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und verband ihn mit dem Netzwerk des Konferenzraumes, während die Damen und Herren der Runde damit beschäftigt waren, Gamaschen, Handschuhe und Helme anzulegen.

      Ron blickte auf den Netzwerkmonitor, der ihm die betriebsbereiten Geräte mit einer Kennnummer und einem grünen Punkt signalisierte. Er startete das Programm. Vor den Augen der Teilnehmer glitt der samtrote Vorhang auf, und die einführenden Übungen begannen. Einmütig pflückten die Führungskräfte virtuelle Äpfel und bewegten die Beine, um sich fortzubewegen.

      Schließlich begann das eigentliche Spiel. Ron sah die Inselwelt auf seinem Bildschirm aus der Vogelperspektive. Grüne Punkte bewegten sich darauf – jeder stellte einen Spieler dar. Manche waren in kleinen Gruppen unterwegs, andere einzeln.

      Schmunzelnd blickte er in die Runde. Ihm bot sich ein witziger Anblick. Krawattentragende Manager und Damen in modischen Kostümen hatten sich mit schwarzen Helmen und Handschuhen verkleidet. Allesamt ruderten sie wild in der Luft herum und strampelten aufgeregt mit den Beinen. Sie schienen sich köstlich zu amüsieren.

      Nach 15 Minuten ließ er das Spiel langsam wegdimmen. Die Helme wurden abgenommen, die Handschuhe ausgezogen, und prompt erfüllte ein munteres Schwatzen den Raum, als man einander mitteilte, was man soeben gesehen und erlebt hatte.

      Der Vertriebsleiter klopfte Ron auf die Schulter. „Herr Schäfer, Sie haben sich selbst übertroffen. Ich bin tief beeindruckt.“ Zustimmendes Gemurmel erklang.

      Ein junger Mann meldete sich zu Wort. „Es ist ja alles schön und gut, die Grafik ist wirklich fantastisch, aber was soll denn die Spielidee sein? Tauchen da noch feindliche Soldaten auf, gegen die man das Land verteidigen muss, oder irgendetwas in dieser Richtung?“

      „Nein“, sagte Ron, „dies ist kein Ballerspiel. Die Spielidee ist eine ganz andere. Mir schwebt X-World als eine Alternative zum realen Leben vor. Nicht jeder kann sich eine Reise in die Karibik erlauben, aber dieses Spiel ermöglicht es ihm trotzdem. Er kann dort sogar auf Dauer wohnen, wenn er will. Er kann Freunde treffen, Häuser bauen, was immer ihm einfällt.“

      „Aber wird das nicht langweilig?“, wandte der junge Mann ein, der offenbar eine andere Art von Spielen bevorzugte.

      „Wie kann das Leben langweilig sein? Es geht bei X-World nicht um den schnellen Adrenalinkick, sondern um ein langfristig angelegtes soziales Netzwerk. Hier können sich Menschen in einer wunderschönen Umgebung bewegen und einander begegnen. Ich denke schon, dass es dafür einen Markt gibt. Sehen Sie sich nur die Userzahlen der herkömmlichen Social Networks an!“

      „Wie stellen Sie sich die fertige Welt vor? Wir haben jetzt eine karibische Insel gesehen – soll es beispielsweise auch Großstädte geben?“, wollte eine Frau in den mittleren Jahren wissen.

      „Nein, ich stelle mir vor, dass das Spiel in vorindustrieller Zeit spielt. Vielleicht sogar in der Antike. Wussten Sie, dass es Tausende gibt, die sich regelmäßig treffen, um ein Wochenende lang wie im Mittelalter zu leben? Ich glaube, dass sehr viele Menschen Sehnsucht nach Einfachheit und Ursprünglichkeit haben. Sie suchen einen Gegenpol zu ihrem technisierten und hektischen Alltag. X-World bietet das, und zwar ohne die Nachteile. Es gibt keine lästigen Insekten, keine Seuchen, keinen Gestank. Man muss auch nirgendwo hinfahren, sondern kann bequem von Zuhause aus teilnehmen.“

      Es gab keine weiteren Fragen. Die Runde schien beeindruckt. Es wurde Zeit, zum geschäftlichen Teil zu kommen.

      Ein älterer Asiate mit Goldrandbrille erhob sich von seinem Platz.

      „Das war eine sehr interessante Vorführung, Herr Schäfer, doch nun ruft uns die Pflicht wieder zu anderen Aufgaben. Wir freuen uns sehr, dass Sie an diesem Projekt arbeiten, und wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute.“

      Ron sah ihn verwirrt an. Er wusste nicht, wer der Mann war, aber die Art und Weise, in der er gesprochen hatte, ließ darauf schließen, dass er in diesem Raum das Sagen hatte.

      „Ich dachte, wir wollten uns nun über meine Bezahlung unterhalten?“, sagte er unbeholfen.

