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1829 von dem New Yorker Architekten James O’Donnel gebaut wurde, war es die größte Kirche Nordamerikas, während heute die der Basilika angeschlossene Chapelle du Sacre Coeur mit ihrem bronzenem Altar ganz besonders bei Hochzeitsgesellschaften Anklang findet. Unweit dieser Basilika, an der Nordostecke des 1657 angelegten Place Royal, erhebt sich mit dem Museum für Archäologie und Geschichte ein architektonisch extravaganter Bau, der über die Ursprünge der Stadt informiert, und dessen Turm einen sehr schöne Blick auf den Hafen gewährt.

      Unsere nächsten Schritte führen zum Rathaus, dem Hotel de Ville, das mit seinem grünen Dach und Turm 1967 für Aufsehen sorgte, als Charles de Gaulle anlässlich der EXPO der versammelten Menge ein „freies Quebec“ zurief, und damit die Frage nach der Staatszugehörigkeit der Provinz anheizte. Weiter geht es zur Chapelle de Notre Dame, dem Marche Bousecours mit seiner silbernen Kuppel, und danach zum Chateau de Ramezey. Das unmittelbar neben dem bunten Obst- und Gemüsemarkt liegende älteste Gotteshaus der Stadt, die Kirche der Matrosen, ist nach ihrem Bau 1657 mehrfach abgebrannt, als Holz- und auch als Steinkonstruktion. Die heutige, von deren Decke von Seefahrern gespendete Schiffsmodelle herabhängen, die sie nach ihren Gebeten zurückließen, in denen sie um eine glückliche Heimkehr baten, stammt von 1885. Der „Marche“ bietet zwar immer noch Obst und Gemüse an, aber seine ganz große Geschäftigkeit verlor er schon 1964, als diese in das moderne Stadtzentrum abwanderte, und sich auch das „Chateau“, das für den 11.Governeur Montreals errichtet worden war, zum Museum gewandelt hatte. Vorbei am Vieux Palais de Justice von 1856 und, gleich nebenan und an der Ecke zum Boulevard St.Laurent, wo – am Place d‘Armes – Alt und Neu zusammentreffen und sich auch modernste Hochhäuser nach oben recken, lohnt noch ein Blick auf das Denkmal des Stadtgründers.

      Das Chinesenviertel mit kleinen Läden, Ständen und Restaurants, das sich in der Nähe der Altstadt um die Rue de La Gouchetiere ausbreitet, ist eher wenig aufregend, sodass wir schon recht bald über den Boulevard Rene Levesque in das moderne Geschäftszentrum marschieren, dass sich völlig anders als die Altstadt zeigt. Es ist der Business Distrikt der Wolkenkratzer, der großen Hotels und Einkaufszentren mit dem unverwechselbarem Place Ville Marie, wo sich auf einem kreuzförmigen Grundriss ein verspiegelter Hochhauskomplex erhebt, für den der chinesisch-amerikanische Stararchitekt Ieoh Ming Pei verantwortlich zeichnete, der auch Hongkongs Bank of China und die Louvre-Pyramide in Paris entworfen hat. Hochmodern ist auch der Glaspalast, der mit einer öffentlichen Eislaufbahn im Voyeure empfängt, an der Rue de la Gouchetiere 1000 – seine Hausnummer – dessen Stockwerke beim Bau 1992 auf 50 begrenzt werden mussten, weil kein Bau in der Stadt den Mount Royal übertreffen darf.

      Trotz aller Modernität wurde, in der Nähe des Eaton Centers, auch Altes wunderbar integriert. Hier steht, vor moderner Spiegelglasarchitektur, die kleine, gotisch inspirierte Christ Church Cathedral, der man aus Gewichtsgründen 1927 eine Turmspitze aus Aluminium spendierte, um das Problem des nachgebenden Bodens zu lösen. 1987 fand man eine intelligentere Idee und setzte die „Promenades de la Cathedral“ unter das Gotteshaus, womit die Kirche nun sicher auf dem Dach diese Shopping Mall steht. Spätestens hier, im modernen Geschäftszentrum, wird man auch daran erinnert, dass es im kanadischen Winter bitterkalt wird und stellt fest, dass das Labyrinth unterirdischer Shopping-Center zwischen den Plätzen Ville-Marie, Canada und Bonaventure auch aus dieser Sicht eine geniale Idee war. Dreißig Kilometer sollen es insgesamt sein, verflochten, quer verbindend, verwirrend und unendlich erscheinend, ihre Wege in der Tiefe suchend. Das „Ville Souterraine“ ist eine gewaltige Maulwurfsburg der modernen Konsumgesellschaft, und sie verbindet Kaufhäuser, Bürotürme, Metrostationen, Modeläden, Gemüsestände, Restaurants, Drogerien, Hotels oder Kinos miteinander. Der Sommer jedoch gehört der Lebensfreude, und die Großstadt zeigt sich von einer ganz anderen Seite, ziemlich französisch und leger, mit Segeln, Golf, Jazz- und Filmfestivals, Straßencafés, großen Sportveranstaltungen, Feuerwerk oder auch nur durch Ausgelassenheit. Im Sommer wird in vollen Zügen genossen, denn das Leben findet draußen statt, in zahllosen Parks oder dem bewaldeten Mount Royal, der majestätisch über der Stadt thront und einen grandiosen Rundblick über das Häusermeer und den St.Lorenz Strom gewährt. Eingeschlossen sind dann auch die „Bank von Montreal“ mit ihrem protzigem Portal und die „Banque Nationale de Paris“ mit der Menschengruppe „Illuminated Crowd“ vor dem Wolkenkratzer aus Glas und Beton, dessen Türme Macht verkünden. Die Blicke streichen dann auch über zahllose Museen für Geschichte, Kunst und Architektur, Kinos, Theater, das Studentenviertel „Quartier Latin“, die berühmten Einkaufstempel „Centre Eaton“ – eine fünfstöckige Galerie mit Restaurants, Geschäften und dem gleichnamigen Kaufhaus nebenan – und seinen Konkurrent La Baie, dessen Wurzeln zur berühmten Hudson‘s Bay Company zurückführen, und auf die McGill Universität. Ins Blickfeld rücken dabei auch Kirchen wie die „Cathedrale Marie-Reine-du Monde“, die sich an Roms Petersdom anlehnte und Sitz des Erzbischofs von Montreal ist, oder, am Place du Canada, die „Eglise anglicaine St.-George“ mit sehenswerten Holzarbeiten und Wandteppichen aus der Londoner Westminster Abbey.

