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entsprechender Handlungen für die Gestaltung der kirchlichen Ausübung von Seelsorge, d. h. sowohl ihre Möglichkeiten aber auch Grenzen. Die Ortsbischöfe und ihre Vertreter sind vor die Frage gestellt, welche Handlungen sie im konkreten Einzelfall vollziehen können, dürfen oder sogar müssen. Diese Frage stellt sich jedoch nicht dem Moraltheologen oder dem Dogmatiker, die auf der Ebene der ethischen Beurteilung bzw. der Doktrin stehenbleiben und auf die nahezu abgeschlossene kirchliche Lehre über Euthanasie als in sich schlechte Handlung (intrinsece malum) und schweres Verbrechen gegen Gott und die Kirche sowie über andere medizinische Interventionen am Lebensende wie die verpflichtende Anwendung therapeutischer Maßnahmen und Schmerzmittelgabe mit in Kauf genommener Herbeiführung des Todes verweisen.12 Es ist der Seelsorger vor Ort, der – bestenfalls pastoraltheologisch, liturgiewissenschaftlich und kirchenrechtlich ausgebildet – über diese imaginäre Linie hinwegschreitet. Will er in der Ausübung seines Dienstes auf die ganz konkreten Anfragen und Wünsche des Verstorbenen und der Hinterbliebenen nach einem kirchlichen Begräbnis eingehen, muss er fragen, ob aus liturgisch-theologischer Sicht die Feier eines kirchlichen Begräbnisses angezeigt ist, inwieweit pastoralpraktische bzw. -psychische Gründe für die Feier eines solchen sprechen und welche kirchenrechtlichen Vorgaben für die Feier des kirchlichen Begräbnisses nach Vollzug von Sterbehilfe existieren. Stellvertretend für seinen Diözesanbischof als obersten Hirten in der Ortskirche, wird vom Seelsorger vor Ort nicht weniger gefordert, als die Entscheidung über die Feier eines kirchlichen Begräbnisses unter Einbezug der humanwissenschaftlichen Erkenntnisse über die psychischen Bedingtheiten von unheilbar kranken Menschen und vor dem Hintergrund der theologisch-ekklesiologischen Relevanz dieser Sakramentalie, der kirchlich-moraltheologischen Beurteilung entsprechender Handlungen sowie der Erkenntnisse der Interpretation des kirchlichen Rechts und in Wertung aller entsprechenden konkreten Umstände des sich ihm darbietenden Einzelfalles innerhalb der vorgesehenen Zeit zwischen Tod und Begräbnis zu treffen.

      Dass in solchen Fällen mitunter die von Kardinal Schönborn angesprochene Hilf- und Ratlosigkeit der Seelsorger und pastoralen Mitarbeiter13 über das richtige und der Situation angemessene pastorale Handeln auftreten und sich auch aufgrund medialer Verbreitung auf andere übertragen, soll an folgenden zwei Fallbeispielen veranschaulicht werden:

       Fallbeispiel Krijn (2002)

      Die 74-jährige niederländische Toos Krijn (1927-2002) entschied sich im Februar 2002 nach starken unerträglichen Schmerzen wegen einer langjährigen Multiple Sklerose-Erkrankung für die in den Niederlanden straffreie Lebensbeendigung durch bewusste Herbeiführung des Todes. Daraufhin wurden ihr in ihrer Pfarrei Herz Jesu (Eindhoven, Bistum ‘s-Herzogenbosch/Den Bosch), in der sie über mehrere Jahrzehnte sehr aktiv war und ehrenamtlich gewirkt hatte, sowohl durch den Pfarrer Bartholomé van Oudheusden als auch den Pfarrvikar Caspar Maria Rutz das kirchliche Begräbnis und die Feier eines Requiems verweigert, da ihre Handlung der Lehre der Kirche widersprochen habe.14 Diese Entscheidung ist beim Ehemann, den Angehörigen der Verstorbenen und den Gläubigen der Pfarrei sowie der gesamten Diözese auf Unverständnis gestoßen. Im Gegensatz zu den beiden bereits genannten Geistlichen erklärte sich der emeritierte Pastor C. Ruijs aus der Eindhovener Nachbarpfarrei St. Trudo bereit, das kirchliche Begräbnis zu feiern.15 Da der Fall von Toos Krijn fortwährend auch über die niederländischen Grenzen hinaus das Interesse der medialen Öffentlichkeit erregte, gab der damalige Diözesanbischof von ‘s-Hertogenbosch/Den Bosch Antoon Hurkmans eine Stellungnahme ab, in der er die Vorgehensweise der beiden Pfarreipriester billigte. Gleichzeitig betonte er, dass auch Pastor Ruijs nicht falsch gehandelt hätte.16 Bischof Hurkmans gab zwar an, dass die Kirche die Entscheidung jedes einzelnen für aktive Euthanasie respektiere, verlangte aber im Umkehrschluss ebenso, dass auch der Standpunkt der Kirche respektiert werde, demgemäß jede Zuwiderhandlung gegen die Unantastbarkeit des Leben zu verurteilen sei.17

      Die Unsicherheit im Umgang mit lebensbeendenden Handlungen zeigt sich im Fall Krijn sowohl auf der Pfarr- als auch Diözesanebene. Einerseits wurden nach Sichtung desselben Sachverhalts durch drei verschiedene Priester über Gewährung oder Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses gegensätzliche Entscheidungen getroffen, andererseits hätten nach Ansicht des Diözesanbischofs alle drei agierenden Priester nicht falsch gehandelt, sodass er ihnen wenigstens kein unrechtmäßiges und rechtswidriges Handeln attestierte.

