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des sogenannten Taylorismus zu bearbeiten. Fast die gesamte Betriebswirtschaftslehre ruht auf diesem Fundament. Diese Denktradition entstand, als die
Märkte noch weit und träge waren. Für enge und dynamische Märkte ist die gesteuerte Organisation des Taylorismus keine Lösung, sondern das Problem.

      Hohe

Dynamik heißt nicht nur schneller und billiger. Damit hätte die Betriebswirtschaftslehre wenig Mühe. Sie hat sehr wirksame Methoden entwickelt, genau dies zu erreichen. Ihre Achillesferse ist der Umgang mit Überraschungen. Die Zukunft ist so überraschungsreich geworden, dass ihre Vorwegnahme für Zwecke der Unternehmenssteuerung nicht mehr in ausreichender Qualität gelingt. So stehen Planung, Budgetierung und Anreizsysteme - die das Rückgrat des Taylorismus bilden - nur im Weg. Derart ihrer Orientierung beraubt, erzeugt die Steuerung statt wertschöpfender Ausrichtung mehr und mehr wertverbrauchenden Unsinn. Irgendwann ist die Ertragslage so schlecht, dass als letzte Rettung nur noch radikale Sparmaßnahmen und Massenentlassungen in Betracht kommen.

      Das erinnert an die vorwissenschaftliche Medizin des Mittelalters, die mit „Schröpfen“, „Aderlass“ und vor allem mit dem Glauben auskommen musste.

      Das Vorbild der Höchstleister kann nur als Provokation für das eigene Denken benutzt werden. Kopieren geht nicht. Damit die Provokation nützlich wird, müssen nicht nur Unterschiede, sondern auch deren Hintergrund verstanden sein. Das verstehen wir als moderne Beratung: Voraussetzungen schaffen, damit die Höchstleister zum Vorbild genommen werden können.

      Im Kontext hoher

Dynamik sind Handlungsempfehlungen alter Schule nur noch albern. Beratung muss heute das liefern, was ein Unternehmen nur schwer selbst herstellen kann: Werkzeuge für problemlösendes Denken. Deshalb haben wir versucht, die „Denkwerkzeuge“ zu entwickeln, mit denen man dynamikrobuste Höchstleister verstehen kann. Die Basis dieser Werkzeuge sind begriffliche Unterscheidungen. Im Folgenden beschreiben wir als erstes Beispiel die Unterscheidung lebendig und tot. Beachten Sie dabei, dass wir in unseren Grafiken Lebendiges stets rot und Totes stets blau darstellen.

      Es ist banal, aber zum Einstieg wichtig: Wir unterscheiden, um Zusammenhänge zu beschreiben. Wo man keinen Unterschied bemerkt, sieht man auch keinen Zusammenhang. Sie werden merken: Unterscheidungen sind nicht objektiv gegeben. Sie werden vom Beobachter gewählt und machen, je nach Wahl, andere Zusammenhänge sichtbar. Weil wir uns für neue Zusammenhänge interessieren, müssen wir neue Unterscheidungen machen.

      Für dynamikrobuste Höchstleistung ist die wichtigste Unterscheidung: „lebendig und tot“ beziehungsweise rot und blau. Mit Rot bezeichnen wir den lebendigen, dynamikrobusten Anteil einer Unternehmensfunktion, mit Blau den jeweils formalen und toten. Rote Funktionen können nur von Menschen erfüllt werden, blaue auch von Maschinen. Bei tayloristischer Massenfertigung bestimmt das Blaue die Konkurrenzkraft, bei dynamikrobuster Wertschöpfung das Rote.1

      Weil als Nächstes ein Denkzettel folgt, bietet es sich hier an, ihren Gebrauch zu erklären. Die Unterscheidung zwischen Rot und Blau führt zu einer weiteren: der Unterscheidung zwischen Dynamik und Chaos. Beides ist eine Form von Durcheinander, das zunächst gleich aussieht. Wer die Unterscheidung zwischen rot und blau benutzt, kann sehen, dass das Durcheinander aus sehr unterschiedlichen Gründen entsteht: einmal, weil Wissen fehlt, und einmal, weil Ideen lästig werden. Damit diese ungewohnte Unterscheidung im Denken präsent bleibt, kann man beim Probleme lösen gelegentlich auf diesen Denkzettel schauen.

