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einhergehenden »heiligen Krankheit«, der Epilepsie, führen sollte. Der Darmwind ist von Flatologen inzwischen hinreichend erforscht. So wissen die Nachfolger des Hippokrates exakt zu sagen, in welchen Regionen des Darmes er entsteht: in der rechten (aufsteigenden) Seite des Dickdarms durch Gärung des Verdauungsbreis und in der linken (absteigenden) durch Fäulnis. Die sich dabei bildenden Wasserstoff- und Kohlendioxidgase treffen auf Sauerstoff- und Stickstoffgase, die durch das Essen oder Trinken begleitende Luftschlucken über den Magen in den Verdauungstrakt gelangt sind. Zwar gleicht kein Flatus dem anderen, aber rein statistisch besteht er aus sechzig Prozent Stickstoff, zwanzig Prozent Wasserstoff, fünfzehn Prozent Kohlendioxid und fünf Prozent Sauerstoff. Noch besser: Wissenschaftlich erwiesen ist, dass rund 99 Prozent dieser entweichenden Gase erstaunlicherweise anaromatisch sind, also geruchsfrei. Präziser: Nur ein Prozent der Fürze haben die fatale Neigung, wie stark auch immer übelriechend aus dem Rektum zu entweichen – übrigens mit Geschwindigkeiten zwischen 0,1 und 1,1 Meter pro Sekunde. Warum sie Gestank verbreiten, ist längst kein Rätsel mehr. Vor allem irreguläre Verdauungsprozesse sorgen für die Bildung flüchtiger Eiweißabbauprodukte wie Indol, Skatol und vor allem Schwefelwasserstoff, die genau die Bestandteile des Flatus bilden, die fachlich als »fötid« bezeichnet werden. Bei darmgesunden Menschen machen diese olfaktorisch intensiven Spurengase freilich nur ein Prozent der intestinalen Gasproduktion aus.

      Erforscht ist nicht zuletzt, wie viele Fürze ein gesunder Mensch im statistischen Tagesmittel fahren lässt. Rund fünfzehn, wenn die Wissenschaftler nicht irren. Dabei variiert das abgegebene Gasvolumen individuell und je nach Beschaffenheit der von der Verdauung erfassten Nahrungsmasse; es beträgt zwischen 0,2 und gut zwei Litern täglich und wird in Ausstößen von durchschnittlich vierzig Millilitern entlassen.39

      In einem wohl allseits bekannten, schlicht gereimten Gedicht wird eine bemerkenswerte These laut: Salomon der Weise spricht: / ​Laute Fürze stinken nicht, / ​aber die so leise zischen / ​und so still dem Arsch entwischen,/​Mensch, vor denen hüte Dich, / ​denn die stinken fürchterlich. Leise Fürze stinken mehr als laute? Einmal abgesehen vom zweifelhaften Wahrheitsgehalt dieser Aussage gibt es bereits in dem wichtigsten Prosawerk der deutschen Barockliteratur eine wunderbare Auseinandersetzung mit dieser duftenden Sache. Der 1668 erschienene Abentheurliche Simplicissimus Teutsch von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1625 – 1676) spielt zur Zeit des für die Bevölkerung so fürchterlichen wie traumatisierenden Dreißigjährigen Krieges, der 1648 ein Ende gefunden hatte. Held des laut Titelblatt »überauß lustig und männiglich nutzlich« zu lesenden Romans ist der »seltsame« Vagant Simplicius, der bei einem Einsiedler aufgewachsen und im Jahr 1635 in der Gegend von Hanau festgenommen wird. Er wird von dem ihm gewogenen Gouverneur Ramsay als Page eingesetzt und von dessen Sekretär beschult. Am Ende des 27. Kapitels gerät Simplicus während einer Debatte mit dem Lehrer in eine Verlegenheit, die im 28. mit dem Erlernen einer »andere zierliche Kunst« einen versöhnlichen Abschluss findet. Wohlan:

      »Der Secretarius mußte meiner lachen, und nahm die Mühe, mir eines und des andern Titel und alle Wort insonderheit auszulegen, ich aber beharrete darauf, daß die Titel nicht recht geben würden, es wäre einem viel rühmlicher, wenn er Freundlich tituliert würde, als Gestreng […]; das Wort Wohlgeborn sei eine ganze Unwahrheit, solches würde eines jeden Barons Mutter bezeugen, wenn man sie fraget’, wie es ihr bei ihres Sohns Geburt ergangen wäre? Indem ich nun dieses also belachte, entrann mir ohnversehens ein solcher grausamer Leibsdunst, daß beides ich und der Secretarius darüber erschraken; dieser meldet’ sich augenblicklich sowohl in unsern Nasen als in der ganzen Schreibstuben so kräftig an, gleichsam als wenn man ihn zuvor nicht genug gehöret hätte. ›Troll dich du Sau‹, sagt‹ der Secretarius zu mir, ›zu andern Säuen in Stall, mit denen du Rülp besser zustimmen, als mit ehrlichen Leuten konversieren kannst!‹ Er mußte aber sowohl als ich den Ort räumen, und dem greulichen Gestank den Platz allein lassen. Und also habe ich meinen guten Handel, den ich in der Schreibstub hatte, dem gemeinen Sprichwort nach auf einmal verkerbt.

