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Auswanderer schossen noch einmal, dann rief Alois Stone: „Die haben genug!“

      Eine Weile geschah nichts. Nur der Boden dröhnte unter den Hufen der Rinder, der Pferde und der vier Ziegen, die allerdings an den Wagen festgebunden waren. Stones Schäferhunde liefen ein Stück auf die Staubwolke zu, hielten aber dann doch in achtbarer Entfernung an und kläfften.

      Ted Catto machte sein Pferd los und schwang sich in den Sattel. Das Gewehr in der Armbeuge ritt er langsam zurück, den Blick wachsam auf den treibenden Staub gerichtet. Er erreichte die ersten toten Pferde, die mit ausgestreckten Beinen starr im Büffelgras lagen, und er sah die toten Indianer, vermutlich Cheyennes, aber das wusste er nicht genau. Einer der Indianer sprang jäh in die Höhe und schwang eine Streitaxt über den Kopf. Er schrie dazu etwas, was Ted nicht verstand.

      Bevor der Indianer die Axt werfen konnte, war Teds Gewehr herumgezuckt und entlud sich mit einem scharfen Knall.

      Der Indianer zuckte zusammen, machte noch einen taumelnden Schritt, verlor die Axt und stürzte auf den Boden.

      „Narr“, knurrte Catto. Er ritt weiter in den treibenden Staub hinein.

      Überall lagen die Toten und die erschossenen Pferde. Es mussten gut ein Dutzend Indianer sein, die hier den Tod gefunden hatten. Und fast noch einmal so viele Pferde.

      Ein Indianer bewegte sich noch auf dem Boden und stöhnte, als Ted Catto bei ihm anhielt. Der Indianer lag mit dem Gesicht nach unten im Sand, zog die Beine an und streckte sie wieder aus.

      Ted schob das Gewehr in den Sattelschuh, stieg ab und half dem Indianer, auf die Beine. Es war ein kleiner leichter Bursche. Höchstens sechzehn Jahre alt, wie Catto schätzte. Er war am Kopf verletzt und hatte ein Loch in der Brust, aus dem in gleichmäßigen Abständen Blut pulste. Als Ted den Indianer losließ, taumelte er und fiel wieder in den Sand.

      Hufschlag drang an Cattos Ohren. Er schaute zurück und sah den stämmigen Alois Stone und zwei weitere Auswanderer aus dem Staub auftauchen. Die Männer hatten Pferde gesattelt, ihre Schlapphüte tief in die Stirn gezogen und die Gewehre in den Händen. Sie wirkten finster, drohend beinahe, und als sie sahen, dass sich der Indianer noch bewegte, hielten sie an und spannten die außenliegenden Hämmer ihrer mörderischen Gewehre.

      „Er ist verletzt“, sagte Ted. „Ziemlich schwer.“

      Alois Stone ließ sein Gewehr sinken. Der Mann neben ihm sagte: „Nur tote Indianer sind gute Indianer.“

      „Von uns ist noch nicht mal einer ernstlich verletzt worden“, erwiderte Alois Stone.

      „Trotzdem!“ Der andere Mann legte das Gewehr an und zielte auf den Indianer.

      Ted brauchte nur einen Schritt vorwärts zu machen. Dann stand er zwischen dem Reiter und dem Verletzten, der wieder stöhnte.

      Der Auswanderer ließ die Mündung ein wenig sinken.

      „Wir werden ihn verbinden“, sagte Ted. „Dann muss er zusehen, ob er es bis zu seinen Leuten schafft oder nicht. Vielleicht kommen sie auch zurück.“ Alois Stone stieg ab und kramte in seiner Satteltasche. Der stämmige Mann war der Anführer der Auswanderer, denen Ted sich als eine Art Scout angeschlossen hatte. Stone war achtundvierzig. Er hatte ein raues Gesicht, kurz geschnittenes Haar. Stone war rasiert, trug ausgebeulte Hosen und eine derbe Jacke über einem verwaschenen Hemd. Er hatte einen Revolver hinter dem Hosenbund und ein Messer im Schaft seiner langen Stiefel.

      „Vielleicht merken die anderen, dass wir keine bösen Absichten haben, wenn wir einen Verletzten nicht umbringen“, sagte der dritte Mann.

      Eben!“ Stone hatte eine Binde gefunden und kam damit auf Catto zu.

      „Verrückt ist es!“, zischte der Mann mit dem noch immer halb angeschlagenen Gewehr. „Wenn er wieder gesund ist, fällt er über uns oder über die nächsten Weißen her.“

      Ted und Stone gingen zu dem Verletzten. Ted richtete ihn auf, und der Auswanderer begann den Indianer zu verbinden. In den Augen des jungen Burschen blitzten Hass und Angst. Und er schien nicht zu begreifen, was vor sich ging.

