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und damit erneute Abhängigkeit vom Staat, sondern um wechselwirksame Prozesse zwischen Staats- und Kirchenreform (vgl. Huber, 326–330). Dazu trat von Beginn an eine wichtige Differenz zwischen den Synoden und den Parlamenten. Die Synodalen vertraten nicht repräsentativ die Kirchenmitglieder, sondern die jeweiligen Gemeinden bzw. Interessengruppen – in Form von berufenen Synodalen. Zu letzteren gehören bis heute regelmäßig Vertreter der theologischen Fakultäten, die auf dem Gebiet der entsprechenden Landeskirche liegen. Ihre in den jeweiligen Kirchenordnungen vorgesehene Beteiligung weist auf den hohen Rang hin, der traditionell in den Evangelischen Kirchen der wissenschaftlichen Theologie zugemessen wird.

      Den zweiten Impuls, jetzt vor allem für die Gemeindeebene und damit den Ausbau des presbyterialen Systems, gab die sog. Gemeindeaufbau-Bewegung am Ende des 19. Jahrhunderts, wie sie etwa Emil Sulze propagierte (vgl. Lorenz). Orientiert an der damals modernen Sozialform des Vereins wurden Kirchengemeinden entsprechend umstrukturiert. Das Presbyterium bzw. der Kirchenvorstand wurde dabei „zu einer Art Vereinsvorstand, der das Engagement der Ehren- und Hauptamtlichen koordiniert, befördert und beaufsichtigt“ (Hermelink, 245). Dabei ging es wesentlich auch um repräsentative Funktionen, etwa der Kirchengemeinde gegenüber der Kommune. Dementsprechend entstammten die von den Gemeindegliedern gewählten Presbyter häufig dem Kreis der lokalen Honoratioren.

      Schließlich ist unter dem Stichwort des „Konziliarismus“ ein wichtiger Impuls aus der – internationalen – Ökumene zu nennen. 1971 hatte die ÖRK-Kommission „Faith and Order“ entsprechende Diskurse folgendermaßen zusammengefasst: „Unter Konziliarität verstehen wir das Zusammenkommen von Christen – örtlich, regional und weltweit – zu gemeinsamem Gebet, zu Beratung und Entscheidung in dem Glauben, dass der Heilige Geist solche Zusammenkünfte für seine eigenen Zwecke der Versöhnung, Erneuerung und Umgestaltung der Kirche benützen kann, indem er sie zur Fülle der Wahrheit und Liebe hinführt“ (Hermelink, 248). Durchaus unter Bezug auf biblische und altkirchliche Traditionen werden Synoden hier pneumatologisch gedeutet und damit in ihrem gottesdienstlichen Charakter erfasst.

      Klares Ziel dieses synodalen Konzepts sind „Erneuerung und Umgestaltung der Kirche“. Dazu tritt der Hinweis auf die Bedeutung der Rezeption synodaler Entscheidungen durch die entsprechenden Einzelnen bzw. Einzelgemeinden (vgl. Hermelink, 249). Der Zusammenhang der synodalen Entscheidungen mit der sog. Basis bleibt also gewahrt.

      THEOLOGISCHE INHALTE SYNODALER KIRCHENORDNUNGEN

      Unter Ausblendung der beträchtlichen Differenzen in der konkreten Ausgestaltung der synodalen Elemente von Kirchenordnungen in den einzelnen Landeskirchen können zumindest drei wichtige theologische Inhalte benannt werden, die mit der Einrichtung von Synoden – und auf der Gemeindeebene von Presbyterien bzw. Kirchenvorständen – gegeben sind. Dabei ist inhaltlich durchweg vorausgesetzt, dass die Synoden das wesentliche legislative Organ der Evangelischen Kirchen sind.

      Grundsätzlich impliziert das in den Evangelischen Kirchen gepflegte Prinzip der Synodalität eine „herrschaftskritische Tendenz“, die diese von der römisch-katholischen und auch den orthodoxen Kirchen unterscheidet. Denn – so resümiert Jan Hermelink zu Recht: „Eine religiös begründete Hierarchie, ein wesentlicher Vorrang des Klerus in der Gemeinde oder ein Primat des Bischofs in der Regionalkirche sind durch das synodale Prinzip ausgeschlossen“ (Hermelink, 241). Die Synode ist in den Evangelischen Kirchen also nicht nur ein Beratungsgremium, sondern ein zentraler Bestandteil der Kirchenleitung mit entsprechenden Befugnissen, die vom Haushaltsrecht bis zur Festsetzung der liturgischen Bücher reichen. Theologisch ist dies in dem – jedenfalls mittlerweile allgemein bei der Begründung der Synodalität in Anspruch genommenen – allgemeinen Priestertum aller Getauften begründet.

