ТОП просматриваемых книг сайта:
Brennpunkt Ukraine. Christian Wehrschütz
Читать онлайн.Название Brennpunkt Ukraine
Год выпуска 0
isbn 9783990403389
Автор произведения Christian Wehrschütz
Издательство Автор
Sie würden sich darüber Sorgen machen, ja. Ich denke, dass wir in Georgien zu weit mit unserer militärischen Zusammenarbeit gegangen sind. Zuerst haben wir Putins Genehmigung erhalten, als wir einige Ausbilder schickten, denn das war, um eine gewisse Kontrolle über die Grenzen wiederzuerlangen. Die ganze Situation ist sehr komplex, aber es scheint mir, dass vor allem während der Bush-Regierung, als Georgien Truppen in den Irak schickte, die Georgier zu einem bestimmten Zeitpunkt das drittgrößte Kontingent dort waren. Wir haben viel in militärische Hilfe gesteckt. Ich glaube, wir haben Saakaschwili40 nicht geraten, Südossetien anzugreifen, aber Tatsache ist, dass die georgischen Aktionen in der Wahlkampagne von McCain41 2008 Unterstützung fanden. Die Sache war, so denke ich, ein Fehler. Wir hätten den Georgiern klarmachen sollen, dass sie nicht in der Lage sein werden, das Problem in Abchasien oder Südossetien mit Gewalt zu lösen. Sie hätten ihre Wirtschaft aufbauen und ihre Seite der Grenze attraktiver als die andere machen müssen. Schewardnadse42 hat das wohl verstanden, aber Saakaschwili offenbar nicht. Ich denke, wir haben auch zu viel Militärhilfe gegeben. Ich glaube aber nicht, dass der Zweck der war, dort amerikanische Stützpunkte zu errichten. Zumindest unser Militär ist den Russen aus dem Weg gegangen, um sicherzustellen, dass die Russen verstanden, dass wir die Dinge nicht heimlich hinter ihrem Rücken taten.
Wie sehen Sie jetzt die Entwicklung, nachdem die Ukraine das Assoziierungsabkommen unterzeichnet hat? Denken Sie, dass dieser Zeitraum von zehn Jahren, in dem die Ukraine ihre Wirtschaft an die europäischen Standards anzupassen hat, eine Art von Entscheidung für die weitere Orientierung der Ukraine bringen wird? Gibt es etwas, das getan werden kann, dass Russland endlich damit leben kann? Denn die Russen argumentieren damit, dass die US-Wirtschaftsinteressen durch diese Vereinbarung versteckt werden. Wie denken Sie darüber?
Das ist schwer vorherzusagen. Es ist offensichtlich: Solange die Ukraine nicht zusammenwächst und ein Land ist, wird es sehr schwer sein, diese Reformen durchzuführen. Auch unter den besten Umständen. Ein Problem ist, denke ich, das wirtschaftliche Defizit des ganzen Landes und das Ausmaß der Unterstützung, das es von außen bekommen wird. Ein weiteres Problem ist, dass vor allem die östliche Ukraine sehr abhängig von russischem Gas und russischer Energie ist, die für einen Großteil dieser Zeit unterhalb der Marktpreise geliefert wurde. Viel davon wurde einfach verschwendet, es gab keine Entwicklung der Wirtschaft. Viele dieser wirtschaftlichen Gründe bedeuten, dass die Art von Reformen, welche die EU und der IWF fordern werden, äußerst schwierig durchzuführen sein werden, selbst wenn man Russland nicht miteinbezieht. Nun, wenn man versucht, die Reformen in einer Weise durchzuführen, dass Russland der Auffassung ist, sie seien gegen seine Interessen, dann hat es offensichtlich die Mittel, sie undurchführbar zu machen. Lassen Sie uns realistisch sein, auch hier weiß ich nicht, wie man es vorhersagen kann.
Aber es scheint mir, wenn die EU und die USA von Anfang an (ich meine, mindestens ein Jahrzehnt zurück) abgestimmt hätten, welche Vorschläge wir als Unterstützung für die Modernisierung der Wirtschaft in der Ukraine zu machen hätten, hätten wir Russland die gleichen Vorschläge gemacht. Denn Russland braucht die gleichen Reformen. Wenn Russland die Ukraine in so etwas wie die Wirtschaftsunion sperrt, die Putin vorschlägt, wird das das ganze Gebiet zurückhalten. Ich meine, es wird in einem viel kleineren Bereich, etwa der Sowjetunion, sein und es wird scheitern. Das ist schade, weil man vor Ort einfach die Kontrolle der Oligarchen stützt und man sieht ein korruptes System, das sich von beiden Ländern ernährt. Sie leiden beide unter einer unzureichenden Reform des Sowjetsystems. Seien wir ehrlich, in vielerlei Hinsicht ist die Ukraine nicht so weit wie Russland in den Reformen gegangen. Daher ist dies eine sehr schwierige Frage. Ich denke, es ist bedauerlich, dass offenbar nicht erkannt wurde, dass es praktisch gesehen keine Alternative dazu gibt, diese Dinge in Zusammenarbeit mit Russland zu tun. Denn wenn sie sie als unvereinbar mit ihren Interessen ansehen, haben sie viele Mittel, sie zu untergraben und nicht zu unterstützen. Zudem war die Elite in beiden Ländern bis vor fünfundzwanzig Jahren die gleiche, die gleiche Einrichtung, die gleichen Sicherheitsleute usw.
