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was waren das für Viecher, die auf und um Schloss Torvitas Wache standen? Nein, meine Liebe, ich bin vorsichtig, gerade, was diese Monster angeht.«

      Cathy spürte die Anspannung, die Annabelle jedes Mal dann überkam, wenn sie nur über diese furchtbaren Kreaturen sprachen.

      »He, Annabelle. Da sind keine Glurox mehr. Ganz bestimmt. Zytra ist tot und mit ihr starben diese Monster«, versuchte Cathy, ihre Freundin zu beruhigen.

      »Was ist los? Habt ihr alles alleine aufgefuttert?« Finn kam die Treppe herunter und stoppte augenblicklich, als er das ängstliche Gesicht seiner Schwester sah. »He Annabelle, was ist mit dir? Hast du einen Geist gesehen?«

      Cathy gab ihm durch einen strengen Blick zu verstehen, dass er ruhig sein und sich setzen sollte.

      Finn jedoch rollte mit den Augen, während er zum Tisch ging, nahm die Kanne und goss sich Tee ein. Dann brach er ein Stück vom Brotlaib ab, tauchte es in ein Honigglas und stopfte sich das süße Stück Brot in den Mund.

      »Nicht schon wieder, Schwesterchen. Dir jagen diese Teufel doch nicht immer noch Angst ein?«, schmatzte er.

      »Doch, das tun sie. Und ihr zwei tätet gut daran aufzuhören, mich wie ein Kleinkind zu behandeln! Ich weiß, dass es keine Gluroxkrieger mehr geben dürfte. Ich war ja schließlich dabei, als wir ihnen den Garaus gemacht haben. Und doch sollten wir nicht allzu sicher sein. Immerhin werden wir uns auf die Suche nach dieser Hexe machen und glaubt mir, ich kenne Youla besser als jeder andere. Diese Zauberin besitzt große magische Fähigkeiten, und ich rede hier von der verbotenen Sorte der Magie.« Unwirsch begann Annabelle den Tisch abzuräumen.

      »He, lass den Honig hier. Ich war noch nicht fertig«, protestierte Finn.

      »Jetzt schon«, zischte Annabelle ihren Bruder an.

      »Lass gut sein, Finn. Essen kannst du später auch noch. Du bist manchmal so unsensibel, weiß du das«, wies Cathy ihren Freund zurecht und half beim Aufräumen. »Wir sollten jetzt aufbrechen.«

      »Unsensibel? Ich? Alles klar, ich versteh schon.« Kopfschüttelnd stand Finn auf und ging nach draußen. Krachend fiel die Tür ins Schloss, wodurch die beiden Mädchen erschrocken zusammenzuckten.

      Cathy ging zu Annabelle hinüber und legte ihr den Arm um die Schulter. »He, er meint es nicht so, Annabelle. Komm schon, du hast ja recht, und dein Tee ist wirklich allererste Sahne. Wenn er dann noch schützt, was wollen wir mehr.« Cathy trocknete die letzen Teller ab und sah durchs Fenster, wie Finn draußen derweil ein paar Holzscheite zusammenraffte.

      »Schon gut. Du brauchst ihn nicht in Schutz zu nehmen. Er ist manchmal eben plump, wie ein Grullop.«

      In diesem Moment kam es Cathy in den Sinn, dass sie, obwohl sie schon seit gut vier Monaten in Termonia lebte, noch immer nicht wusste, was genau ein Grullop war.

      »Sag mal, Annabelle, wo findet man diese Grullops? Und was sind das eigentlich für Viecher? Von Milo weiß ich nur, dass sie wohl gut schmecken sollen.«

      »Ich selbst hab auch noch keins gesehen, aber von Glox weiß ich einiges über diese Tiere. Sie sollen sehr scheu sein, und größer noch als ein Omihyn. Sie haben sechs Gliedmaßen, die hinteren vier dienen zur Fortbewegung und die beiden vorderen nutzen sie wie Greifarme. Ihr Fell schimmert golden und sie stellen sich auf die Hinterbeine, um an die besten Blätter zu gelangen. Glox erklärte mir, wer einem Grullop einmal in die schwarzen Augen geschaut hat, dem soll ein langes Leben bestimmt sein. Angeblich leben sie in den Wäldern von Termonia. Was den Geschmack angeht, so denke ich, dass Milo dir einen Bären aufbinden wollte. Nie im Leben hat er eines dieser Tiere zu Gesicht bekommen. Ich jedenfalls würde es nie übers Herz bringen, eins zu verspeisen, wenn es mir über den Weg liefe. Es sind sehr magische Wesen, die sich nur dort ansiedeln, wo sie sich in Sicherheit glauben. Die Glurox haben Jagd auf sie gemacht und wahrscheinlich die restlichen hier lebenden Grullops ausgerottet. Das jedenfalls befürchtet Glox, und dass die, die ihnen nicht in die Falle gegangen sind, die Wälder und Termonia für immer verlassen haben.«

      »Was meinst du, hat Glox einem Grullop ins Auge geschaut? Zumindest würde das sein hohes Alter erklären«, vermutete Cathy und stellte den letzten Becher in den Schrank.

