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Die Eucharistie als Opfer der Kirche. Michael Hesse
Читать онлайн.Название Die Eucharistie als Opfer der Kirche
Год выпуска 0
isbn 9783429062125
Автор произведения Michael Hesse
Жанр Документальная литература
Серия Bonner dogmatische Studien
Издательство Bookwire
„Die Väter, auf deren Schriften Casel zurückgreift, verstehen unter Gnosis gottgeschenktes Wissen, das Inhalt des Glaubens ist. Mithin ist sie jedem Getauften grundsätzlich als lebenslange Aufgabe der Entfaltung, Vertiefung, Umsetzung im personalen Lebensvollzug gegeben. Gnosis entspricht angesichts der göttlichen Selbstoffenbarung in Christus dem prinzipiellen Ich-denke-etwas, das alle meine Vorstellungen begleiten können muss, der Kantischen Analyse … Gnosis meint … Innewerden als Bewusstwerden der umfänglichsten, keinen menschlichen Vollzug, mithin auch keine Wissenschaft ausschließenden Erhebung des relativen Ich zum absoluten Ich des Dreieinigen Gottes als participatio am innergöttlichen Liebesvollzug selbst … Im Unterschied zur Philosophie und Psychologie als Wissenschaften vom Menschen ist diese Gnosis vom endgültigen Heil in Christus jedem, auch den Kleinen und Geringen, sogar mit Vorzug den Armen im Geiste zugänglich. Voraussetzung ist nur das stete Hinschauen auf Christus … “252
Renate Winkelmann-Jahn führt uns hier mit ihrem Gedankengang nochmals zum eigentlich zentralsten Punkt Caselscher Theologie, nämlich der radikalen Christologie.
Diese radikale Christologie Casels, die zugleich ausgezeichnet ist durch die pneumatologische Rückbindung und die trinitarische Prägung. Der oft von Casel verwendetet Begriff „Pneuma“ erhält erst im Zusammenhang mit der Trinität seine Definition. Dieses Pneuma setzt Casel mit dem göttlichen Wesen, dem (inner-)göttlichen Leben, gleich, ja mit der einen dreipersönlichen Substanz Gottes. Im Pneuma offenbart sich das in sich selbst plurale göttliche Wesen als eins.253
M.J. Krahe schreibt in diesem Zusammenhang zu Casels Studien:
„Wer Pneuma sagt, sofern es sich auf Gott und seine innerste Lebensfülle bezieht, der rührt an Gottes tiefstes, verborgenes Wesen, das sich sowohl als schöpferische unendliche Kraft und Macht offenbart, als auch als unendliche dreipersönliche Liebesfülle … Der anscheinend ungenaue Wortgebrauch von Pneuma – schon im Hinblick auf den innertrinitarischen Bereich – dürfte daher bei Casel darauf verweisen, dass Gottes Sein zugleich sein Wirken ist … Dreifaltiges, in der Liebe sich verschenkendes Leben ist sein Sein … Pneuma Gottes und Heiliger Geist im Sinne der dritten Person der Trinität dürfen nach Casel … nicht allzu sehr voneinander geschieden werden.“254
In Casels Theologie ist Pneumatologie und Christologie nie voneinander abzugrenzen. Der zentrale Satz für das Verhältnis von Pneuma und Christus entnimmt Casel dazu dem zweiten Korintherbrief 3,17 und fügt damit der exegetischen Vielfalt zum paulinischen Satz „Der Herr ist zum Geist geworden“ seine eigene Auslegung hinzu. Diese zielt auf die Mysteriengegenwart Christi in den Kultmysterien der Kirche ab, insbesondere in dem der Eucharistie und zeichnet so eine Christologie „von oben“, was der radikalen Christozentrik einen weiteren Argumentationsrahmen bietet. Der für Casel zum Kernsatz gewordene Hinweis des zweiten Korintherbriefes bietet ihm die Grundlage dafür, um zwischen dem Christus des Glaubens und dem Christus der Geschichte die Brücke zu bauen und den soteriologischen Aspekt einzuschließen. Dennoch gerät dies in eine zweifache Schieflage. Zum einen erhält der Christus aeternus eine große Betonung und zum anderen wird der historische Jesus nur gemäß seiner Heilsbedeutung betrachtet.255
Wir sind hier nun auf der nächsten thematischen Stufe der Theologie Casels angelangt. Unter den Stichwörtern: Mysteriengegenwart Christi und Kultmysterien der Kirche müssen wir uns eingehender mit der analogen Herleitung des christlichen Mysteriums aus den antiken Mysterienkulten durch Casel befassen.
