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Warum tust du es auf einmal? Gibt es dafür einen Grund, den wir Riesen wissen sollten?«

      Urgos wiegte bedächtig seinen Kopf hin und her. Dann antwortete er und seine Worte erstaunten nicht nur Roger. »Ich habe den Verdacht, dass sich jemand für euch interessiert, der sich mit der schwarzen Magie auskennt. Willst du, dass ein schwarzer Hexer euch Riesen in seinen Bann zieht, und ihr für eine Sache kämpft, die gegen den Willen des Schöpfers ist? Tabor, der Drachenjunge hörte die Reden der Waldnymphen und der Höhlentrolle. Sie sprechen über den schwarzen Hexer, der in der Nähe eures Tempels gesehen wurde. Wenn er es schafft, euer Heiligtum zu betreten, so droht euch Riesen große Gefahr. Ich will das Gleichgewicht der Magie erhalten. Deshalb mische ich mich ein.«

      Roger sah kurz zu seinen Kriegern und dann zu Artem. Er hob seine Lanze wieder auf und hielt sie in beiden Händen. »Ich werde mit den Kriegern nach Ando-Hall zurückkehren. Dich und deine Freunde greifen wir nicht an und ich hoffe, dass du dein Schicksal erfüllst, mein junger Prinz.«

      Roger drehte sich um und winkte seinen Kriegern zu. Die Riesen sammelten sich bei einer alten Buche, deren Äste schon längst keine Blätter und keine Früchte mehr trugen. Leise unterhielten sie sich und einige sahen mit bösen Blicken zu Roger, der ihnen entgegen kam. Noch bevor er die Krieger erreichte, ertönte ein lauter Schrei und ein Blitz schlug in der Brust von Roger ein. Er sank tödlich getroffen zu Boden und mit einem zweiten Schrei flatterte eine schwarze Gestalt von den Bäumen auf, die in der Nähe standen. Diese Gestalt verschwand rasch und ein hässliches Lachen war zu hören.

      Artem lief durch den hohen Schnee zu Roger und sah mit entsetzen, dass in der Brust des Kriegers ein rauchendes Loch war. Der Prinz hätte seine Faust hineinstecken können.

      »Du hattest recht …«, röchelte Roger mit letzter Kraft. »Ein schwarzer Hexer … er wird …« Der Kopf des Kriegers sank zur Seite und sein rotes Blut bedeckte den Schnee. Ratlos standen die Krieger um ihren Anführer herum und die Furcht war in ihren Augen zu sehen.

      »Begrabt ihn mit allen Ehren«, sprach Artem zu ihnen. Dann strich er dem toten Roger über die Augen. »Zieht danach rasch zum Tempel und verweigert Cromber den Dienst. Er hat sich mit den finsteren Mächten eingelassen. Das ist gegen unser Gesetz und dafür muss mein Onkel seine gerechte Strafe erhalten. Ich werde Roger rächen, das bin ich ihm und euch allen schuldig. Und vergesst eure zehn Freunde nicht, die auf dem Weg liegen und schlafen. Ihr werdet ihnen helfen müssen.«

      Die Krieger nickten zustimmend und hoben ihren toten Anführer auf. Schnell fertigten sie aus Lederriemen und Lanzen einige Tragen. Artem sah ihnen einen Augenblick nach und ging dann zu seinen Freunden zurück, als die Krieger mit ihren schlafenden Freunden und ihrem toten Anführer im Wald zwischen den Bäumen verschwanden.

      Urgos peitschte unruhig mit seinem mächtigen Schwanz den Schnee hinter sich. »Steig auf meinen Rücken«, rief er Artem zu. »Die Zeit wird knapp für dich werden. Der Hexer wird Cromber berichten wollen, dass du noch heute kommen wirst. Wir sollten ihm keine Zeit lassen und verhindern, dass er sich vorbereiten kann.«

      Der Prinz sah noch einmal zu dem großen Blutfleck, der im Schnee schon von Weitem zu sehen war. Dann kletterte er auf Urgos Rücken. Er setzte sich hinter Tabor und hielt sich an einer Kette fest, die der Drache um seinen Hals trug. »Hoffentlich wird es dir nicht zu eisig«, rief der Drachenjunge. »Die Kälte kann dich in großer Höhe in einen Eisklumpen verwandeln.«

      »Ich bin ein Nachtaugenriese«, antwortete Artem. »Ich fürchte die Kälte nicht, denn der Schöpfer hat meinem Volk vor langer Zeit die Kraft gegeben, dem Eis zu widerstehen. Mein Herz gibt mir die Wärme, die ich brauche.« Trotz seiner Worte hüllte der Prinz sich noch fester in seinen dicken Mantel ein.

      Langsam erhob sich der Drachenkönig nach einem kurzen Anlauf. Orbin saß auf seiner Flugschale und folgte Urgos mit einigem Abstand. Knurr flog neben dem Nekromanten und der kleine König aller Minitrolle saß bei ihm und schaute über den Rand der Flugschale. Er sah sich noch einmal um, doch der schwarze Hexer war nicht mehr zu entdecken. Wer hatte diesen Mörder nur geschickt? Die Frage ging Barbaron durch den Kopf und sie ließ ihm keine Ruhe.

