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Tauf- und die Firmgnade müssen nach Thomas als verschieden betrachtet werden, weil es sich um zwei verschiedene Sakramente handelt. Deshalb kann die Firmgnade die Taufgnade auch nicht in direkter Weise vollenden. Es gibt aber auch eine Gemeinsamkeit in der Gnade der Sakramente, so dass die Firmung die Gnade, die in der Taufe mitgegeben wurde, vermehrt143. Dabei bleibt Thomas bei dem Vergleich der Ordnung der Sakramente mit dem natürlichen Leben eines Menschen. Die Geburt ist vergleichbar mit dem, was Adam „eine gewisse Verähnlichung der Seelensubstanz mit dem göttlichen Sein und eine übernatürliche Stärkung der Seelenkräfte“144 genannt hat. Die Entwicklung des Menschen, die Thomas mit der perfectio in Verbindung bringt, ist vergleichbar mit der Reifung und Vollendung, die sich in der Firmung ereignet. Dass beide Sakramente in ihrem Verhältnis zur Passion Jesu und zum Sakrament der Eucharistie verstanden werden müssen, zeigt ihre innere Verbindung und das Ziel der perfectio, insofern sie das Ziel menschlichen Lebens darstellt: die Begegnung mit dem primus agens. Deshalb ist auch die spiritualis cognatio, die geistliche Verwandtschaft, nicht nur eine Wirkung der Firmung, wie Adam annimmt145, sondern sie wird durch Taufe und Firmung verwirklicht146, obwohl sie hauptsächlich im Eherecht thematisiert wird147, denn sie stellt ein impedimentum dar148. Die kirchliche Gemeinschaft ist demnach mit einer verwandtschaftlichen Beziehung vergleichbar, was sich auch daran zeigt, dass die Gläubigen in der Liturgie als Schwestern und Brüder angesprochen werden.

      Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde an die Firmtheologie Thomas’ vermehrt die Frage gestellt, ob hier ein „Umfunktionieren der christlichen Initiation“149 Grund gelegt sei. Es geht hier um die innere Einheit der Sakramente von Taufe, Firmung und Eucharistie bei der Eingliederung in die Kirche. Thomas von Aquin hatte zwar die Zusammengehörigkeit dieser drei Sakramente herausgearbeitet, allerdings hatte er sie auch als eigene Sakramente unterschieden und damit die Entscheidung des Konzils von Florenz maßgeblich beeinflusst150. Man wird allerdings nicht ohne weiteres behaupten können, dass Thomas von Aquin mit Taufe und Firmung „zwei selbständige Sakramente“151 unterscheidet, wie Amougou-Atangana dies tut, als wäre von Thomas eine strikte Trennung zwischen Taufe und Firmung in die Theologiegeschichte eingeführt worden. Die innere Verwiesenheit beider Sakramente und der Bezug zur Eucharistie und Priesterweihe treten bei Thomas deutlich zu Tage. Überhaupt scheint Amougou-Atangana die Theologie Thomas’ sehr einseitig und offenkundig ausschließlich negativ zu beurteilen. Seiner Ansicht nach müsse, wenn von Entfaltung und Reife im menschlichen Leben die Rede sei, von der Eucharistie noch eher als von der Firmung gesprochen werden152. Genau dies hat Thomas aber auch getan als er von der perfectio gesprochen hat, die in Firmung und Eucharistie verliehen wird.

      Hans Küng hält eine Trennung von Taufe und Geistmitteilung in den Schriften des Neuen Testaments für illegitim153. Sein Schüler Jean Amougou-Atangana fragt nach einem patristischen Autor, der die Unterschiedenheit von Taufe und Firmung bezeuge154. Diese Kritik an der Theologie Thomas’ blieb wiederum selbst nicht unhinterfragt. So wurde die Frage gestellt, ob es nun einzelne Theologen seien, die entscheiden, was ein Sakrament der Kirche ist oder was es nicht ist155. Sollen Fragen nach der Berechtigung einer von der Taufe und der Erstkommunion losgelösten Feier der Firmung überhaupt beantwortet werden können, dann laut Karl Lehmann „nur im Rahmen einer umfassenden neutestamentlichen Theologie des Geistes und der Taufe“156. Dass Lehmann allerdings auch fragt, ob man „an dieser Stelle kritischer sein [sollte,] als die Kritischen“157 zeigt die Problematik deutlich auf, denn die Initiationssakramente sind nur in der gegenseitigen Verwiesenheit von Taufe, Firmung und Eucharistie zu verstehen158.

