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Disziplin zurückgefunden. Wieder fiel es mir leicht, tagsüber zu arbeiten und abends zu lernen. Der nächste Abschluss war der einer Physiotherapeutin. Weiterbildungen in systemischem Coaching, NLP und[25] Hypnotherapie folgten. Je weiter ich mich bildete, desto gefragter wurde ich. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt.

      Und von diesem Punkt an schien plötzlich gar nichts mehr so leicht und wie von selbst zu funktionieren.

      „Wachstumsschmerzen“, kommentierte Silvio lakonisch, als ich ihm von meinem Problem erzählte. Wir saßen bei unserem Lieblingsitaliener. Die Party war mittlerweile fünf Jahre her, und unsere wöchentlichen Treffen jeden Mittwochabend waren Tradition. Silvio war ein fester Bestandteil meines Lebens geworden – und meiner Karriere bis hierher. Unsere Mittwochabende waren uns beiden heilig. Wir tauschten uns aus, hörten zu und gaben Tipps. Coachten uns gegenseitig. Stellten kritische Fragen, ermutigten einander. Ohne ihn wäre ich nicht da hingekommen, wo ich mittlerweile war. Aber … wo ich mittlerweile war, war ein Engpass.

      „Bisher sind alle meine Kundinnen und Kunden auf Empfehlung zu mir gekommen“, erzählte ich Silvio beim Kaffee.

      „Empfehlungen sind doch super“, meinte er. „Ein besseres Marketing gibt es nicht. Hast Du Dein Empfehlungsmarketing schon systematisiert?“ – „Ja, eigentlich schon“, antwortete ich. „Ich habe nur das Gefühl, es reicht nicht. Letztens ist mir eine wichtige Kundin abgesprungen, die Schauspielerin: Sie hat die Chance, in Hollywood Fuß zu fassen und zieht nach Los Angeles. Ich habe das Gefühl, ich müsste mich mehr mit meinem Marketing befassen. Und ich habe außerdem das Gefühl, die nächste Generation steht in den Startlöchern, um mich zu überholen.“ Silvio lachte. „Süße, Du bist erst 39!“ – „Ja, das meine ich nicht. Ich meine das moderne Marketing, das sie betreiben. Twitter, Instagram, YouTube, Facebook. Der ganze Social-Media-Kram. Ich weiß nicht, ob ich sowas brauche. Und wenn ja, weiß ich nicht, wie ich’s anfangen sollte.“ Silvio lehnte sich zurück und dachte nach. „Zu Social Media könnte ich Dir schon ein bisschen weiterhelfen.“ Das wusste ich. Das Café, das Silvio zusammen mit seinem Mann Carsten betrieb, hatte etliche tausend Facebook-Fans, und Silvio pflegte die Seite selbst.[26] Er machte Open Stages, hatte Musiker dort zu Gast – der Laden lief.

      „Ich weiß nicht, Silvio. Ein Café ist doch was anderes als Personal Training.“ Er lächelte, nickte, schüttelte dann gleich den Kopf. „Weißt Du … im Grunde geht es immer nur darum, Geschichten zu erzählen. Und bei Personal Training noch mehr als bei einem Café. Beim Café bin nicht ich das Erfolgsrezept, sondern die Atmosphäre, das Team, das Angebot … viele Faktoren. Wenn Du Menschen trainierst oder behandelst, dann geht es vor allen Dingen um eines.“ Er machte eine Kunstpause. „Und worum?“, fragte ich. „Na – um Dich. Wenn Du als Expertin, als Coach, Trainer oder dergleichen mit Menschen arbeitest, buchen sie immer zuallererst Dich. Und dafür müssen sie Dich kennenlernen. Und dafür wiederum sind die sozialen Medien eine ziemlich gute Plattform. Vor allem, wenn Du Videos verwendest.“ – „Videos?“ Ich zog erschreckt die Augenbrauen hoch. „Bist Du jeck? Ich bin doch keine Schauspielerin!“ Silvio grinste und leerte den Rest seines Ingwertees. „Keine Sorge, Süße. Musst Du auch gar nicht sein.“ – „Videos!“, echauffierte ich mich. „Ich seh’ doch schon auf Fotos immer total bescheuert aus!“

      Mia ist also am Punkt der Erkenntnis und beginnt ihren aufregenden Weg hin zur Transformation. Genau wie Du. Du willst also Geschichten – echte Geschichten – nutzen, um Deine Botschaft an Deine Kundinnen zu bringen. Das mit dem Storytelling hast Du begriffen. Warum aber brauchst Du Videos? Darum geht es in diesem Kapitel.

      Das Gehirn verarbeitet Bilder 60 Mal schneller als Wörter, und Geschichten sind erzählte Bilder. Noch besser natürlich sind echte Bilder. Bewegte Bilder, die Geschichten erzählen.

      [27]Was verbindest Du mit so richtig beeindruckender Werbung? Wenn ich Dich nach Werbung frage, die Dir in Erinnerung geblieben ist, Dich berührt hat: Welche fällt Dir ein?