      „Die schonen keinen, der ihnen in die Finger fällt!“, knurrte der Auswanderer mit dem halb erhobenen Gewehr. „Da wette ich, Catto!“

      Alois Stone verband den Indianer.

      Die kläffenden Hunde tauchten auf und beschnupperten die Toten.

      Als Stone den Verletzten verbunden hatte, ließ Ted ihn los und richtete sich auf. „So, nun sieh zu, dass du deine Leute findest“, sagte er. „Und versuch ihnen zu erklären, dass wir nichts von euch wollen. Weder von euch, noch von eurem Land. — Wir fahren hier nur durch!“

      „Wenn Sie denken, der hätte auch nur ein Wort verstanden, dann sind Sie gewaltig auf dem Holzweg!“ Stone wandte sich ab, ging zu seinem Pferd, schloss die Satteltasche und stieg auf.

      Der Indianer blieb sitzen.

      Ted ging ebenfalls zu seinem Pferd zurück und schwang sich in den Sattel.

      „Steck dein Gewehr endlich ein, Mark!“, schimpfte Stone.

      Die beiden Schäferhunde näherten sich nun dem Verletzten, der wegkroch.

      „Thorn, Harras, zurück!“, kommandierte Stone barsch.

      Knurrend gehorchten die beiden Hunde.

      Ted wendete sein Tier und ritt zurück, vorbei an den Leichen und den Kadavern.

      „Wir sammeln die Gewehre ein“, sagte Stone.

      Vor Ted wurde der Staub durchsichtiger. Er sah die siebzehn Planwagen, die in breiter Kette in dem sich endlos erstreckenden Grasland standen. Hell leuchteten die Planen in der Sonne. Die Rinder und die Pferde der Siedler hatten sich weit verstreut. Auf einem gesattelten Pferd kam Ted ein blondes Mädchen entgegen, das ihn aus graublauen Augen anstrahlte, als es das Pferd parierte.

      Petra Wanner war zwanzig Jahre alt, hatte ein schmales Gesicht, perlweiße Zähne, und die Lebenslust in ihr war manchmal am Überkochen, wie Ted in den zehn Tagen, die er nun mit dem Treck unterwegs war, gemerkt hatte.

      Das Mädchen lachte, als es das Pferd zügelte. Ted lächelte Petra zu.

      „Na, ist alles in Ordnung?“, fragte er, nur um etwas zu sagen.

      „Ja, natürlich. Hookers Frau hat furchtbar geschrien. Ihr Arm hat geblutet. Aber der Barbier sagt, es würde sich noch nicht mal lohnen, den Arm zu verbinden.“ Petra Wanner lachte schallend, schaute dann an Ted vorbei und fragte: „Wo sind mein Vater und die anderen?“

      „Die sammeln noch die Kriegsbeute ein“, sagte Ted und ritt an dem Mädchen vorbei.

      Petra zog ihr Pferd herum und kam wieder an seine Seite. „Was werden Sie machen, wenn wir in Oregon sind, Ted?“

      „Das weiß ich noch nicht.“

      „Kehren Sie dann in Ihren Saloon nach Missouri Valley zurück? Zu Ihrer Freundin Dana?“

      Ted zügelte sein Pferd. Er war ein großer, sehniger Mann, hatte ein schmales Gesicht und dunkle Augen, und unter seinem Hut quollen braune Haare hervor. Ted trug noch die gestreifte Röhrenhose, die Texasstiefel und die doppelreihige schwarze Spielerjacke, aber alles war vom Trail schon ziemlich mitgenommen. Er war dreißig, zehn Jahre älter als das Mädchen.

      „Warum sagen Sie nichts, Ted?“, fragte das Mädchen. „Natürlich kehren Sie zu Ihrem Saloon zurück, nicht wahr?“

      Ted zuckte die Schultern. „Ich weiß noch nicht, was ich mache“, erklärte er ausweichend.

      Das Mädchen strahlte.

      Ted schnalzte mit der Zunge und ritt weiter auf die Wagen zu. Er sah Olga Wanner, Petras Mutter, die hinten aus ihrem Planwagen blickte und ihn böse anfunkelte. Ted ritt nach rechts. Das Mädchen blieb neben ihm.

      „Petra, komm sofort hierher!“, keifte die Frau, strich das strähnige Haar aus dem Gesicht und machte noch ein paar hässliche Bemerkungen, die Ted nicht verstand.

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