmen heißt. Wir sind durch! Dass wir das noch erleben durften! Wir treten ins gleißende Sonnenlicht Kambodschas.

      Unser Reiseführer strahlt über beide Ohren, als er uns in Empfang nimmt. Man möge ihn bitte Ry nennen, denn seinen kompletten Namen könnten wir uns eh nicht merken. Uns zuliebe spricht er seinen Namen dann doch aus. Wir können ihm nur zustimmen und bleiben bei Ry.

      Ry karrt unsere Reisegruppe ins Angkor Hotel. Gepäck abliefern. Einchecken können wir erst später, weil die Zimmer nicht fertig sind. Unsere Gruppe besteht außer uns aus einem ältlichen schweizerischen und einem niederbayrischen Ehepaar, einem jungen Pärchen aus München (Gott sei Dank sind wir nicht die Jüngsten!), einem schwergewichtigen Ehepaar aus Berlin und einem alleinreisenden, putzmunteren Greis aus dem Schwäbischen, der die 80 schon weit hinter sich hat. Im Hotel heißt uns eine freundliche Dame mit der entzückenden Geste des Schalumlegens willkommen. Einer buddhistischen Tradition folgend, bekommt jeder einen dünnen Schal um den Hals gehängt. Vor einigen Jahren gab es einmal eine außenministeriale Notlösung namens Klaus Kinkel, die ganz undiplomatisch für einen Skandal sorgte, als sie dem Dalai Lama just diese Geste verwehrte. Ein Kinkel Klaus ließ sich nichts um den Hals wickeln, lieber beleidigte er das geistliche und weltliche Oberhaupt von zig Millionen Buddhisten tödlich. Doch Seine Heiligkeit, die Diplomatie in Person, lächelte und tat, als ob nichts wäre. Wir hingegen lassen uns gerne Schals umlegen. Alle bedanken sich artig, doch schnell wandern neidische Blicke durch die Runde. Der hat einen blauen, den will ich! Sauerei, die fette Kuh bekommt den orangenen und ich den hässlichen schlammfarbenen. Ein munteres Schaltauschen beginnt. Die Hoteldame lächelt und tut, als ob nichts wäre.

      Die Begrüßungsschals, eben noch hart ertauscht,

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