       Der Herr des schwarzen Blutes

      Zur gleichen Zeit beobachtete eine finstere Gestalt das, was so eben geschehen war, mit allerhöchstem Interesse. Diese Gestalt war der Herrscher der Dämonenwelt, der höchste Fürst der Dämonen. Aufmerksam schaute er in ein großes rundes Becken, das sich bis zum Rand mit schwarzen Blut füllte. Es war das Blut jener schwarzen Kreaturen, die vor unendlich langer Zeit im Kampf gegen den Schöpfer und seine Heerscharen auf dem Schlachtfeld fielen. Die Magie dieses Blutes wurde vom Dämonenfürst Imperos immer wieder beschworen und sie zeigte ihm das, was der Herrscher sehen wollte.

      Glatt wie ein Spiegel wurde dann die Oberfläche und Imperos betrachtete die Orte, die für ihn unerreichbar waren. Doch für seinen schwarzen Hexer war es leicht, überall hinzufliegen. Durch die Augen des Hexers sah der Dämonenfürst, was gerade geschah. Er hatte den Hexer unter der Bedingung freigelassen, ihm zu dienen und alles zu tun, was er von ihm verlangte. Mit seiner Hilfe konnte Imperos den Nachtaugenriesen Cromber unter seine Kontrolle bringen und ihn gegen den Prinzen Artem aufwiegeln. Durch seine Gedanken war der Hexer außerdem mit Imperos verbunden. Und so konnte der Fürst dem Hexer befehlen, Roger zu töten, als dieser versagte.

      Der finstere Raum, in dem sich der Fürst befand, wurde nur durch die Glut einer Lavablase erhellt. Sie blubberte unaufhörlich in einer Ecke und verbreitete außer ihrem matten Licht auch noch einen fürchterlichen Gestank. Doch der Fürst achtete schon längst nicht mehr darauf.

      Quietschend öffnete sich eine eiserne Tür und die schlanke Gestalt einer schwarzen Nymphe trat ein. Es war Aella, die von Dämonicon auf der Insel des Nebelgrundes durch das schwarze Portal geschickt wurde. Jetzt konnte sie nicht mehr so einfach gegen den Willen des Dämonenfürsten zurück und sie musste dem höchsten Fürsten der Dämonen dienen. Sie verbeugte sich vor Imperos und sprach ihn mit sanfter Stimme an. »Mein Herr und Meister. Die Gefangenen sind in die große Halle geführt worden. Willst du sie in dieser Stunde sehen? Oder sollen sie auf den Augenblick ihrer Vernichtung noch ein wenig warten?«

      Imperos drehte sich um und sah verärgert zu der Nymphe. »Du dummes Ding«, fuhr er sie an. »Wer sagt dir denn, dass ich sie vernichten will? Der Tod der Gefangenen bringt mir nicht viel. Doch ihr Wissen ist groß und sie werden es mit mir teilen. Das versichere ich dir, meine schöne Aella.«

      Imperos wendete sich wieder seinem magischen Becken zu und strich mit beiden Händen beinah zärtlich über die Oberfläche des Blutes.

      »Schau es dir an«, sprach er zu der Nymphe und seine Stimme klang unerwartet leise. »Das Kostbarste, das ein Krieger in der Schlacht opfern kann, ist sein Leben. Doch dieses Leben wird durch das Blut gespeist, und wenn es auf dem Schlachtfeld vergossen wird, so fließt das Blut mit dem Leben davon. Ich bin einst über alle Schlachtfelder gegangen, auf denen meine dämonischen Krieger zu Tausenden starben. Ich habe ihr Blut gesammelt und ihnen im Augenblick ihres Todes in die Augen gesehen.«

      Der Fürst drehte sich mit einem Ruck zu Aella um. Dann beugte er sich über sie, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. Leise sprach er weiter. »Selbst der unwürdigste Dämon hat eine Seele und ich konnte sehen, wie sie alle im Augenblick des Todes aus den Kriegern heraus stiegen und mich verwundert ansahen.«

      Aella wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als der viel größere Fürst noch näher rückte und mit seiner rechten Hand über ihre Wangen strich. »Sie wussten nicht sofort, wo sie waren«, flüsterte Imperos und ein hässliches Grinsen huschte über seinen Mund. »Da habe ich beschlossen, ihre Magie für mich zu nutzen und ihre Seelen zu fangen. Sie dienen mir seit dem als Geister und sie werden niemals frei sein. Durch die Seelen und durch das Blut der gefallenen Dämonenkrieger wurde ich noch mächtiger und selbst der Schöpfer kann mir diese Macht nicht nehmen.«

      Aella kannte diese Macht nur zu gut. Ihre eigene schwarze Magie hatte sie durch die Macht des Dämonenfürsten erlangt, und jedes Mal, wenn sie diese Magie anwendete, zahlte sie einen hohen Preis. So wurde sie eine schwarze Nymphe, die ihre Lebensenergie Stück für Stück an die Dämonen verlor. Vor allem

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