      Während im Fall Krijn zumindest die vollzogene Handlung der bewusst herbeigeführten Lebensbeendigung klar ersichtlich war, sodass eher die pastorale Vorgehensweise der Seelsorger zur Disposition stand, verdeutlicht das nachfolgende Fallbeispiel aus der Diözese Rom aus dem Jahr 2006, welche Konsequenzen unterschiedliche Interpretationen von medizinischen Handlungen oder Unterlassungen am Lebensende nach sich ziehen können. Nachdem das Vikariat der Diözese Rom den Abbruch von künstlicher Beatmung und Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr als „Realeuthanasie“ interpretierte und die Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses verkündete, erhoben sich weltweit kritische Stimmen. Diese richteten sich zunächst gegen die Verweigerung des Begräbnisses, in einem nachfolgenden Schritt aber gegen deren Begründung, die in der fehlerhaften Interpretation der vollzogenen medizinischen Handlung durch die kirchliche Autorität ausgemacht wurde.18

       Fallbeispiel Welby (2006)

      Der Italiener Piergiorgio Welby (1945-2006) wendete sich im Dezember 2006 nach 40-jährigem Leiden an progressiver Muskeldystrophie (Muskelschwund) und nahezu vollständiger Lähmung an den damaligen italienischen Ministerpräsidenten Giorgio Napolitano und bat um die Abschaltung seiner lebenserhaltenden Beatmungsgeräte sowie die Einstellung der künstlichen Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr. Der daraufhin vollzogene Behandlungsabbruch führte dazu, dass Welby an den Symptomen seiner irreversiblen Krankheit starb. Diese Maßnahme aber, die in vielen westlichen Staaten als Ausdruck des persönlichen Selbstbestimmungsrechtes des Patienten akzeptiert und rechtlich legitimiert ist, wurde seitens des Vikariats von Rom als intendierte Herbeiführung des Todes interpretiert und ein kirchliches Begräbnis verweigert. Aufgrund der breitgefächerten Kritik an der kirchlichen Handlungsweise19 erklärte das Vikariat von Rom, dass Welby seinen Sterbewunsch bis zuletzt öffentlich und unmissverständlich wiederholt habe. Anders als bei Suizidanten, bei denen das Fehlen des vollen Bewusstseins und der bewussten Zustimmung präsumiert werden könne, habe sich Welby bewusst der kirchlichen Lehre widersetzt, worin die rechtliche Grundlage der Begräbnisverweigerung zu sehen sei.20 Der damalige Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz Kardinal Camillo Ruini verteidigte die kirchliche Interpretation der Handlung und die rechtmäßige Konsequenz der Begräbnisverweigerung, weil unter diesen Umständen „eine andere Entscheidung für die Kirche unmöglich und widersprüchlich gewesen [wäre], denn das hätte eine Haltung legitimiert, die gegen das Gesetz Gottes gerichtet ist“21.

      Das Vikariat von Rom wurde für seine Interpretation des Behandlungsabbruchs als bewusste und intendierte Herbeiführung des Todes stark kritisiert. Dieser sei keine „keine Euthanasie [gewesen], sondern eine Sterbebegleitung wie sie der Patient ausdrücklich gewollt hat.“22

      Die angeführten Fallbeispiele verdeutlichen die Komplexität und Brisanz, die der Forschungsfrage der vorliegenden Studie zu eigen sind. Noch bevor der Seelsorger sich die Frage nach der Möglichkeit der Feier oder Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses stellen kann, muss er den konkreten Sachverhalt und die vollzogene medizinische Handlung am Lebensende wahrnehmen und analysieren. Dies erfordert von ihm eine Bewertung der medizinischen Handlung in der Hermeneutik des lehramtlich-normativen Maßstabs, dessen Horizont von bewusster Herbeiführung des Todes durch eine Handlung oder Unterlassung bis hin zur zulässigen palliativmedizinischen Sterbebegleitung zur Vermeidung überstrapazierender Lebensverlängerung reicht. Erschwert wird dieses Unterfangen durch die kircheneigene Terminologie zur Unterscheidung und sittlichen Beurteilung der medizinischen Handlungen am Lebensende, die sich durch divergierende Differenzierungskriterien von der in Politik und Gesellschaft gebräuchlichen Terminologie absetzt.

      Bevor der Seelsorger also über den moralischen Gehalt einer medizinischen Handlung urteilen kann, muss er

      - die vollzogene medizinische Intervention am Lebensende eines schwerkranken Patienten nach staatlich-medizinischen Kategorien wahrnehmen,

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