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Eigene Tore werden bejubelt, Gegentore erschreckt und stumm ertragen. Das geschieht, ohne dass die Fans sich vorher darauf einigen müssten. Die Kommunikation erzeugt im Laufe der Zeit aus den verschiedenen Erwartungen der Teilnehmer eine gemeinsame
Kultur. Sie wirkt dann wie ein Kraftfeld, in dem alle verschieden denken und verschieden handeln. Kultur normiert nicht, aber sie stiftet einen gemeinsamen
Stil, auf den sich dann alle verlassen.

      Auch in einem Konzertsaal oder auf einer Trauerfeier bilden sich Systeme, aber mit anderer Kultur und anderem Stil. Keiner muss sich fügen, aber jede Rebellion hat erwartbare, meist unangenehme Konsequenzen.

      Sie sehen: Die Kommunikation macht das System, das dann Umgebung für Menschen ist. Die Einzelnen sind austauschbar.

      Wer diesem Gedanken folgt, braucht sich nicht mehr zu wundern, warum sich kaum etwas ändert, wenn Personen, auch Vorstände, ausgetauscht werden. Auch die Neuen können sich nur zur gegebenen Kultur verhalten - konform oder als Rebell. Wer übertreibt, wird vom

Immunsystem der Kultur kommentarlos „ausgeschwitzt“.

      Die neue

Dynamik setzt konventionelle Unternehmen unter Druck. Sie werden hilflos und überleben nur durch das Notprogramm ihrer
Hinterbühne. Deren Gründe sind nicht durchschaubar und erscheinen daher als Unsinn.

      Wenn allerdings die Vernunft im Unsinn sichtbar gemacht werden kann, dann kann aus dieser Notlösung dynamikrobuste Organisation entwickelt werden. Denn die Hinterbühne enthält bereits alle notwendigen Elemente.

      Deshalb nutzen Höchstleister ihre Hinterbühne als wichtiges Führungswerkzeug. Über das Instrument der Kulturbeobachtung ist sie ein wichtiger Sensor bei unternehmerischer Entscheidung.

      Die Studie „Vom Wissen zum Können“1 hat ergeben, dass die Leistungen der

Höchstleister weniger auf ihrem
Wissen beruhen, sondern vor allem auf dem
Können ihrer Mitarbeiter. Können ist das, was verschwindet, wenn erfahrene Mitarbeiter gehen. Wissen ist das, was sie dalassen können, wenn sie wollen. Wissen kann man kaufen und stehlen, mit dem Computer speichern und verarbeiten. Mit Können geht das nicht. Der Grund: Wissen ist ein Merkmal des Verstandes. Ein anderer kann es verstehen und übernehmen. Es ist übertragbar. Können ist ein Merkmal der
Gefühle. Wie diese „klebt“ Können am Könner.

      Es war eine der Stärken

tayloristischer Organisation, dass Können dort keine Rolle spielte, zumindest in der
Wertschöpfung nicht. Deshalb dominiert immer noch die Meinung, mit Wissen sei alles Nötige benannt; es gehe nur darum, Wissen zu erzeugen, zu dokumentieren, zu erwerben und zu verbreiten - kurz, Wissen zu managen. Wer mit der Zeit geht, hat einen Wissensmanager, ein Wissensmanagement-System oder gar ein Verfahren zur Messung des angehäuften Wissenskapitals.

      Der in

dynamischer Umgebung entscheidende Bereich des Könnens bleibt immer noch ausgeblendet. Den meisten
Unternehmen fehlt es aber nicht an Wissen, sondern an Können. Deshalb enden
Projekte zum Wissensmanagement oft in teuren
Havarien. Hier wird erklärt, warum.

      Wer Wissen hat, so kann man in Schule und Seminar hören, weiß Bescheid. Eine Landkarte, der Satz des Pythagoras oder ein Kochrezept sind Elemente von

Wissen. Tatsächlich ist Wissen aber nie unbestreitbar gegeben. Seine Verbindlichkeit entsteht nur dadurch, dass niemand widerspricht. Wissen wird durch
Kommunikation erzeugt oder bestritten oder genauer: „konstruiert“. Schon der Wortsinn des deutschen Begriffs „Tatsache“ und des englischen „fact“ (von lat. facere - machen, tun) erinnert daran. Und weil es durch Kommunikation gemacht ist, reicht es auch nicht weiter als diese. Jenseits dieser kommunikativen
Reichweite muss mit Widerspruch gerechnet werden. Dann wird aus Wissen eine
Meinung unter vielen.

      Das ist nicht nur in der

Wirtschaft so. Auch für Teilchenphysiker, Ärzte oder Nationalökonomen ist die kommunikative Reichweite beschränkt. Auch sie können sich nicht alle einigen, was als gesichertes Wissen gelten darf. Wissen ist nur innerhalb seiner kommunikativen Reichweite als Wissen übertragbar. Das ist nicht immer einfach, aber mit etwas Fleiß und Disziplin immer möglich. Dafür gibt es Schulen, Seminare oder Bücher. Der wissende Lehrer erklärt dem unwissenden Schüler, was der Fall ist. Dann weiß es auch der Schüler. Damit der Schüler aus dem Wissen des Lehrers keine Meinung macht, braucht der Lehrer Autorität oder besser
Macht. Sie sehen: Wissen braucht Gefolgschaft dringender, als gute Argumente.

      Können ist die Fähigkeit einer Person, problemlösende

Gefühle zu erzeugen. Ein Radfahrer kippt nicht um, weil sein Körper ständig die Gefühle erzeugt, mit denen er sich „richtig“ verhalten kann. Der Verstand kann das
Verhalten beobachten, aber nicht verstehen. Wenn ein passendes
Talent vorhanden ist, entsteht Können durch Üben.

      Der Könner kann sein Können nicht auf einen anderen übertragen. Wer es auch können will, muss schon selber üben, und weil er ein anderer ist, wird er dabei auf andere Schwierigkeiten stoßen als sein Vorbild.

      Die Grundlage von Können ist Talent. Es gibt häufige Talente und seltene. Radfahren kann irgendwann fast jeder. Aber sechs Bälle gleichzeitig jonglieren, ein

Team an seine Leistungsgrenze führen oder Industrieanlagen verkaufen, das können nur wenige.

      Alle Menschen haben Talente, aber nicht alle die gleichen. Die meisten Talente einer Person werden nie herausgefordert und bleiben verborgen. Wenn Talente benötigt werden, sind Menschen nicht austauschbar. Wenn ein Talent geht, auf dessen Können es ankam, kann man es nicht einfach ersetzen. Dann muss die Arbeit anders gemacht werden. In traditionellen Скачать книгу