Скачать книгу

Wolkenheim noch mehr zusammen. Wurde aschfahl und mit dem Zittern hätte sie jeden Wettbewerb um das beste Zittern im Espenwald gewonnen!

      Ich hatte einen wunden Punkt getroffen. Der Ex-LKA-Ermittler in mir regte sich. Der siebte Sinn. Ellas Augen sprachen Bände.

      Aber eigentlich ging mich der ganze Schmarrn nichts an. Ich wollte nur Fanny und Anna einen Gefallen tun. Hatte mich allein 28 Euro Parkgebühren gekostet. Und nun hingen wir hier rum und ich machte mir auch noch ‘nen Kopf wegen einer Freundin meiner Freundin!

      Doktor, schalt einfach ab und lass das die Bullen machen. Pack deine Bagage und ab durch die Mitte.

      Aber Ella hing mir plötzlich am Hals. Sie fühlte wohl, dass ich sie beschützen konnte.

      Weswegen brauchte sie Hilfe?

      Mir war das peinlich, ehrlich. Anna war mein Sechser im Lotto. Das hatte sie mir erst heute wieder klargemacht. Nicht nur, weil sie einfach eine Granate im Bett ist. Das reicht nicht. Anna ist auch sonst ein Schatz und mit einem Charakter ausgestattet, den man ihren Eltern nun wahrlich nicht anhängen kann. Ja, ich weiß, der Alte ist tot, die Mutter abgehauen.

      Das hatte Anna alles nicht verdient.

      Ich war in der Vergangenheit zu oft auf Abwegen unterwegs gewesen. Das sollte ein für alle Mal ein Ende haben.

       Ella – du bist nichts für mich. Du rattenscharfer Volltreffer!

      »Fanny, Anna! Wir gehen!«, pfiff ich unfreundlich meine beiden Begleiter an. Ella hatte sich wider meinen Willen in meinen Unterleib geschmuggelt.

      Ich war sauer auf mich, weil ich auf die Freundin meiner Freundin scharf war. Hatte ich mir nicht gerade Treue geschworen?

       III

      »HAST du gehört? Razzia im MEGA. Das ist einfach nur mega Scheiße! Was habe ich dir immer gesagt? Du bist einfach eine gottverdammte Niete!«

      Der Angerufene brach in Schweiß aus. Gerade hatte ‚Dackelblick‘ sich schlafen gelegt. Er war früher gegangen, weil er fürchterlichen Dünnschiss bekommen hatte. Einfach so. Urplötzlich. Aus dem Nichts heraus. Sein Glück, sein Pech.

       Woher wusste Ufuk schon wieder, dass es heute Nacht im MEGA eine Razzia gegeben hatte? Der Türke muss eine echt gute Verbindung zu den Bullen haben! Kacke, verdammte Kacke!

      ‚Dackelblick‘, der eigentlich Rainer Bormann heißt, war durch den Wind.

      Er selbst war immer clean.

       Die hätten mich checken können. Null Problemo!

      Der Abend hatte sich gelohnt. Zweihundertachtundvierzig Päckchen hatte er verkauft.

      Gemischtwaren.

      Die Lotterie brachte ihm 29.200 Euronen ein. Clubmiete, Getränke, Fingerfood und der DJ abgezogen: Reingewinn 15.000. Den musste er sich mit zwei weiteren Parteien teilen. Für ihn blieben 40 Prozent. DJ DenDen legte für ‚Dackelblick‘ immer kostenlos auf. Den hatte er in der Hand. DJDD brauchte er nur ein Flugticket zu hinterlegen. Amsterdam-München. Peanuts. Und er hatte mindestens fünfzig neue Kunden gewonnen, die dauerhaft was wollten.

      Genau das war sein Plan gewesen.

      Nicht schlecht für drei Stunden. Aber nun …

       Wie konnte es zu einer Razzia kommen? Wer hat gequatscht, wer hat den Tierschutzverein verpfiffen? Wen soll ich jetzt im MEGA anrufen?

      Nee, Rainer, mach das bloß nicht! Nachher orten die noch dein Handy.

      Mir kann keiner was.

      Ich war gar nicht da.

       Außerdem …

      An Schlaf war nicht zu denken. Erst der Dünnschiss, dann der Anruf von Ufuk. 04:22.