      Nach einer Bootsfahrt und dem erstaunten Blick auf ein ziemlich hässliches Wohnprojekt aus verschachtelten Betonkästen, errichtet zur Weltausstellung und „Habitat 67“ genannt, bleiben noch ein Bummel zur Rue St. Catherine, wo Montreals altes Einkaufsviertel pulsiert, und zum Place de Arts, an dem ein Ensemble aus Theatern, Konzertsälen und Ausstellungsräumen mit Treppen und Springbrunnen zum Innehalten animiert. Danach heißt unser Restprogramm Biotom, Botanischer Garten – die 1931 eröffnete Anlage, auf der eine kleine Bahn den Rundgang erleichtert, ist die größte ihrer Art in Nordamerika und präsentiert auf 70 Hektar mehr als 25.000 Pflanzenarten – und Olympiastadion, dessen 190 Meter hoher, geneigter Turm der Konstruktion eine kühne Architektur verleiht.

      Insgesamt waren unsere Tage in der Stadt mit den zwei Gesichtern – amerikanische Hochhausarchitektur und französische Lebensart – voller Aktivitäten. Um hier und dort auch verweilen und den Moment genießen zu können, nutzten wir neben der große Stadtrundfahrt auch Ausflugsboot, Bus und Fähre, vor allem aber „Schusters Rappen“, um die Mischung aus Alt und Neu in diesem pulsierenden Zentrum der Province Quebec zu erleben. Wer des Französischen nicht mächtig ist, dem wird innerhalb der Stadt auch auf Englisch weitergeholfen. In der Provinz ist das aber nicht immer so, zumal man dort unbedingt „Franzose“ sein will und noch nicht vergessen hat, dass die Briten Montreal einst eroberten, und die Franzosen, die den Grundstein des späteren Pelzhandelszentrums gelegt hatten, vor rund 250 Jahren die Macht an die Sieger abgeben mussten.

      Heute Abend werden wir uns in der Altstadt ein schönes Straßenrestaurant suchen, die französische Atmosphäre noch einmal genießen und in aller Ruhe Abschied nehmen. Nicht nur von Montreal, sondern auch von wunderschönen Wochen, die wir in diesem großartigen Land wieder erleben durften. Und wenn wir morgen in den Flieger nach Düsseldorf steigen, dann mit der Gewissheit „wir kommen wieder, ganz bestimmt“.

       Nordatlantik und französischer Charme im Reiseland Ostkanada

      Ostkanada, ja oder nein? Und wenn, müssen es dann nicht der Indian Summer mit seiner explodierenden Farbenpracht und die großen Metropolen der Millionenstädte sein, die wir schon kennen? Oder beides und die Niagarafälle? Oder hat das zweitgrößte Land der Erde auch im Osten, zwischen Atlantik, Hudson Bay, Manitoba und den großen Seen auch seine ganz besonderen Reize, die eine große Rundtour lohnen? Es hat sie. Ostkanada ist nur anders als der vielbesuchte Westen mit seinen Prärien, gigantischen Bergen, Touristenhochburgen und den unglaublichen Weiten, die sich Yukon oder North-West-Territories nennen. Auch Quebecs und Ontarios Norden sind fast unbewohnt, und wer mit der Fähre von St.Barbe nach Blanc-Sablon auf Labrador übersetzt wird feststellen, wie wenige Kilometer Straßen sich dort vorwärtstasten. Und so unterschiedlich die großen Städte sind – Toronto als amerikanisch geprägte Businessmetropole, Quebec eher eine charmante Lady und Montreal als französisch orientiert irgendwie mittendrin – so verschieden sind Sprache, Kultur und Natur. Vereint bieten sie aber ein Reiseland, das, wie generell in Kanada, einige Wochen „der schönsten Zeit des Jahres“ wert ist.

      Jenseits von Quebec lockt ganz im Osten „Atlantic-Canada“ mit vier Provinzen und 2,4 Millionen Einwohnern, dem kleinen, rustikalen Charme versprühendem Prince Edward Island, New Brunswick mit Akadien-Dörfern und Nova

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