Es erscheint mir daher sehr bedauerlich, dass sich dies aufgrund der Aktionen vor allem von Russland, aber auch der EU und den USA, zu einem Tauziehen entwickelt hat, wer die Kontrolle über die Ukraine bekommt. Und Russland wird dem Westen, und insbesondere den USA, nicht erlauben, vorherrschenden Einfluss über eine vereinte Ukraine zu gewinnen. Sie haben die Mittel, um zu vermeiden, dass das geschieht. Ich meine, in realistischer Anerkennung dessen hätte man in erster Linie bei der letzten Stufe der NATO-Erweiterung sagen sollen: „Okay, das ist es, es geht nicht mehr weiter, es sei denn, Russland wird dabei miteinbezogen.“ Mit anderen Worten: Die NATO hätte nicht engere Beziehungen mit der Ukraine oder, ich würde sagen, Georgien als Russland haben sollen. Ich denke, das ist einfach nur realistisch, denn solange es bezüglich der damit verbundenen Sicherheitsaspekte keine Entspannung gibt, werden sie die wirtschaftliche Integration nicht akzeptieren. Nun, denke ich, sie haben mit Finnland und mit Schweden gezeigt, wenn es keine Frage der NA-TO-Erweiterung gibt, dann ist es okay. Finnland und Schweden können Mitglied der EU werden, ohne großen Widerstand von Russland usw. Aber leider haben wir das nicht vom Tisch genommen.
Ich denke, aus russischer Sicht fürchtet man, dass zum Beispiel, sobald die Beschränkungen für die Einfuhr von Waren aus dem Westen in die Ukraine abgesenkt werden, die russischen Exporte in die Ukraine immer weniger wettbewerbsfähig werden. Jetzt auf lange Sicht, wenn es helfen würde, wettbewerbsfähig zu sein, könnte es einen Boom in Russland geben, aber die Art und Weise, wie sie es betrachten, ist es nicht. Ich denke, sobald die Regierung sich auf eine bestimmte Politik versteift hat, wird man sehr emotional damit verbunden und es wird eher schwer, dies zu ändern. Realistisch betrachtet finde ich es bedauerlich, dass alle Außenstehenden nicht der Ukraine zugeredet haben, dass sie vor allem ihr eigenes Haus in Ordnung bringen und ein Gefühl einer Nation, ein Gefühl der Loyalität gegenüber dem Land sowohl im Osten als auch im Westen entwickeln müssen. Und dann müssen sie in ihren Beziehungen mit Russland erkennen, dass sie Russlands Nachbar sind, dass sie in einem gewissen Sinn nie in der Lage sein werden, zu florieren, es sei denn, sie entwickeln zumindest ein erträgliches Verhältnis zu Russland. Daher versucht man, Dinge mit anderen auszuarbeiten, die Russland akzeptiert. Wir haben das bisher noch nicht getan und ich weiß nicht, es wird schwer sein, über diesen Berg zu kommen. Auf der anderen Seite ist keine der Alternativen besonders attraktiv, selbst für Russland nicht.
Es scheint mir also, dass wir vielleicht andere Verhandlungsführer brauchen. Ich habe dies mehrmals geschrieben: Anstatt einen Polen für die Verhandlung zu haben, warum lässt man nicht die Finnen die EU repräsentieren? Sie haben ein besseres historisches Bild und fruchtbarere Beziehungen mit Russland als die Polen. Das ist nicht unbedingt die Schuld eines Einzelnen, aber Tatsache ist, dass dies, ob es nun Imperialismus ist oder nicht, sehr tiefe emotionale Probleme sind – und insbesondere für die Vereinigten Staaten zu weit entfernt, um zu beginnen, direkt engagiert zu sein. Ich glaube wirklich, dass wir uns hier zurückziehen sollten. Ob wir dies politisch können, ist eine andere Frage, weil eigentlich nicht viele Amerikaner wirklich viel über die Ukraine wissen oder sich viel um sie kümmern. Aber die Republikaner wollen irgendwelche Fehler in Verbindung mit Obamas Präsidentschaft finden. Und er hat in seinem Team Menschen, die sehr stark von den Ukrainern aus dem Westen beeinflusst sind und die dies als eine Art der amerikanischen Unterstützung für Freiheit, Unabhängigkeit und Entwicklung sehen. Und die russischen Bemühungen sind völlig negativ. Jeder hat eine gewisse Basis, aber Tatsache ist, würde ich sagen, dass die amerikanischen direkten Sicherheitsinteressen in der Ukraine minimal sind, wohingegen wir großes Interesse an vielen Fragen im produktiven Umgang mit Russland haben.
Ich denke, dass unsere Politiker, und das gilt auch für einige der führenden Personen in der EU, vergessen, dass wir den Kalten Krieg zu einem Ende gebracht haben. Unser Ziel – und es ist ein echtes Ziel – war ein geeintes und freies Europa – und dass Russland auch dazugehört. Also, wenn man die Taktik verfolgt, es weiter zu isolieren, schadet Russland mehr als jeder andere, das steht außer Frage.
Die Ukraine ist jetzt seit mehr als 22 Jahren ein unabhängiges Land. Ich war hier ein erstes Mal im Februar 1992 und dann wieder im Sommer 1992 in Donezk. Wenn man sich die Entwicklung des Landes ansieht, so hat es die Ukraine nicht geschafft,