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kichernd vor mir her die Treppe nach oben. Da die zwei im ersten Stock zu ihrem Büro abbiegen, muss ich mich die letzte Treppe alleine nach oben schleppen. Im Büro gehe ich schweigend zu meinem Schreibtisch und lasse mich auf meinen Drehstuhl plumpsen. Hier ist es überraschend angenehm, denn die Morgensonne scheint mir durch das Fenster genau auf den Rücken. Das wohlige Gefühl verleitet mich dazu, die Augen zu schließen, um die Wärme im Nacken zu genießen. Wie eine kuschelige Decke umschließt die Sonne meine Schultern, ein Gefühl, dessen Genuss für alle Zeit anhalten könnte. Doch was ist denn das? Plötzlich friert es mich am Rücken. Hat sich denn schon wieder so eine fiese Wolke vor die Sonne geschoben? Ich mache die Augen auf, um sie zu suchen, die Sonne, und muss feststellen, dass sie nach wie vor scheint. Nur eben nicht mehr auf meinen Rücken, sondern durch die südlich gelegenen Fenster meines Büros. Der Blick zur Uhr verrät mir, dass es bereits vierzehn Uhr nachmittags ist.

      „Sagt einmal“, belle ich nun Timo und Laura an, die friedlich an ihren Computern herumtippen, „seid ihr wahnsinnig, mich einfach pennen zu lassen?“

      „Wieso, Dieter?“, meint Laura und Timo ergänzt: „Wir haben den Laden doch voll im Griff.“

      Ist es schon so weit gekommen? Mein Laden läuft auch ohne mich? Das habe ich nun von der Delegiererei, nun habe ich meinen eigenen Job wegdelegiert.

      So reibe ich mir eben kräftig die Augen und gehe zur Toilette, um mich etwas frisch zu machen.

      Anschließend schaue ich im Keller nach, ob der Klaus sich inzwischen wieder beruhigt hat.

      „Ach, der Dieter“, begrüßt er mich in einem normalen Ton, „hast du ausgeschlafen?“, und schon hat er wieder dieses hämische Grinsen auf dem Gesicht.

      „Wie kommst du denn darauf, dass ich geschlafen habe?“, gebe ich so unschuldig wie nur möglich zurück.

      „Erstens sind deine Ränder unter den Augen zurückgegangen, zweitens hast du ein zerknittertes Gesicht und drittens wurde ich seit Stunden nicht mehr von dir genervt.“

      „Erstens gibt es für die Augenränder Schminke, zweitens sind das Sorgenfalten, die ich wegen diverser Mitarbeiter bekomme und drittens hab ich ja auch noch andere Sachen zu tun, als mir deine blöden Sprüche anzuhören. Und nun möchte ich nur noch hören, was es mit dem Ford Galaxy auf sich hat.“

      „Ja Chef, zu Befehl, Chef!“, macht er sich schon wieder über mich lustig. „Also ich habe mit dem Martin zusammen das Wrack untersucht. Als erstes ist uns aufgefallen, dass die Fahrgestellnummer herausgeschliffen wurde. Die Kennzeichen waren gestohlen und somit haben wir kaum Anhaltspunkte, die auf den letzten Fahrzeughalter schließen lassen.“

      „Wie sieht es mit Fingerabdrücken aus?“

      „Negativ, die sind leider nicht hitzeresistent und somit in Rauch aufgegangen. Um das Ganze abzukürzen, alles was wir haben, sind ein paar Fasern von einem Lappen, die am Ölpeilstab hingen. Ansonsten nichts“, sagt Klaus und mir ist sicherlich die Enttäuschung anzusehen.

      „Gut, das Auto bleibt bis auf Weiteres sichergestellt. Aber schaffe es rüber in den Verschlag, es stinkt ja erbärmlich bei dir“, sag ich und gehe frustriert nach oben.

      Wenn bei uns schon nichts nach vorne geht, schau ich eben mal im Netz nach, wie es sich bei dem Mord in Pirmasens entwickelt. So, nun das Netzwerk der Landespolizei öffnen und schon habe ich alle Fälle vor mir, die derzeit in Rheinland-Pfalz bearbeitet werden. Was ich hier allerdings vermisse, ist der Mordfall von den Kollegen in Pirmasens. Das kann doch gar nicht sein. Sicherheitshalber schaue ich in den abgeschlossenen Akten nach und siehe da, hier ist er ja. Darunter steht, dass die Akte der Staatsanwaltschaft vorliegt, um sie zu schließen. Bin ich denn im falschen Film oder wie? Die Leiche wurde vorgestern Abend entdeckt und schon sehen die Kollegen den Fall als abgeschlossen? Haben die in Pirmasens den Mörder schon geschnappt? Das will ich nun aber genau wissen.

