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zum Klausi, dacht ich es mir doch“, sagt der Fahrer des Abschleppwagens, als er auf mich zukommt.

      Mir bleibt dabei fast das Herz stehen, denn es handelt sich dabei um Hans Groß, der hatte auch schon meinen Mini am Haken, nachdem ich ihn bei Annweiler in den Leitplanken verbogen hatte. Also den Mini und nicht den Hans Groß. Das an sich wäre ja kaum der Rede wert, wenn ich den Groß nicht zuvor mit einer viel zu kurz abgeschnittenen Latzhose unter dem Namen Friedhelm bei einem Psychologen getroffen hätte. Dort saß er und verspeiste einen Fisch. Nach der Fahrt mit dem Abschleppwagen von damals musste ich auch noch feststellen, dass er mit dem Klaus Reuter befreundet ist, weshalb ich mich bis zum heutigen Tag nicht für Details aus dem Privatleben von Klaus interessiere.

      Ich versuche noch aus der Ferne einen Blick in den Galaxy zu erhaschen, aber ich kann nichts Verdächtiges erspähen. So bleibt mir auch nichts weiter übrig, als auf Martin Schneider und sein Team zu warten.

      In der Zwischenzeit schenkt uns Hans einen Kaffee aus seiner Thermoskanne ein. Meiner schmeckt nach Fisch!

      Glücklicherweise lässt die Spurensicherung nicht lange auf sich warten. Allerdings hat sich das Warten für mich nicht gelohnt. Der Martin lässt von seinen Leuten zwar das Gelände akribisch absuchen, doch die Fahrzeugreste schaut er sich kaum an. Klar, bei den frostigen Temperaturen untersucht er das Wrack lieber in der kuschelig warmen Werkstatt vom Klaus. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich auch schon eine ganze Weile in meinem kuschelig warmen Büro. Genau dort fahr ich nun auch hin, also ins Büro, um meine beiden Kollegen über Yasis Fund zu informieren.

      Laura und Timo haben in der Zwischenzeit leider keine neuen Kenntnisse gewonnen. Unsere Überfallserie gleicht immer mehr der Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen. Wenn jetzt der Wagen auch noch ein Treffer ist, wird die Suche nach den Tätern trotz allem nicht einfacher, denn dann hätten wir noch nicht einmal mehr ein Fahrzeug, nach dem wir fahnden können.

      Jetzt warten wir erst einmal ab, noch wissen wir ja nicht, was es mit dem Ford Galaxy auf sich hat. Wahrscheinlich handelt es sich nur um ein Fahrzeug, das Jugendlichen als Übungsobjekt in der alten Sandgrube gedient hat. Wir hatten als Kinder auch einen Klassenkameraden, dessen Eltern auch heute noch eine Autowerkstatt betreiben. Bei denen auf dem Abstellplatz durften wir auch die Karren, die zum Verschrotten waren, vollends verheizen. Da kam es auch vor, dass wir die Kisten so heiß geprügelt haben, dass diese Feuer fingen. Nur sind wir damals nicht einfach abgehauen, sondern haben die Kisten gelöscht, sodass es keinen Ärger gab. Wir wollten ja schließlich auch das nächste Auto kaputt fahren.

      Als ich endlich den Hans Groß mit seinem Abschleppwagen auf den Hof der Dienststelle fahren sehe, hält mich nichts mehr hier oben im Büro. Schon eile ich in den Keller.

      „Dieter, was hab ich dir denn angetan?“, jammert Klaus gleich los. „Nicht nur, dass mir der Job hier stinkt, nein jetzt stinkt mir auch noch der ausgebrannte Kasten die ganze Werkstatt aus.“

      Upps, dicke Luft! Am besten ich verschwinde gleich wieder nach oben. Doch schon kommt mir der Hans entgegen und sagt: „Machen Sie sich nichts daraus, der hat nur seine übliche Feiertagsdepression. Die hat er alle Jahre wieder im Dezember. Ich fahre heute Abend bei ihm vorbei und dann ziehen wir beide die Gummistiefel an und ich schmeiße eine Runde Fisch, dann geht es dem Klausi gleich wieder besser.“

      Na, das sind ja fröhliche Aussichten und Bilder, die ich nun wieder nicht aus dem Kopf bekommen werde.

      Nachdem ich Martin genau erklärt habe, worum es mir bei diesem Wrack geht, erinnert er mich daran, dass ich heute ja pünktlich Feierabend machen wollte, da am Abend noch ein privater Termin anstehe.

      Ach du grüne Neune, das hätte ich mal wieder glatt vergessen.

      „Vielen herzlichen Dank, Martin und ich erwarte deinen Bericht“, und schon sause ich die Treppen wieder nach oben, um mich zu verabschieden. Heute darf mein Mini auf dem Heimweg mal wieder zeigen, was er drauf hat.