      Es lässt sich festhalten: Thomas von Aquins Firmtheologie wird von der menschlichen Biographie her entfaltet. Dazu gehört bei Thomas der Vergleich der Firmung mit der nativitas ex utero, der Stärkung des Menschen, und der perfectio per augmentum, der Vollendung und Vervollkommnung des Menschen in der Firmung. Der Sachfrage nach der Gemeinschaft können bei Thomas zugeordnet werden: die geistliche Verwandtschaft, die in Taufe und Firmung begründet werden und die Beziehung der Firmung zur Priesterweihe: in der Firmung soll der Christ als Privatmann tätig sein. Das Gottesbild in Thomas’ Firmtheologie ist von der Passion Christi und dem Pfingstereignis her geprägt. Als Gabe und Aufgabe erscheinen das öffentliche Bekenntnis des Namens Christi durch den Gefirmten, die spritiualis potentia per fortem confessionem. Dem Kriterium Glaubensleben können zugeordnet werden die perfectio formalis in der Firmung zur Besiegelung eines tugendhaften Lebens, die Ausrichtung der Firmung auf die Eucharistie und die Gottesverehrung sowie das Verständnis jeglichen rituellen Handelns in der Glaubensgemeinschaft Kirche, das vom Priestertum Christi her erklärt werden muss. Die Sachfrage Kommunikation wird von Thomas nicht explizit genannt, aber die spiritualis potentia activa beinhaltet die Ausübung heiliger Handlungen. Damit besteht eine Berechtigung, sie der Kommunikation zuzuordnen, weil Kommunikation nicht auf verbale Kommunikation eingeschränkt werden kann. Ebenso könnte hier noch das öffentliche Bekenntnis des Namens Christi genannt werden, das aber schon dem Themenbereich Gabe und Aufgabe zugeordnet wurde. Kennzeichen der Firmung als Passageritual ist bei Thomas das Verständnis der Firmung in Beziehung zu Taufe und Eucharistie und der Verbindung des Gefirmten mit Christus, der Quelle christlichen Lebens Zum Alter macht Thomas keine genauen Angaben, von seinem Ausgangspunkt Biographie her lässt sich aber folgern, dass die Firmung im Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter zu spenden ist, weil im Mittelalter das Jugendalter nicht kannte und das Erwachsenenalter als Vervollkommnung des Kindesalters verstanden wird. Es gelingt Thomas also verschiedene Sachthemen wie auch verschiedene Sakramente in die Ausdifferenzierung seines Verständnisses der Firmung zu integrieren. In der folgenden Tabelle werden die Ergebnisse zusammengefasst und den Sachthemen, die in Kapitel 1.1.5 vorgestellt wurden, zugeordnet. Das ergibt folgendes Bild:

       Tabelle 3: Firmung bei Thomas von Aquin und Sachthemen

Firmung ist bei Thomas von Aquin…Sachthemen
- …vergleichbar mit der nativitas ex utero: der Mensch wird gestärkt und kann als Christ exponiert stehen- …das Sakrament, das zur perfectio per augmentum führt: es geht um Reifung und Vollendung- …mit dem Gedanken der Vervollkommnung des Kindesalters ins Erwachsenenalter hinein verbunden, vom Jugendalter ist nicht die RedeBiographie
- …mit der Taufe das Sakrament, das eine geistliche Verwandtschaft begründet- …in Beziehung zur Priesterweihe erklärt, wobei in der Weihe der Christ als führendes Glied der Kirche wirksam werden sollGemeinschaft
- …wie alle Sakramente durch die Passion Jesu Christi wirksam- …wie die Taufe auch vom Heiligen Geist her wirksamGottesbild
- …das Sakrament zum öffentlichen Bekenntnis des Namens Christi als Privatperson- …mit der spiritualis potentia per fortem confessionem verbundenGabe und Aufgabe
- …das Sakrament, das zur perfectio formalis führt: sie besiegelt ein tugendhaftes Leben- …wie alle Sakramente auf die Gottesverehrung und damit auf das Sakrament der Eucharistie hin bezogen- …wie jegliches rituelles Handeln in der Glaubensgemeinschaft vom Priestertum Jesu Christi her zu verstehenGlaubensleben
- …mit einer spiritualis potentia activa verbunden. Der Gefirmte ist ähnlich wie der Geweihte mit der Ausübung heiliger Handlungen betrautKommunikation
- …nur in Beziehung zu Taufe und Eucharistie zu verstehen. Gerade in der Hinordnung auf die Eucharistie wird die Verbindung mit Christus als der Quelle christlichen Lebens Grund gelegtPassageritual
- …im Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter zu spenden.Alter

      Die Firmung steht in Zusammenhang mit dem Handeln der Kirche und hat eine christologische wie auch eine pneumatologische Perspektive, nämlich das Wirken des Heiligen Geistes in den Sakramenten der christlichen Initiation. Die anthropologische Basis für die Taufe und die Firmung ist auf die Eucharistie und das Handeln Gottes am Menschen hin geordnet. Dieser Gedanke Thomas’ von der perfectio hat sicher auch heute noch seine Gültigkeit, vor allem dann,

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