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Teil II stelle ich viele Lebensbereiche vor, aus denen wir lernen und unsere Erfahrungen schöpfen. Alle unsere Sinne dienen dazu, Weisheit zu lernen.

       Weisheit mit allen Sinnen lernen

      Weisheit kommt zu Menschen auf so vielen unterschiedlichen Wegen, wie es Menschen gibt. Bildung muss nicht weise machen, kann es aber. Lesen muss nicht weise machen, kann aber dazu helfen. Also beschreibe ich in Teil II die vielen Quellen, aus denen Sie neben den täglichen Erfahrungen auch noch Weisheit lernen können. Vielleicht gibt es in dieser Welt keine Begegnung, keinen Satz, keinen Text und kein Bild, das Sie nicht weiser machen kann, als Sie es vorher waren. Sie müssen nur genau hinschauen:

       Intelligenz und Bildung machen noch keinen Weisen. Die Bildung kann aber eine gute Helferin auf dem Weg zur Weisheit sein.

       Märchen, Sagen, Legenden und Fabeln sind durch Jahrhunderte oder gar Jahrtausende bewährte Weisheiten. Es lohnt sich über Geschichten, die schon so lange Bestand haben, nachzudenken.

       »Philosophie« – dieses Wort bedeutet »Liebe zur Weisheit«. Aber kann uns die Philosophie auch wirklich weise, also lebensklug machen? Die Philosophie ist ja eher eine Disziplin, die den ganz normalen Menschen abschreckt. Also schauen wir sie uns in Kapitel 8 einmal genauer an und finden heraus, ob und was sie für das praktische Leben zu sagen hat.

       Es ist ja nicht so, dass man heutzutage nicht mehr liest. Smartphone, Internet und soziale Medien funktionieren ja nur deshalb, weil die Menschen lesen können. Aber dann gibt es auch immer noch diese »alte Welt« des Lesens: die Welt der Bücher. In Kapitel 9 geht es darum, was uns an der alten und der neuen Welt des Lesens weise oder zum Narren machen kann.

      Natürlich kann Weisheit nicht nur durch die Welt der Bücher, Gedanken und Geschichten gelernt werden. Die wesentliche Quelle, aus der wir Weisheit lernen und der wesentliche Grund, warum wir eigentlich Weisheit brauchen, sind unsere Mitmenschen.

       Weisheit und der Umgang mit Menschen

      Menschen sind liebenswürdig und schlecht gelaunt, gereizt und gelassen, friedlich, aggressiv und vieles mehr. Manchmal vereinen sich in einer Person widersprüchliche Eigenschaften – je nachdem, zu welcher Tageszeit man sie antrifft, ob bei der Arbeit oder im Urlaub, ob beim Sport oder in der Sauna.

      Es kann schwierig sein, einen einzelnen Menschen zu verstehen, geschweige denn, eine Gruppe von Menschen oder eine ganze Gesellschaft. Deshalb ist es wohl nicht übertrieben zu sagen, dass wir all unsere gesammelten Erfahrungen, all unser Wissen, Feingefühl, Durchsetzungsvermögen – kurz: unsere ganze Weisheit dafür brauchen, mit anderen Menschen zurechtzukommen.

       In Kapitel 10 beschreibe ich, wie Sie die größte Hürde schaffen können: mit sich selbst zurechtzukommen.

       Um Beziehungen zu anderen Menschen geht es in Kapitel 11. Es gibt dort keine Wunder-oder Allheilmittel für harmonische Beziehungen, aber ein paar Hinweise und Gedanken, die für mich funktioniert haben, und auch einiges, was durch die Jahrhunderte hindurch auch andere Menschen ganz hilfreich fanden. Wie immer soll es aber auch in dem Kapitel nicht nur darum gehen, wie man einen guten Weg findet, sondern auch um das, was uns am Umgang mit anderen Menschen weiser macht.

       Eine für das Miteinander heute zu wenig beachtete Kunst beschreibe ich in Kapitel 12: die Gastfreundschaft. Was lehrt uns die Gastfreundschaft über die Menschen? Über den Gast und den Gastgeber? Über uns selbst – als Gast und als Gastgeber? Dabei gehe ich davon aus, dass es wesentlich für die Gastfreundschaft ist, miteinander zu essen. Ein Kapitel über die erstaunlich weisheitsfördernde Wirkung menschlicher Gemeinschaften beim Essen und Trinken.