      Rainer Bormann, Sohn des Promi-Bohrers Dr. med. dent. Volker Bormann. Der 21-Jährige, der in der Szene nur ‚Dackelblick‘ genannt wurde, weil er so treu, so lieb und harmlos gucken konnte wie ein hinterlistiger Rauhaardackel, der ständig nach Fressen bettelt. ‚Dackelblick‘ wälzte sich hin und her.

      Dann raste er wieder aufs Klo.

      Dann schlich er sich wieder ins Bett.

      So ging das alle paar Minuten.

      04:38. ‚Dackelblick‘ schreckte hoch, als er die Sirene hörte. Ein fieser Ton, den sein Vater hatte einbauen lassen. Gar nicht laut, aber eine Frequenz, die ihn gleich wieder auf den Topf springen ließ. Einfach nur ätzend.

      Ätzender Ton und Dünnpfiff.

      Jetzt ging ihm richtig der Stift! Einbruch?

      Die Bullen?

      Fehlalarm?

      ‚Dackelblicks‘ Eltern waren in Baden-Baden zu einem Kongress der Bohrerelite. Neue Substanz für noch weißeres Bleaching. Da stehen die Frauen in München drauf. Sein Alter konnte es gar nicht erwarten, seinen Patientinnen – Männer besuchten seine Praxis sehr selten – das neue Zeug zu verklickern. Darin war er spitze. Noch weißere Zähne als weiß. Das war es doch! In unverständlichstem Bayerisch quatschte Doktor ‚Volli‘, wie er liebevoll von seinen Patientinnen genannt wurde, die Tussis voll, wenn sie auf seinem Stuhl lagen und, Schlauch im Mund, eh nichts erwidern konnten. Methode.

      Aber jetzt?

      Was war das?

      Es wurde laut im Erdgeschoss. Die Villa in der Dall‘Armistraße in Nymphenburg war gleichzeitig die Praxis des Promi-Zahndocs. Das ganze großzügige Erdgeschoss, eingerichtet von Ennio Graf Pilati, dem Innenarchitekten der Stadt, wenn man viel Kohle raushauen will.

      Es klirrte und krachte, dass ‚Dackelblick‘ in Panik geriet. ‚Dackelblick‘ überlegte, ob er die Bullen rufen soll.

      Er riet sich selbst davon ab.

      Vermutlich würden sie sein Labor finden. Das wäre nicht so gut für ihn und seine Familie …

      Er verbarrikadierte sich in seiner Behausung. ‚Dackelblick‘ war messiemäßig unterwegs. Wohnung konnte man zu der Edel-Chaos-Bude nicht gerade sagen. Er wartete ab.

      Um 07:13 wagte er sich ins Erdgeschoss und erstarrte: Die Luxus-Praxis war ein einziges Schlachtfeld. Alle Computer rabiat rausgerissen. Weg. Die Telefonanlage ebenfalls. Weg. Die Gemälde – rund um Zähne –, Sonderanfertigungen von Matthias Waske, dem Promi-Maler für die Münchener Schickeria-Profis, wie den Promi-Bohrer, zerschnitten. Die Wände, das teure Interieur – alles hin. Ein genialer Sprayer hatte sich ausgetobt:

      »Fick dich!«

      »Arschloch!«

      »Promi-Wichser!«

      »Zahn-Loser!«

      »Drogen-Dödel!«

      »Dosenöffner!«

      Das waren noch die ganz harmlosen Losungen.

      ‚Dackelblick‘ war sich nicht sicher, ob das alles seinem Vater galt oder ihm oder beiden. Fest stand, dass die Praxis eigentlich um 08:30 geöffnet werden würde. Zwei der Helferinnen würden, wie stets, überpünktlich kommen, um die Damen der Gesellschaft zu empfangen. Zum Säubern der Beißerchen, Airflow, Bleaching, Fissurenversiegelung und all das, was die reiche, schöne, die junge und fast junge Frau, die reifere, die schon leicht in die Jahre gekommene usw. wöchentlich dringend braucht, um in der Gesellschaft bestehen zu können.

      ‚Dackelblick‘ bekam weiche Knie.

      Das ging nicht ohne Polizei.

      Also raffte er sich auf. Er hatte genau eine Stunde, um sein Labor im Untergeschoss zu cleanen. Fieberhaft machte sich Rainer Bormann, der blutjunge Drogenmillionär – also fast –, an die Arbeit.

      07:15. Geschafft. Alle 213 Party-People, die eigentlich

Скачать книгу