      Wie war das gleich? 06331… und so weiter: „Scholl“, meldet sich der Kollege wie immer ohne Begrüßung.

      Dieses Mal bin ich auch nicht freundlicher und melde mich genau so knapp mit: „Schlempert.“

      „Ach, der Schlempert, wieso wusste ich nur, dass Sie hier anrufen?“

      „Na, weil Sie wussten, dass es mich interessiert, wie Sie den Fall mit der Leiche bei Thaleischweiler-Fröschen so schnell lösen konnten.“

      „Ach, das war doch ganz einfach, ein Schwarzafrikaner ohne Papiere und sicher auch ohne Aufenthaltsgenehmigung, keine Vermisstenanzeige, da kann man halt nichts machen.“

      „Wie? Sie haben den Fall nach zwei Tagen einfach so zur Seite gelegt?“

      „Ich habe alles getan, was im Lehrbuch steht, oder hätten Sie da noch eine bessere Idee?“, schnauzt mich der unfreundliche Kerl auch noch an.

      „Ja, die hätte ich, ich würde zum Beispiel einmal ein Fahndungsfoto veröffentlichen.“

      „Ach, der Schlempert, er würde also ein Bild von einem entstellten Kopf veröffentlichen, so einen von jemanden, der ein schweres Schädeltrauma erlitten hat. Tolle Idee, ganz toll. Reality Horror in der Tageszeitung und das von der Polizei veröffentlicht?“

      „Wissen Sie, was ich glaube?“, bin ich nun sauer. „Ich glaube, dass ich Ihnen etwas auf die Sprünge helfen muss.“

      „Und wissen Sie, was ich glaube?“, gibt er zurück. „Ich glaube, der Schwarze wäre besser in seinem Schwarzafrika geblieben, dann müsste sich nun auch ein schwarzer Bulle um die Scheiße kümmern, oder besser noch, dann würde er sicher noch am Leben sein und ich könnte mich hier in Ruhe um Verkehrssünder kümmern.“

      Hör ich da etwa rechtes Gedankengut heraus? Da zumindest alles gesagt scheint, was gesagt werden muss, beende ich das Gespräch.

      Aber den Hörer behalte ich gleich in der Hand, um die Nummer vom Landeskriminalamt zu wählen. Dort meldet sich auch, wie es sich gehört, ein Herr Geppert.

      „Hallo, hier ist die Kripo in Neustadt an der Weinstraße, Schlempert“, melde ich mich anständig, „ich hätte gerne die Frau Dworaschinski gesprochen.“

      „Die Frau wer?“, fragt mich der Herr Geppert erstaunt.

      „Na die Frau Dwora ähm die Dwora Dingsbums eben, die Zeichnerin.“

      „Ach, die Zeichnerin, einen kleinen Moment bitte, ich stelle Sie durch.“

      Aha, auch er hat ihren Namen nicht ausgesprochen, also bin ich nicht der einzige, der sich Dworascheffski oder so nicht merken kann.

      „LKA Dworatschek, Sie wünschen?“, höre ich nun die mir bekannte Stimme.

      „Ja, Schlempert hier, ich grüße Sie Frau Dworatek“, oh Mann, hätte ich den Namen doch nur umgangen.

      „Dworatschek, Herr Schlempert, Dworatschek“, ich habe das Gefühl, dass sie mir ihren Namen gleich buchstabiert. Das macht sie allerdings nicht, sondern führt den Satz noch unangenehmer weiter: „Was macht denn Ihre Leichenphobie? Ach und wie schmecken inzwischen die Pfefferminzbonbons?“

      Sag mal, hatte heute Morgen denn jeder einen Clown zum Frühstück? Ich beschließe auf den wohl komisch gemeinten Kommentar von der Dworawasweißichwie gar nicht einzugehen: „In der Pathologie in Kaiserslautern liegt eine männliche Leiche, wahrscheinlich zentralafrikanischer Herkunft“, führe ich das Gespräch nun dienstlich professionell weiter, „von der bräuchte ich eine Phantomzeichnung.“

      „Wird prompt erledigt“, bekomme ich prompt zur Antwort.

      „Dann vielen herzlichen Dank auch, meine Liebe“, und schon habe ich es geschafft, das Gespräch zu beenden, ohne ein weiteres Mal ihren Namen nennen zu müssen.

      Nun habe ich es mir verdient, den Kopf in den Nacken zu legen, um über weitere Schritte nachzudenken.

      Da Timo und Laura plötzlich und unvermittelt ihre Jacken anlegen, gehe ich davon aus, dass wir als nächsten Schritt den Feierabend einläuten. Wie schnell so ein Tag vergeht, wenn man ihn zu zwei Drittel verschläft. Der Abend

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