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neun weitere durch Verletzungen und erfrorene Gliedmaßen dienstuntauglich. Das Schiff trieb in immer höhere Breiten und erreichte schließlich 65 Grad Süd. Es befand sich 550 sm in SSOlicher Richtung von Kap Horn. Barker konnte nicht wenden, weil die Besatzung zu schwach, und er konnte nicht halsen, weil der Sturm zu stark war. Das Schiff befand sich 32 Tage ununterbrochen im Sturm.

      Am 11. September gelang es endlich, das Schiff auf den anderen Bug und damit auf NO-Kurs zu legen. Am darauf folgenden Tag brach die Großbramstenge, einem griechischen Matrosen wurde ein Bein zerschmettert, ein weiterer Matrose ging außenbords. Es blieben 6 Matrosen und 4 Offiziersanwärter dienstfähig. Der Kapitän gab auf und lief nach Lee ab, um bei Staten Island Schäden zu beseitigen. Dort wurde er mit ca. 20 anderen Seglern von einer Viermastbark von Laeisz passiert, die mit 34 Mann an Deck unbeirrt ihren Kurs verfolgen konnte.

      Am 20. September begann, 45 Tage nach dem ersten Versuch, ein neuer Anlauf, um Kap Horn zu umrunden. Drei Tage später ging ein weiterer Mann über Bord, die BRITISH ISLES wurde erneut hinter Kap Horn zurückgetrieben. Am 29. September passierte der Segler das gefürchtete Kap zum dritten Mal im Vorwärtsgang. Der Oktober forderte einen hohen Blutzoll von der Besatzung. Der Kapitän sägte das zerschlagene Bein des griechischen Matrosen ab und am 9. starb der Matrose mit dem eingeschlagenen Schädel. Am 16. verließ das Schiff nach 71 Tagen das Kap-Horn-Revier und legte damit in dieser Zeit eine Strecke von 1 500 sm zurück. Am 28. Dezember erreichte es nach 139 Tagen Pisagua. Das Ergebnis der Reise war, dass drei Mann über Bord gingen, drei Matrosen ihren Verletzungen erlagen, zwei Matrosen Invaliden auf Lebenszeit wurden und drei über längere Zeit dienstunfähig waren. Eine vernichtende Bilanz für einen Schiffsführer, die vom Flaggenstaat eine gründliche Untersuchung dieser Vorfälle erfordert hätte. Kapitän Barker unternahm keinen Versuch, seine verletzten Seeleute in ärztliche Behandlung zu bringen. Das hätte er auf den nicht weit entfernten Falklandinseln tun können. Dort hätte er auch Proviant nachfassen können, um seine Seeleute wieder zu Kräften kommen zu lassen. Er war ein miserabler Kapitän, der seiner Verantwortung gegenüber den ihm anvertrauten Seeleuten nicht nachkam. Er war auch, ebenso wie sein Reeder, ein miserabler Ökonom. Mit einer fitten Besatzung hätte er schneller das gefürchtete Kap bezwungen. Die erwähnte Laeisz-Viermastbark bewies das. Kapitän Jürgens von der SUSANNA brauchte zwar 99 Tage, um das Kap zu bezwingen, aber er brachte alle ihm anvertrauten Seeleute heil und gesund durch diese eisige Hölle.

      (Zeichnung Christine Diestel)

      Cook verlor auf seiner zweiten Reise, die etwas über drei Jahre dauerte, wie bereits erwähnt, nur vier seiner Seeleute. Einen durch Tuberkulose, einer fiel in eine offene Luke und zwei ertranken. Was für eine Leistung!

      Auch bei dem nächsten Paar von Kapitänen, das ich gegenüberstellen will, soll Cook wieder einer der beiden Protagonisten sein. Ich möchte seine Leitungs- und Führungstätigkeit mit der von William Bligh, seinem Navigator auf seiner dritten und letzten Entdeckungsreise, vergleichen. Bligh erreichte als Führer der BOUNTY eine zweifelhafte Berühmtheit. Der Grund dafür war nicht, dass er ein schlechter Seemann war. Das war er ganz und gar nicht. Seine Fahrt mit einem offenen Boot über eine Strecke von 3 600 sm nach Indonesien, ohne auch nur einen einzigen Mann zu verlieren, zeichnete ihn als außergewöhnlichen Seemann aus. Aber die Vorgänge auf der BOUNTY zeigten, dass er ein miserabler Leiter war. Cook bewies vom ersten Tag als Angehöriger der Marine seine Autorität bei der Arbeit an Deck und bei der Führung der Seeleute. Dies wurde von seinen Vorgesetzten und den ihm anvertrauten Seeleuten erkannt und anerkannt. Die Seeleute schätzten sein Wissen und seine Fähigkeiten. Deshalb folgten sie ihm. Dies war eine der wesentlichsten Voraussetzungen für seinen ungewöhnlichen Aufstieg in diesem von Adligen beherrschten Machtinstrument des Königs. Eine weitere Voraussetzung für seinen Erfolg war, dass sein Verstand, seine Denkweise so veranlagt waren, dass er die Dinge wissen und verstehen wollte. Wenn er sie verstand, wollte er sein Wissen auch anwenden. Ein exzellentes Beispiel für diese Haltung waren seine Erfolge bei der Vermessung eines erheblichen Teils der nordamerikanischen Küsten. Zwangsläufig fiel diese Haltung der Royal Society auf. Später lernte er sehr viel von Sir Joseph Banks und Dr. Daniel Carlsson Solander. Als Leiter der Südseeexpeditionen bewies er, dass er sehr überlegt und gekonnt die verschiedensten Mittel zur Stärkung seiner Autorität einsetzen konnte. Auf der ersten Reise ließ er in Funchal einen Seemann und einen Marinesoldaten auspeitschen, weil sie gegen die Bordverpflegung protestiert hatten. Obwohl Cook ein warmherziger Mensch war, griff er dessen ungeachtet zu solch drastischen Mitteln, um seine Ziele zu erreichen. Von Anfang an bereitete Cook eine Umstellung der Verpflegung vor. Er wollte, dass die Seeleute bereit waren, ungewohnte Lebensmittel wie Sauerkraut, Kräuter usw. zu akzeptieren, damit das Auftreten von Skorbut verhindert wurde. Er selbst ging in der Offiziersmesse beim Verzehr von Sauerkraut mit gutem Beispiel voran.