      Ebenso fügen sich die deutschen Landeskirchen durch ihre Synoden bewusst in die ökumenische Bewegung der Konziliarität ein. Eine besondere, theologisch zentrale Akzentuierung erhalten die Synoden hier dadurch, dass ihnen wesentlich die Verantwortung für das Bekenntnis der Kirche übertragen ist. Darin spiegelt sich die für die deutschen Evangelischen Kirchen grundlegende Erfahrung aus dem Kirchenkampf wider, in dem die sog. Bekenntnissynoden einen Abfall zum Nationalsozialismus und seiner Führer-Ideologie verhinderten. Vor allem die auf der Barmer Bekenntnis-Synode formulierte „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche“ von 1934 (sog. Barmer Theologische Erklärung) spielt hier eine herausragende Rolle, insofern sie in Artikel 3 die Frage der Ordnung als grundlegend – und nicht beliebig – für Kirche erklärte (vgl. Burgsmüller/Weth, 36). Zugleich verstärkten diese Erfahrungen aus der Zeit der Bedrängnis das Anliegen, die „Synoden als gottesdienstliche Versammlungen zu verstehen […], die dem Vollzug des Bekennens dienen“ (Huber, 335).

      Das führt dazu, dass – wie es Hermelink zugespitzt formuliert – „Kirchenvorstand und Synode als Inszenierung des evangelischen Glaubens“ (Hermelink, 249) verstanden werden können. In dieser Sozialform tritt zum einen der Pluralismus zu Tage, der für die evangelischen Kirchen charakteristisch ist. Dazu gehören auch inhaltliche Konflikte – eine Durchsicht durch Synodalprotokolle zeigt dies eindrücklich. Zum anderen wird aber auch das Bemühen deutlich, sich zu einigen. Kurz formuliert stehen die Synoden als Organisationsform für die jedenfalls in den Evangelischen Kirchen unhintergehbare Einsicht: „Kirchlichorganisatorische Einheit gibt es […] nicht anders als in der permanenten Auseinandersetzung“ (Hermelink, 250).

      Jan Hermelink spitzt dies für die Gegenwart noch kirchentheoretisch zu: „Die Bekenntnisbestimmtheit der evangelischen Kirchen […] manifestiert sich derzeit weniger in bestimmten religiösen Inhalten; die evangelischen Großkirchen sind keine Überzeugungsgemeinschaften. Das evangelische Bekenntnis wird vielmehr primär in bestimmten Formen der Selbst-Leitung inszeniert: Die Verfahrensregeln der Presbyterien und Synoden sind nicht nur Ausdruck organisatorischer Vernunft, sondern sie stellen zugleich das religiöse Profil der Kirche, die plurale und dynamische Eigenart des in ihr gelebten evangelischen Glaubens dar“ (Hermelink, 250).

      Synodalität ist also zwar kein historisch durchgängiges Merkmal Evangelischer Kirchen. Gegenwärtig kommen in ihr aber wichtige Grundprinzipien des evangelischen Selbstverständnisses und der daraus resultierenden kirchlichen Strukturen zum Ausdruck.

      PROBLEME MIT UND IN SYNODEN

      Dem schnellen Blick erscheint die Durchsetzung der Synodalität als ein Grundprinzip Evangelischer Kirchen wie ein Siegeszug. Doch gab und gibt es auch Probleme:

      Schon seit Längerem wird die Schwerfälligkeit synodaler Entscheidungsfindung beklagt. So benötigte die Durchsetzung der Ordination von Frauen zum geistlichen Amt 33 Jahre. 1958 erließ die Evangelische Kirche in der Pfalz als erste Landeskirche ein entsprechendes Gesetz, 1991 hatte sich schließlich auch die Kirche von Schaumburg-Lippe dazu durchgerungen. Umgekehrt kann aber ebenfalls konstatiert werden, dass bei so starker Beteiligung der Gemeindeglieder, wie es die Synoden in den Evangelischen Kirchen vorsehen, ein Ausschluss von Frauen nicht auf Dauer zu stellen war. Andere Kirchen, in denen exklusiv männliche Kleriker legislativ tätig sind – ich muss dies nicht näher ausführen –, sind noch weit davon entfernt.

      Allerdings erweisen sich die langsamen synodalen Konsensprozesse als zunehmend weniger in der beschleunigten Mediengesellschaft vermittelbar. Evangelische Kirche wirkt durch ihre langen synodalen Sitzungen – etwa bei der Wahl der Mitglieder des Rats der EKD durch die EKD-Synodalen – eher ermüdend als interessant. Dies erweist sich als ein Problem für die Öffentlichkeitsarbeit Evangelischer Kirchen. Schnell und zugespitzt formulierte, persönlich gewinnend präsentierte Äußerungen von Bischöfen sind besser massenmedial kommunizierbar als konsensuelle synodale Erklärungen.

      Wahrscheinlich noch gravierender ist das Problem, das aus dem positiven Partizipationsanspruch des allgemeinen Priestertums aller Getauften resultiert. Lange Zeit klagte man über die einseitige Zusammensetzung von Kirchenvorständen und Synoden. Bestimmte Bevölkerungsgruppen wie selbstständig tätige Männer waren über-, andere wie weibliche Arbeiterinnen deutlich unterrepräsentiert. Mühsam versuchte man vor allem auf der Synodalebene durch entsprechende Berufungen nicht zu große soziale Lücken entstehen zu lassen.

      Mittlerweile erscheinen diese Probleme vielerorts als vergleichbar gering. Heute stellen sich andere

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