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Jahre in Los Angeles als Unternehmer in der Filmbranche verbracht habe, war Glück. Danach kehrte ich nicht nur nach Österreich, sondern in die Beraterbranche zurück – mit einem besonderen Fokus auf den öffentlichen Bereich. – Sie sehen, die Bilder von den Aktenbergen begleiten mich immer noch und motivieren mich jeden Tag aufs Neue aufzustehen. Jetzt kann ich sagen, dass ich neben unzähligen Digitalisierungsprojekten in fünf öffentlichen Organisationen die digitale Transformation mitgestaltet und erfolgreich umgesetzt habe.

      2020 war und ist ein entscheidendes Jahr für die Digitalisierung. Digitale Prozesse und Services waren von einem Moment auf den anderen kein Nice-to-have mehr. Sie waren ein Must-have. Ich will mir gar nicht ausmalen, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Weltwirtschaft zwanzig, zehn oder auch nur fünf Jahre zuvor gehabt hätte. Die Digitalisierung, Remote Working, digitale Geschäftsmodelle waren die Ader unserer Wirtschaft. Sie haben das System – die Weltwirtschaft, die Verwaltung, aber auch die einzelnen Unternehmen – am Leben gehalten. Es wäre ein immenser Fehler, nach einer überstandenen Krise in den alten Modus zurückzufallen. Es ist das Gebot der Stunde, diese Entwicklung weiterzuführen, weil die Digitalisierung unsere Wirtschaft resilienter macht, widerstandsfähiger, robuster. Die Digitalisierung ist einerseits der Impfstoff in der Corona-Wirtschaftskrise und andererseits das Rezept, um aus der Krise gestärkt herauszukommen.

      Wir gehen jetzt in jene Phase, die entscheidet, ob wir morgen vorne mit dabei sein, digitale Champions sein und eine führende Position in der Weltwirtschaft einnehmen werden. Österreich hat die besten Voraussetzungen zu reüssieren, gestärkt aus der Krise zu kommen und in der Digitalisierung in der ersten Reihe mitzuspielen.

      Weil ich davon zutiefst überzeugt bin, habe ich dieses Buch verfasst. Und es ist eine Liebeserklärung an die Technologie, ein Leitfaden für die digitale Transformation und ein „Lehrbuch“, wie Österreich zum digitalen Champion werden kann. Ich will damit aufklären, Angst nehmen und die besten Beispiele für eine erfolgreiche Digitalisierung aufzeigen.

      Ich danke aufrichtig meinen Gesprächspartnern Thomas Arnoldner, Stefan Borgas, Sabine Herlitschka und Michael Seifert, die die Digitalisierung in Österreich mitgeprägt haben und mitprägen, und mit denen ich die Thesen diskutieren konnte. Die Ergebnisse dieser Gespräche finden Sie ebenso in diesem Buch wie ein Best-of von Österreichs Digitalisierungsprojekten und tiefgreifendes, interessantes Studienmaterial.

      Tauchen Sie mit mir ein in die fabelhafte Welt der Technologien!

DIGITALE GEGENWART: EUPHORIE UND SKEPSIS

       CORONA ALS DIGITALE REIFEPRÜFUNG

      Corona hat zwei Krisen ausgelöst: die Gesundheitskrise und die Wirtschaftskrise. Während wir alle monatelang sehnsüchtig auf das Heilmittel für unsere Gesundheit warten: einen Impfstoff, haben wir diesen Impfstoff für die Wirtschaft bereits: die Digitalisierung.

      Es war die Matura für unsere Unternehmen. Der Gegenstand: Digitalisierung. Der 16. März 2020 war die digitale Reifeprüfung. Denn mit dem Lockdown zeigte sich, wer wie weit in der digitalen Transformation war, seine Prozesse und Geschäftsfelder bereits umgestellt hatte und in der neuen Umgebung erfolgreich reüssieren kann.

      Offline war out. Denn wer nicht online ist, war schlicht raus. Die Digitalisierungsskeptiker und Nachzügler im Digitalisierungsprozess haben es schlagartig vor Augen geführt bekommen, dass die Welt – oder zumindest große Teile von ihr – online funktionieren. Wer keinen Webshop hatte, konnte nicht mehr verkaufen, wer seine internen Prozesse nicht digitalisiert hatte, konnte nicht arbeiten. Für die Nachzügler galt es so schnell wie möglich aufzuholen, um mithalten zu können. Wenn sie Glück hatten, durften sie – wie bei der Matura zur Nachprüfung – beim Herbsttermin antreten.

      In der ersten Phase der Corona-Krise war alles möglich – oder zumindest viel. Die verstaubtesten Traditionsbetriebe schickten ihre Mitarbeiter ins Homeoffice. Jahrzehntelange Diskussionen, ob, wie und in welchem Umfang arbeiten von zu Hause aus erlaubt werden soll, waren verstummt. Die Arbeitskultur wechselte von Präsenz hin zu Ergebnis. Dies bedeutet einen massiven Wechsel im Führungsstil: Vertrauen statt Kontrolle. Vertrauen wurde zum Leadership-Prinzip und war für viele Mitarbeiter eine neue Motivation. Das alles war möglich, weil die Technologie da war.