      »Ich weiß nicht, wir können ihn ja fragen. Er ist ganz sicher auch bei Hesekiel.«

      Eine halbe Stunde später waren die drei auf dem Weg nach Jorba zu Hesekiel.

       Drei

      Die Schattenjäger

      Eine frische Brise wehte vom offenen Meer in die Hafenbucht von Pelenall und ließ die Schiffe, die draußen am Kai vor Anker lagen, seicht schaukeln. Die letzten Sonnenstrahlen brachen sich glitzernd auf der Wasseroberfläche, als hätten die Götter selbst sie dort platziert. Im Hafen herrschte reges Treiben. Youla flanierte an den großen Handelskoggen entlang und suchte ein Schiff, welches für ihr Vorhaben geeignet war. Um sie herum wirbelten Hafenarbeiter, Matrosen und Schiffskapitäne hektisch auf und ab, als das Wetter schlagartig wechselte. Dunkle Wolkenberge zogen am Horizont auf und kamen bedrohlich auf Pelenall zu. Der Schatten eines riesigen Schiffes zeichnete sich vor der grauen Wolkenwand ab. Es sah ganz so aus, als würde der Dreimaster, der Kurs auf den Hafen nahm, die Schlechtwetterfront hinter sich her ziehen, um sie auf der Stadt niedergehen zu lassen. Die weißen Totenköpfe, die auf gekreuzten Säbeln thronten und sich deutlich von den schwarzen, vom Wind aufgeblähten Segeln abzeichneten, konnte man trotz der großen Entfernung, die noch zwischen dem Kai und dem Schiff lagen, deutlich erkennen. An der Mastspitze des Schiffes wehte eine schwarze Flagge, auf der ein weiterer Totenkopf hässlich grinste. Das weit aufgerissene Maul und die rotglühenden Augen der Galionsfigur ließen die Menschen im Hafen fiebrig durcheinander laufen.

      »Das ist die Schattenjäger! Sie wird sich an der Starfire gütlich tun! Seht doch! Das Handelsschiff wird nicht weit genug im Bogen um die Schattenjäger fahren können!«, schrie ein Schiffsjunge aufgeregt und zeigte auf eine Handelskogge, die gerade abgelegt hatte und Kurs aufs offene Meer nahm. Panisch bahnte sich der Bursche einen Fluchtweg durch die Menschenmenge.

      Youla fuhr erschrocken herum und schaute ihm ärgerlich nach. Er hatte sie in seiner Hektik übersehen und angerempelt. Solche unvorhersehbaren Berührungen mit dem Pöbel, wie die Zauberin die Einheimischen hier und andernorts stets zu nennen pflegte, mochte sie gar nicht und so überlegte Youla für den Bruchteil einer Sekunde, dem Burschen einen Fluch hinterher zu jagen. Jedoch war dieser zu flink und längst in der Menge verschwunden. Youla strich sich angewidert ihr Gewand glatt und blickte wieder in Richtung Kai hinaus. Die Handelskogge fuhr direkt auf den Dreimaster zu. Immer mehr Schaulustige drängten sich nun nach vorn, um Zeuge dessen zu werden, was gleich geschehen sollte.

      Youla sah sich den Dreimaster genauer an und stellte fest, dass dieses Schiff zwar bedrohlich aussah, aber gänzlich unbewaffnet schien.

      »Hm, das ist sehr untypisch für Piraten«, platze es amüsiert aus der Zauberin heraus.

      »Lassen Sie sich nicht von dem, was sie sehen täuschen, Gnädigste. Dieser Dreimaster ist die Schattenjäger und ihr Kapitän kein geringerer als Landazar Eastvale selbst. Ein übler Bursche, sag ich Ihnen, und erst seine Mannschaft … Eine Dame Ihres Standes sollte sich jetzt nicht hier aufhalten«, riet ein Mann, der neben ihr stand und dessen Uniform erkennen ließ, dass es sich um einen Kapitän handelte.

      Youla betrachtete den Mann argwöhnisch. Sein Bauch war so gigantisch, dass die Knöpfe seiner Jacke drohten, jeden Moment wie Geschosse auf die Menge niederzugehen. Vorsorglich trat die Zauberin einen Schritt zur Seite, blieb aber dennoch in seiner unmittelbaren Nähe. Er wartete darauf, dass die Ladung im Bauch seines Schiffes gelöscht wurde, bevor er seine gesamte Aufmerksamkeit den beiden Schiffen zuwandte.

      »Wie

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