      „Nun, da liegt sicherlich ein Missverständnis vor. Soweit ich informiert bin, leiten Sie eine eigene Firma. Wir gehen davon aus, dass Sie das Spiel auf eigene Rechnung produzieren und veröffentlichen werden. Wie gesagt freuen wir uns über Ihr Engagement und halten Sie gerne über unsere neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden.“

      Ron hatte das Gefühl, als würde der Raum um ihn herum verschwimmen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Alle Arbeit umsonst? Natürlich wollte er gerne unabhängig bleiben, aber so konnte es nicht funktionieren. Für die Entwicklung einer kompletten Spielwelt brauchte er ein großes Team, und dazu reichten seine finanziellen Möglichkeiten bei weitem nicht aus. Hilflos sah er zu Gerhardt Fleischmann herüber, der unmerklich den Kopf schüttelte.

      Ron verstand nicht, was hier vorging, aber er sah ein, dass er im Moment keine andere Möglichkeit hatte, als seine Vorführung zu beenden und sich einen würdevollen Abgang zu verschaffen. „Nun, dann danke ich für Ihre Aufmerksamkeit und für die Zeit, die Sie mir zur Verfügung gestellt haben“, sagte er so lässig wie er konnte und begann, seinen Laptop einzupacken.

      Dong-Min Choi nickte ihm zu, und verließ den Raum, gefolgt von seinen Assistenten, die wie ein Kometenschweif hinter ihm hereilten. Nach und nach strebten auch die anderen Führungskräfte dem Ausgang zu und zückten im Gehen ihre Smartphones. Hilfesuchend wandte Ron sich an Gerhardt Fleischmann. „Das hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt“, sagte er.

      „Ich mir auch“, knurrte dieser. „Aber verlieren Sie nicht den Mut. Ich bin sicher, dass wir eine Lösung für Sie finden werden.“ Er sah sich um und wartete einen Moment, bis die letzten Nachzügler den Raum verlassen hatten. Dann beugte er sich neben Rons Ohr und fügte leise hinzu: „Unser Chauffeur wird Sie zurück zum Bahnhof bringen. Wir treffen uns in zwei Stunden im Restaurant des Hotels Excelsior.“

      Danach trat er einen Schritt zurück und fuhr betont laut fort: „Herr Schäfer, wir freuen uns, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, uns Ihre Arbeit vorzustellen. Diese Präsentation war wirklich sehr inspirierend. Kommen Sie gut nach Hause, und lassen Sie bitte wieder von sich hören! Mein Assistent wird Sie zum Auto begleiten. Auf Wiedersehen!“

      Mit diesen Worten verließ er den Raum.

      Als Gerhardt Fleischmann beim Hotel Excelsior vorfuhr, war Ron Schäfer schon bei seinem dritten Glas Bier. Er fühlte sich am Boden zerstört. Von der Hochstimmung, die ihn auf der Hinreise beflügelt hatte, war nichts übriggeblieben.

      Ron kämpfte mit seiner Enttäuschung. Es war so ungerecht. Die harte Arbeit der letzten Wochen, seine neuen Hoffnungen, seine ehrgeizigen Ziele, alles vergeblich. Und er war sich so sicher gewesen, endlich wieder auf der Siegerstraße zu sein. In Gedanken ging er noch einmal die Gespräche durch, die er mit den Vertretern von Future Computing geführt hatte, aber er konnte keinen Fehler entdecken, fand keinen Hinweis auf ein mögliches Missverständnis. Auch die Präsentation war gut gelaufen. Soweit er das beurteilen konnte, waren alle Anwesenden von seinem Spiel begeistert gewesen, auch wenn es hier und da einige kritische Fragen gegeben hatte. Warum also dieser abrupte Sinneswandel?

      Ron sah auf die Uhr. Ob dieser Fleischmann wirklich noch kommen würde? Er war schon zehn Minuten über die Zeit. Heute würde ihn nichts mehr wundern.

      Andererseits – er mochte den älteren Herrn mit dem verschmitzten Lächeln und hatte den Eindruck, dass ihm zu trauen war. Auch wenn Ron die Zusammenhänge in der Firma nicht kannte, schien es ihm doch offensichtlich, dass das abrupte Ende der Konferenz manche der Anwesenden überrascht hatte. Dies war vermutlich auch der Grund für dieses inoffizielle Treffen in der Hotelbar. Wenn es denn tatsächlich noch stattfinden sollte.

      Ein leises Räuspern ließ ihn hochschrecken. Gerhardt Fleischmann stand an seinem Tisch, trotz seines fortgeschrittenen Alters noch immer eine imposante Erscheinung. Sein Anzug wirkte erlesen, aber dezent. Seine weißen, kurzgeschorenen Haare vermittelten eine eigenartige Mischung aus Jugendlichkeit und Erfahrung. Er hatte eine große markante Nase und lustige Fältchen um die Augen.

      „Nun lassen Sie den Kopf mal nicht hängen, mein Junge“, sagte er und klopfte Ron

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