      Technologie war und ist unser Verbündeter in der Corona-Krise. Das gilt zum einen für die digitale Infrastruktur, die uns geholfen hat, unsere Wirtschaft aufrechtzuerhalten, und das gilt für die Technologie im Kampf gegen Corona, die wir viel zu wenig einsetzen.

      Denn parallel zur Digitalisierungs-Euphorie zeigte sich die Technologie-Skepsis der Österreicher in ungeahntem Ausmaß. Bestes Beispiel: die Stopp-Corona-App. Einige asiatische Länder, wie etwa Singapur, haben es vorgezeigt, wie sinnvoll eine Corona-App ist. Insbesondere das Contact Tracing funktioniert mithilfe von App und Smartphone exzellent, um das Virus beziehungsweise die unkontrollierte Ausbreitung in den Griff zu bekommen.

      Österreich hatte mit dem Roten Kreuz als Initiator früh diese Chance erkannt und Accenture hatte die App in wenigen Wochen programmiert – als eines der ersten Länder in Europa. Ziel war es, Kontakte zu speichern und im Verdachts- oder Corona-Fall zu informieren – selbstverständlich anonymisiert. Doch mit dem waghalsigen Vorstoß eines Politikers, dass es sinnvoll wäre, eine App verbindlich zu nutzen, war es um die Akzeptanz der App geschehen.

      Mit September wurden dann die Anwesenheitslisten in Lokalen eingeführt und damit die Technologie-Feindlichkeit und Rückschrittlichkeit spürbar. Die Idee ist grundsätzlich nachvollziehbar. Aber den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus im Jahr 2020 mit den Waffen Bleistift und Papier aufzunehmen, ist absurd. Diese Funktionalität beziehungsweise Anwendung wäre ein Paradebeispiel für eine App, auch für die „Stopp-Corona-App“. Sie wäre nur wesentlich einfacher, wesentlich zuverlässiger und wesentlich schneller – wie viele andere smarte Anwendungen, die uns unser Leben in den letzten Jahren simplifiziert und bereichert haben. Eine App erspart dem Wirt, Listen aufzulegen, Bleistift und Kuli bereitzuhalten, sie erspart dem Gast, die Listen auszufüllen. Und sie würde auch den Heerscharen an Contact Tracern die mühevolle Kleinarbeit des Kontaktierens ersparen. Mit der App könnte der Wirt bei jedem Gast rasch kontrollieren, ob die App installiert und aktiv ist, und in einem Verdachtsfall würden seine Kontakte automatisch informiert werden. Zum Unterschied von den offenliegenden Listen erfolgt die Erfassung bei der App pseudonymisiert. Es sind die Daten damit wesentlich besser geschützt als in der Schublade im Wirtshaus.

      Warum wählen wir aber nicht die App für diese Aufgabe, wenn die Vorteile so auf der Hand liegen? Wir entschieden uns für die mühselige, fehleranfällige Old-School-Variante. Ähnlich bizarr sind im Jahr 2020 auch die Aufrufe in „heute“, „Krone“ & Co., wer zum Beispiel am Donnerstag um 17.00 Uhr mit dem Regionalzug von Wien nach Graz gefahren ist. Man bräuchte auch dafür nichts anderes als eine App.

      Die Liste der Beispiele, wie der Einsatz von Technologie und die Digitalisierung der Systeme im Kampf gegen die Pandemie helfen könnten, ist lang. Neben den erwähnten wären eine Remote-Behandlung von Erkrankten, die Quarantäne-Unterstützung und die Vermeidung von Ansteckung sinnvolle und durchaus machbare Anwendungen. Wir erinnern uns zum Beispiel an das Einreise-Chaos in Deutschland und Österreich im Sommer und die Lkws, die an den Grenzen festsaßen. Auch hier wurde mit Listen gearbeitet. Griechenland war eines der wenigen Länder in Europa, die – mit Technologie unterstützt – die Einreise koordinierten und im Griff hatten. Technologie hätte einen unschätzbaren Mehrwert für die Behandlung, den Schutz der Bevölkerung und der Wirtschaft ermöglichen können. Neben der Technologie-Skepsis war in Europa auch die Fragmentierung der Systeme eines der Hauptprobleme. Hätten wir die Hilfestellung der Technologie zugelassen, wären wir nicht nur erfolgreicher im Kampf gegen die Pandemie, sondern hätten auch in der Zeit von Lockdown und Social Distancing einen wesentlich höheren Grad an Freiheit erreichen können.

      Die Gretchenfrage, die sich für mich stellt, lautet: Warum lassen wir uns nicht von der Technologie im Kampf gegen Corona unterstützen? Die Technologie ist unser Verbündeter. Die Technologie-Skepsis in unserem Land wird mit Corona so richtig spürbar. Und es ist mehr als Skepsis, es ist eine Technologie-Feindlichkeit.

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