      Andere Kapitäne oder Führer von Expeditionen wie Louis Antoine de Bougainville, Jean François Marie de Surville und Tobias Furneaux konnten oder wollten Cook nicht folgen. Furneaux folgte nicht einmal Cooks Anweisungen.

      Flying-P-Liner PEKING als Museumsschiff in Manhattan, New York

      Surville wurde als das genaue Gegenteil von Cook angesehen. Die Besatzungen dieser Führer bezahlten die Ignoranz, Dummheit und Überheblichkeit ihrer Chefs mit einem hohen Blutzoll. Im Verhältnis zu den ihn begleitenden Wissenschaftlern, vor allem in der Zusammenarbeit mit dem Aristokraten Banks, bewies Cook sowohl diplomatisches Geschick als auch Standhaftigkeit. Er versuchte den Wünschen der Forscher nachzukommen, aber nur so weit, wie es ihm sein seemännisches Wissen und seine Erfahrung gestatteten. Wenn er das Risiko für zu groß hielt, gab es keinen Kompromiss, kein Nachgeben. Immer stand für ihn die Sicherheit der ihm anvertrauten Seeleute und des Schiffes im Vordergrund. Nachdem Cook die Erkundung Neuseelands abgeschlossen hatte, konnte er nach seinen Instruktionen den Weg zurück wählen. Er berief aber einen Schiffsrat ein, um Argumente für die eine oder andere Route zu hören. Cook wäre gern über Kap Horn zurückgesegelt, um das noch unbekannte Gebiet zwischen 40 und 60 Grad Süd zu erforschen. Die Seeleute hießen dieses Vorhaben nicht gut, weil die Segel und andere Teile des Schiffes schon zu sehr gelitten hatten. Cook folgte ihrem Rat und hielt sich damit auch bei dieser Entscheidung an die Regeln guter Seemannschaft. Wahrscheinlich war es für Bligh ein enormer Nachteil, dass er Cook erst auf dessen dritter Reise begleitete. Auf dieser Reise war Cook nicht mehr der Alte. Er hätte sie nicht mehr unternehmen sollen. Er hatte sein Leben lang unter schwierigsten Bedingungen hart gearbeitet und hätte den Druckposten als Captain des Greenwich Hospital behalten sollen, aber Untätigkeit entsprach nicht seinem Naturell. Seine Wutausbrüche nahmen auf seiner letzten Reise zu, Entscheidungen kamen nicht zur rechten Zeit oder waren falsch. Seine auf den ersten beiden Reisen bewiesene einzigartige Führungstätigkeit brach im Wesentlichen zusammen. Der Tod Cooks, den Bligh miterlebte, war ein schwerer Schlag für Bligh. Cook hätte unter normalen Umständen mit väterlicher Sorge über diesen jungen Offizier gewacht. Das war in der Navy üblich. Niemand übernahm diese Rolle. Bligh wurde auch bei Beförderungen übergangen. Die Voraussetzungen, die William Bligh für eine Karriere in der Marine hatte, waren zweifellos besser als die von Cook, da sein Vater Leiter des Zollamtes in Plymouth war. Mit 21 Jahren wurde er Cooks Navigator auf der RESOLUTION. Bligh und der Adelige Fletcher Christian lernten sich auf HMS CAMBRIGE kennen. Auf der BOUNTY begleitete ihn Christian als Master’s Mate (Oberbootsmann/​II. Offizier). Beide verband eine enge Freundschaft. Die zur Meuterei führenden Auseinandersetzungen an Bord hatten mehrere Ursachen. Bligh wurde von der Admiralität zwar als Führer des Schiffes eingesetzt, aber aus Kostengründen nicht zum Kapitän befördert. Blighs finanzielle Situation war damit alles andere als rosig. Er war auf dem Schiff sein eigener Zahlmeister, was, berechtigt oder unberechtigt, bei der Besatzung immer zu Spekulationen und ihm gegenüber zu Spannungen führte. Die von Banks im Interesse der zu transportierenden Ladung (Brotbaumsetzlinge und Pflanzen) veranlassten Umbauten des Seglers waren dem Status von Bligh nicht zuträglich. Anstatt des Großen Salons zum Leben und Arbeiten hatte er nun einen kleinen ungelüfteten, dunklen, zeitweilig als „Essraum“ genutzten Raum zur Verfügung. Weitere Probleme entstanden aus der unterschiedlichen Art, wie die Offiziere zu ihrer Position gekommen waren. Bligh war der

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