      Ich kam aber sehr unschuldig in dies Unglück, denn die ungewöhnlichen Speisen und Arzneien, die man mir täglich gab, meinen zusammengeschrumpelten Magen und eingeschnorrtes Gedärm wieder zurechtzubringen, erregten in meinem Bauch viel gewaltige Wetter und starke Sturmwind, welche mich trefflich quälten, wenn sie ihren ungestümen Ausbruch suchten; und demnach ich mir nicht einbildete, daß es übel getan sei, wenn man dies Orts der Natur willfahre, maßen einer solchen innerlichen Gewalt in die Läng zu widerstehen […], ließ ich ihnen Luft, und alles passiern, was nur fort wollte, bis ich erzähltermaßen mein Kredit beim Secretario verloren […].

      Mein Herr hatte einen […] Pagen neben mir, welcher schon ein paar Jahr bei ihm gewesen, demselben schenkt ich mein Herz, weil er mit mir gleichen Alters war […]. Einsmals schwätzten wir im Bett lang miteinander, ehe wir entschliefen, und indem wir vom Wahrsagen redeten, versprach er mich solches auch umsonst zu lehren; hieß mich darauf den Kopf unter die Decke tun, denn er überredet’ mich, auf solche Weis müßte er mir die Kunst beibringen. Ich gehorchte fleißig, und gab auf die Ankunft des Wahrsager-Geistes genaue Achtung, potz Glück! derselbe nahm seinen Einzug in meiner Nasen, und zwar so stark, daß ich den ganzen Kopf wieder unter der Decken hervortun mußte. ›Was ists?‹ sagt’ mein Lehrmeister. Ich antwortet’: ›Du hast einen streichen lassen‹; ›Und du‹, antwortet’ er, ›hast wahrgesagt, und kannst also die Kunst am besten.‹ Dieses empfand ich für keinen Schimpf, denn ich hatte damals noch keine Gall, sondern begehrte allein von ihm zu wissen, durch was für einen Vorteil man diesen Kerl so stillschweigend abschaffen könnte? Mein Kamerad antwortet’: ›Diese Kunst ist gering, du darfst nur das linke Bein aufheben, wie ein Hund der an ein Eck brunzt, daneben heimlich sagen: Je pète, je pète, je pète, [ich platze] und mithin so stark gedrückt, als du kannst, so spazieren sie so stillschweigends dahin, als wenn sie gestohlen hätten.‹ ›Es ist gut‹, sagte ich, ›und wenns hernach schon stinkt, so wird man vermeinen, die Hund haben die Luft verfälscht, sonderlich wenn ich das linke Bein fein hoch aufgehoben werde haben.‹ Ach, dachte ich, hätte ich doch diese Kunst heute in der Schreibstuben gewußt.«40

      Wie aber kommen die absolut nicht »stillschweigend« entweichenden Leibesdünste zustande – im »teutschen« Werk Simplicissimus gibt es dafür noch keine Erläuterung. Nun, im Normalbetrieb funktioniert die körperliche Gasverteilung hinreichend, sind die Gasdrücke im Darm so gering, dass das fachlich sogenannte sphinkterale Resonanzgeschehen ausbleibt. Fast Dreiviertel der Fürze bleiben bei gesunden Menschen schlicht stumm. Für hörbare Krepitationen sorgen schon leichte, unvermeidliche Ungleichgewichte im Verdauungstrakt, die je nach gegebener Kontraktionsstellung des Schließmuskels Töne produzieren. Letztere variieren je nach Spannung des Schließmuskels, dem Druck, mit der das Gas ausgestoßen wird, sowie dem Mengenvolumen.

      Das Befinden gewiss nicht nur meines Organismus hängt immer auch von dem täglich ablaufenden Verdauungsvorgang ab; wenn er partout nicht reibungslos vonstattengeht, sinkt die Stimmung, sind womöglich das Aufsuchen des Arztes oder eine Darmspiegelung angezeigt. Nach einer mittelschweren Nahrungsaufnahme entstehen während des Verdauungsvorgangs immerhin bis zu fünfzehn Liter Darmgas. Diese gesamte Menge stößt jedoch kein Homo sapiens rektal aus. Täte Mensch es, wären konventionelle Kraftwerke überflüssig – reichten die eigenen Winde zur Energieerzeugung völlig aus … Der größte Teil des Darmgases wird über die Darmwand ins Blut diffundiert und über die Lungen abgeatmet. Übrigens ohne dabei einen schlechten Atem zu verursachen; der entsteht anders. Nur wenn sich bei heftig in Wallung geratenen Verdauungsprozessen das Gas so schnell entwickelt, dass die Resorption über den Atemweg an ihre Grenzen kommt, erfolgt plötzlich die rektale Abgabe, entfährt ein Furz. Wohlgemerkt: aus einem verdrießlichen Arsch kein fröhlicher. Und schon stellt sich die seit der Neuzeit in deutschen Landen gern in Rätseln ausgedrückte Frage:

      Was ist ein Furz? (Ein unglücklicher Versuch, den Hintern zum Sprechen zu bringen.)

      Was ist der Furz für ein Landsmann? (Ein Darmstädter.)

      Was hat der Furz für eine Religion? (Er ist ein Quäker.)

      Wie kann man den Furz am meisten ärgern? (Wenn man durch ein Sieb furzt, dann weiß er nicht, aus welchem Loch er hinaus soll.)

      Was ist spitzer als die Nadel? (Der Furz, er geht durch die Hose und

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