      Denkzettel 1: Chaos und Dynamik - die Unterscheidung von Blau und Rot

      Die Organisation eines Unternehmens hat den Zweck, Probleme zu lösen. Probleme sind nicht ignorierbare Ereignisse. Sie haben verschiedene Ursachen und verschiedenen Charakter.

      Der erste Problemtyp entsteht durch Unwissenheit. Wer die Betriebsanleitung einer Maschine nicht kennt, wird überrascht. Das lässt sich durch Lernen oder Zukauf von Wissen vermeiden.

      Der zweite Problemtyp entsteht durch Ideen, meist Ideen eines Konkurrenten. Wissen nutzt da wenig. Das einzige, was jetzt hilft, sind eigene Ideen. Die erhält man nur von Menschen, die in solchen Situationen kreativ werden und so Dynamik bewältigen können. Wir nennen sie Talente.

      Im ersten Fall steht also die Frage „Wie geht es?“ im Vordergrund, im zweiten die Frage „Wer kann es schaffen?“

      Chaos entsteht durch Mangel an Wissen, Dynamik durch Ideen - ein wichtiger Unterschied.

      Aus Gewohnheit versuchen die meisten Unternehmen, beiden Typen von Überraschung durch Wissen zu begegnen. Weil bei Dynamikproblemen die Wirkung ausbleibt, wird immer mehr Wissen produziert. Resultat sind geschwollene, entzündete Prozesse ohne Chance, mit dynamischen Störungen fertig zu werden. Das nennen wir eine

Havarie.

      Höchstleister schützen ihre blauen Prozesse vor roter Dynamik, indem sie Talente in ihre Abläufe integrieren. Das macht sie schlank und dynamikrobust.

4 Taylorismus - Aufstieg und Fall einer genialen Idee

      Die Ursachen der charakteristischen Merkmale moderner, dynamikrobuster

Höchstleistung sind Veränderungen in der Marktumgebung von
Unternehmen. Dazu müssen wir zunächst auf ihren historischen Vorläufer, den Taylorismus, eingehen. Der aus einer Quäkerfamilie stammende amerikanische Ingenieur Frederick Winslow Taylor (1856 - 1915) gilt als Begründer der modernen Arbeitswissenschaft und als Schöpfer eines der erfolgreichsten Konzepte industrieller Fertigung, des sogenannten
Taylorismus.

      Zu Taylors Zeiten war der vorherrschende Organisationstyp für Produktionsunternehmen die Manufaktur: In ihr arbeiteten qualifizierte Handwerksmeister mit ihren Gesellen, eigenen

Methoden und Werkzeugen. Die Manufaktur war ein Organisationstyp, der durch seine hohe
Komplexität an lokal begrenzte dynamische
Märkte gut angepasst war. Wie heute erforderten diese Märkte hohe Flexibilität der konkurrierenden Unternehmen. Billige Massenproduktion für große Märkte war noch kein Thema. Der Transport über große Entfernungen war noch zu teuer.

      Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das anders. Durch billige Transportmöglichkeiten wie Eisenbahn und Dampfschiff entstanden große, träge Märkte. Sie saugten die billigen Massengüter auf wie der Wüstenboden die Regentropfen. Für diese neuen Märkte war die Manufaktur unnötig komplex, also den damals neuen Taylor-Strukturen unterlegen. Taylor präsentierte ein Konzept, das den Horizont der üblichen technologisch basierten Strategien zur Produktivitätssteigerung sprengte. Seine Idee war, das Können der Meister in der Manufaktur durch wissenschaftlich erworbenes Wissen der Ingenieure zu ersetzen. Im Bereich der Organisation von Arbeit war das eine epochemachende Innovation. Er nannte fünf Schritte für seine Vorgehensweise:

      1 Auswahl weniger

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