      Es fehlt an Durchblick. Manchmal verstehen wir nicht mal unseren Partner oder unsere Partnerin, von den Kindern, je älter sie werden, ganz zu schweigen. Unsere Nachbarn sind uns ein Rätsel, unsere Arbeitskollegen oft ebenso. Wir hören in den Nachrichten von den Konflikten der Welt und verstehen weder deren Ursachen wirklich noch scheint irgendjemand eine Lösung zu wissen. Uns beschleicht das dumme Gefühl, dass es auch Politikern, Bankern und Börsenmaklern an Durchblick fehlt. Manchmal können wir nur etwas niedergeschlagen feststellen, dass die Welt zu kompliziert für uns ist. So ungefähr wenn wir das vierzigste Lebensjahr erreicht haben, entfährt uns vielleicht dann und wann der Seufzer: »Früher war alles einfacher …«

       Früher war alles einfacher

      Es muss schön gewesen sein, als das Leben noch einfach war. Obwohl viele Menschen meinen, sich noch an eine einfache Welt erinnern zu können, ist es nicht so leicht, diese einfache Welt irgendwo in der Geschichte zu verorten. Vielleicht war die Welt einfacher, bevor es Computer gab, also vor den 1980er-Jahren? Na ja, in den 1970er-Jahren hatte Deutschland ein ernsthaftes Terrorismusproblem, dessen Ursachen man auch nur mühsam verstand. Dazu befanden sich Ost und West im Zustand des »Kalten Krieges«.

      Okay, vielleicht war es davor einfacher, in den 1960er-Jahren. Aber warum sind ab 1968 die jungen Leute auf die Barrikaden gegangen, wenn es doch in Deutschland allen so gut ging? Na gut, dann noch früher … Das Jahr 1914 brachte einen Krieg, den anscheinend niemand wollte und den trotzdem niemand verhindern konnte. Warum es dazu kam, verstehen wir auch heute noch nur so einigermaßen. Auch nicht einfach. Wie weit also wollen wir zurückgehen, bis wir das »einfache Leben« finden? Renaissance? Dreißigjähriger Krieg (ups, schlechtes Beispiel …)? Mittelalter? Antike? Jetzt sind wir dann schon lange zurück in den Zeiten, an die sich kein heute lebender Mensch mehr erinnern kann.

      Vielleicht ist es tatsächlich so: Das einfache Leben hat es nie gegeben. Nur möglicherweise eines, in dem Sie sich wohler gefühlt haben – zumindest in Ihrer Erinnerung. Dummerweise leben Sie jetzt in einer Welt, die nicht nur nicht einfach ist. Diese Welt ist nicht einmal mehr nur kompliziert. Nein, noch schlimmer: Sie ist komplex.

       Kompliziert oder komplex

      Ein Hammer ist ein einfaches Werkzeug. Man kann damit einen Nagel einschlagen. Oder zwei Teile zusammenklopfen. Oder auch mal etwas kaputt machen. Haben wir einen Hammer in der Hand, erschließen sich uns die Möglichkeiten für seinen Gebrauch fast automatisch (oder intuitiv – wie beim Smartphone …). Ein Hammer ist einfach.

      Aber erinnern Sie sich an den Tag, als Sie Ihren Fernseher ausgepackt und in Betrieb genommen haben? Smart-TV, Sendersuchlauf, vielleicht schon Internetanschluss? Scart-, HDMI-, USB- und Cinch-Steckplätze? Was jetzt wo und wie einstöpseln? So kompliziert wie das alles zu Beginn auch ausgesehen haben mag – irgendwann haben Sie Ihren Fernseher und seine Funktionen sicher verstanden. Ein Fernseher ist kompliziert – aber nur am Anfang. So wie Auto- oder Fahrradfahren. Was kompliziert ist, können wir lernen, und plötzlich ist es dann einfach.

      Anders ist es, wenn etwas komplex ist. Ein komplexes System besteht aus vielen unterschiedlichen Teilen, die sich gegenseitig beeinflussen (oder manchmal auch nicht!), die Wechselwirkungen

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