4.3 Casel und die Mysterienreligionen
Oftmals sind die Untersuchungen Casels zu den hellenistischen Mysterienreligionen, weil eine Grundlage seiner Theologie, zugleich einer der Hauptkritikpunkte seiner Gegner. Schilson zeigt, dass diese Kritik jedoch unberechtigt ist, da die hellenistischen Mysterienreligionen gar nicht den so hoch angesetzten Stellenwert besitzen.256 Im Verlauf seiner Forschung gelangt Casel vielmehr zu einer Auffassung der Mysterienanalogie zwischen Mithraskult und christlichem Kult.257 Es geht ihm allein um die Analogiestruktur, nicht um deren Abhängigkeit. Casel tut es den Kirchenvätern gleich und verschweigt nicht die Irrwege der heidnischen Kulte, z.B. den zentralen Unterschied, dass es im christlich-sakramentalen Bereich keine Verschmelzung des Kultgottes mit den Feiernden gibt, wie das heidnische Kulte ausdrücken. Den christlichen Gottesdienst versteht er daher als Veredelung der antiken Geisteshaltung.258 Der Hellenismus ist ihm deswegen so bedeutsam, weil er nur darin ein Verständnis vom Mysterium zu finden meint, das für das Christentum fruchtbar gemacht werden soll.259
So unterscheidet Casel drei antike Mysterientypen: In der Regel ist der Mythos Epiphanie eines Gottes auf Erden, der im Ritus nachgelebt wird. Der zweite Typus umfasst die kosmischen Mythen. Der dritte Typ vereinigt die beiden vorgenannten Typen. Casel sieht dabei die Grenzen der Analogie zum christlichen Mysterium und weist zugleich auf die Unterschiede der Kultformen hin.260 Hinter der Heranziehung der heidnischen Mysterienreligionen steht eine anthropologisch-pädagogische Absicht Casels, die Schilson so umschreibt:
„Die hier behauptete Analogie steht vorzüglich im Dienst eines anthropologischen, fast möchte man sagen liturgiepädagogischen bzw. pastoralen Interesses. Durch den entschlossenen Rückgriff auf die hellenistischen Vorformen und Ähnlichkeiten der christlichen Mysterien will Casel die Verkrustungen des scholastischen Sakramentenverständnisses aufbrechen und zu einer integralen Sicht zurückführen.“261
Die patristischen Schriftsteller sind für Casel die Wegweiser, um die Analogien erkennen zu können. Dabei taucht ein neues Problem auf, das sich auf die verwendeten Termini bezieht, d.h. wie diese von den Kirchenvätern angewendet werden. Deren philologische Verstehensweise ist nicht eindeutig festzumachen. Heute geht man von einer Überbewertung der heidnischen Mysterien durch Casel aus. Am Lebensende hat er sich zurückhaltender und differenzierter zu diesem Fundament seiner Denkform geäußert.262
A. Schilson zeigt, dass es der Gedächtnischarakter in den vorchristlichen Kulten ist, der Casel so fasziniert. Ein symbolischer Ritus versetzt vergangene Ereignisse wieder in die Gegenwart hinein. Damit wird dem subjektiven Erinnern die objektive Form vorgegeben. Das hellenistische Prinzip versucht Casel als Grundlage für das Christentum zu transformieren. So gelangt er zu seinem Ansatz, das Kultgedächtnis als die Form zu begreifen, durch die Gegenwart über Raum und Zeit hinweg geschaffen wird. Ein zweiter Aspekt ist die Möglichkeit der aktiven Teilnahme, die dem Mysterium innewohnt. Damit setzt Casel das Mysterium als die Bedingung der Möglichkeit für das Mithandeln mit Gott an der Heilsstiftung für den Menschen. Letztlich findet er im heidnischen Mysterium ein Gott-Welt-Verhältnis,