       Welch ein Abend

      Nun stehe ich schon geschlagene fünfzehn Minuten in Unterwäsche vor dem Spiegel und kann mich nicht entscheiden, was ich anziehen soll. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich für eine Frau halten. Was nun? Den Schwarzen mit dem weißen Hemd oder doch lieber den sandfarbenen Cord? Aber da habe ich keine passenden Schuhe dazu. Ach was, ich mache einen auf cool und locker, ziehe Jeans an und dazu ein kariertes Hemd. Jetzt noch einen lockeren Schal um den Hals und schon habe ich das passende Outfit gefunden.

      Dann nehme ich noch die große Schüssel Spagettisalat unter den Arm, den ich vorhin noch gezaubert habe. Das ist ja keine große Sache, so nach meinem eigenen Rezept. Ein gutes Pfund Spagetti, dann feingeschnittene getrocknete Tomaten, ein halbes Pfund halbierte Cocktailtomaten und zwei in Würfel geschnittene Mozzarellas. Dazu Balsamico-Essig, Olivenöl, Salz, Pfeffer und zum Abrunden noch eine Ladung mediterrane Kräuter, schon ist er fertig, der schlempertsche Nudelsalat.

      So, nun muss ich aber los. Susie und Chrissi habe zu diesem Anlass extra das Clubheim der Veilchenzüchter in Völkersweiler angemietet. Als ich eintreffe, sind die meisten schon da. Es sind auch erstaunlich viele gekommen. So um die zwanzig, würde ich sagen. Wenn man bedenkt, dass wir in unserer Klasse nur dreißig Schüler waren, dann ist es ein guter Schnitt. In diesem elitären Kreis feiern wir unser Klassentreffen zu Ehren des dreißigjährigen Jubiläums unseres Schulabschlusses.

      Anfangs sitzen wir noch etwas verhalten um die große Tafel herum und gedenken der drei Klassenkameraden, die nicht mehr unter uns weilen.

      Da ist zum ersten der Paul, der schon kurz nach unserem Schulabschluss mit seinem Moped tödlich verunglückt ist. Seinen Tod haben wir bei unseren bisherigen Treffen schon ausreichend besprochen. Dann ist da Rolf, der vor ein paar Jahren den Freitod gewählt hat. Eine Sache, die wir alle nicht verstehen können. Er war immer fröhlich und wollte alle um ihn herum zum Lachen bringen. »Klassenkasper« würde es wohl treffend beschreiben. Wir verarbeiten seinen Tod, indem wir die alten Geschichten von ihm erzählen. Als er zum Beispiel bei der Klassenfahrt die Schrauben vom Lehrerklo herausgedreht hat, was zur Folge hatte, das unser Lehrer samt der Schüssel umgekippt ist. Das war zwar eine Riesensauerei, aber lustig war es trotzdem. Auch hier auf der Party vermissen wir ihn. Gemeinsam sind wir der Meinung, dass, wenn Ralf hier wäre, die Stimmung schon am Kochen wäre. Zu guter Letzt ist vor wenigen Wochen der Hubert gestorben. Er ist der Erste von uns, der eines natürlichen Todes gestorben ist. Vermutlich ein Schlaganfall, aber ganz genau weiß es keiner von uns. Nun wird die Stimmung noch bedrückter, da wir unserer Vergänglichkeit bewusst werden. Immerhin sind wir ja nun alle kurz vor der Fünfzig. Um das leidige Thema loszuwerden, beschließen wir für unsere drei Kameraden eine Schweigeminute einzulegen, um dann endlich mit dem lustigen Teil des Abends zu beginnen.

      Als erstes erzählt uns Franz Ulmer, der von uns nach wie vor Franzi genannt wird, voller Stolz, dass er inzwischen Opa geworden ist. Alle schauen sich begeistert die Handyfotos von dem kleinen Racker an. In mir löst es ein weiteres beklemmendes Gefühl aus. Opa, so alt sind wir inzwischen geworden. Egal, der Kleine ist wirklich zuckersüß. Ob mir meine Kinder auch schon bald solche Zwerge schenken werden?

      Plötzlich kommt die ganze Meute auf mich zu sprechen:

      „Na Schlempi“, so haben die mich schon zu Schulzeiten genannt, „was macht die Kunst? Über dich gibt es ja andauernd etwas in der Zeitung zu lesen. Du bist jetzt Oberbulle oder so etwas.“

      „Ja schon“, versuche ich mich herauszureden, „aber da gibt es nichts Spannendes zu erzählen. Ist alles megalangweilig. Ich hocke fast nur an meinem Schreibtisch und delegiere.“

      „Ja, ja, hockt am Schreibtisch und delegiert“, lacht Freddy gleich laut los. „Weißt du Schlempi, ich wohne in Gräfenhausen und habe genau mitbekommen, wie du damals den Mörder von unserem Ortsvorsteher gejagt und dann dingfest gemacht hast.“

      „Na ja, so eine große Sache war das auch nicht damals“, spiele ich die Sache nun herunter. Immerhin hatte ich damals einen alten Kollegen ins Gefängnis gebracht.

      „Ach ja“, wirft nun Susi ein, „und

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