      Wenn ich diese Frage in Workshops stelle, erhalte ich als Antwort fast immer Werbespots: auf YouTube, Fernseh- oder Kinowerbung. Weil Bewegtbilder uns mehr berühren als unbewegte. Weil nichts die fünf Sinne so sehr berührt wie das bewegte Bild, kombiniert mit Ton und Musik. Gleichzeitig ist Fernseh- oder Kinowerbung natürlich sehr aufwändig – für viele „kleine Fische“ unbezahlbar. Fast alle Teilnehmer meiner Workshops sind Mittelständler, Kleinunternehmerinnen oder Einzelkämpfer. Alle sind Expertinnen auf ihrem Gebiet, viele sind Trainer, Coaches oder Speakerinnen. Fünfstellige Summen für einen Imagefilm können sie nicht stemmen.

      Genau hier kommt Videokommunikation ins Spiel. Ohne dass wir es gemerkt hätten, haben die YouTuber das Fernsehen überholt. Bekannte YouTuber haben mehrere Millionen Abonnenten – während das Fernsehen Einschaltquoten in Hunderttausendern rechnet.

      In der Zeit des Web 2.0 hast Du erkannt: Du brauchst Videos, um Deine Kunden zu erreichen. Du hast eine Vision, eine Botschaft, die Du Deinen Kundinnen mitgeben willst. Sie sind aufgeklärt und informiert. Sie wollen keine polierten Imagefilme sehen, sondern Authentizität und ehrliche Kommunikation. Das gilt besonders für Beraterinnen und Coaches. Der Nasenfaktor ist entscheidend. Und dazu wollen die Kunden die Nase sehen, Deine Stimme hören. Sie wollen keine Werbeslogans, sie wollen Dich hören und sehen, wie Du wirklich bist.

      In den USA ist der Trend der Videokommunikation wie immer schon längst angekommen. Einige der ganz Großen auf dem Gebiet Training und Coaching nutzen fast ausschließlich dieses Tool für ihre Marketingkommunikation.

      Schau Dir mal Videos von Tony Robbins, Brendon Burchard oder Vrinda Normand an. Am Ende des Buches findest du eine Liste mit Links zu ihren YouTube-Kanälen.[28] Dort kannst Du sehen, wie Videokommunikation mit einer Botschaft funktioniert. Obwohl alle drei sicherlich genügend Geld hätten für glatte Imagefilme (und tatsächlich hat Tony vor zehn Jahren auch noch solche produziert), haben sie sich für Videokommunikation entschieden: Sie selbst stehen vor der Kamera und erzählen ihre Geschichten. Technisch unaufwändig, ohne Schnickschnack und fast ohne Schnitt. Es geht nicht mehr um schnelle Bilder und Kawumm. Es geht um zwischenmenschliche Kommunikation.

      Genau wie Tony, Brendon oder Vrinda kannst Du Dich als Expertin, Coach, Trainerin oder Berater vor die Kamera stellen. Und genau wie diese brauchst Du Unterstützung. Nicht viel: kein Kamerateam, keinen Regisseur. Aber ein paar grundlegende Dinge willst Du doch wissen. Denn ein Scharlatan, der sich selbst mit der Webcam am Rechner filmt, mit grauem Bild und rauschendem Ton, das bist Du auch nicht, oder? Authentisch heißt reduziert, echt – aber nicht stümperhaft.

      Gerade im Web ist Deine persönliche Ansprache an die Kunden gefragt. Immer öfter finden wir einfache Werbebotschaften mit Gesichtern. Der Kunde 2.0 will Authentizität – und die muss nicht viel kosten.

      Dieses Buch ist auf solche einfachen Werbebotschaften ausgelegt: Dein Gesicht vor der Kamera. Deine Botschaft. Natürlich kannst Du das Gelernte auch auf Kunden-Testimonials anwenden, also jemand anderes vor die Kamera stellen, der etwas über Dich, Deine Dienstleistung, Deine Firma erzählt. Du lernst aber nicht, Filme zu drehen – denn das solltest Du wirklich den Profis überlassen. Wenn Du Testimonials von Kunden aufnehmen oder selbst eine Botschaft unter die Leute bringen willst, wenn Du vloggen (Vlog ist die Kurzform für Video-Blog im Internet), Lehrvideos online stellen willst, dann kannst Du hier grundlegende Dinge lernen. Im ersten Teil sprechen wir über die Technik. Danach wird es im zweiten Teil um Bildgestaltung, Licht und Einstellungen gehen. Und im dritten Teil reden wir vornehmlich über Dich – und darüber, wie Du vor der Kamera wirkst.[29] Denn das visuelle Zeitalter bedeutet nicht, dass Deine Kunden irgendetwas oder irgendjemanden sehen wollen. Sie wollen Dich sehen. Und jetzt lernst Du, wie Dir das gelingt.

      Ich war früher immer die, die auf dem Klassenfoto eine Grimasse schnitt. Oder die Augen zuhatte. Auf Mannschaftsfotos des Sportvereins sah ich aus wie dazugestellt: Ich passte da nicht hin und wollte da auch nicht sein. Und jetzt fand Silvio, ich sollte Videos drehen. Meine Güte. Am liebsten hätte ich einfach ein Veto eingelegt. Schließlich konnte ich mich mit dem Thema soziale Medien auch ohne Videos befassen. Aber Silvio und ich hatten schon seit einigen Jahren eine Abmachung. Die Raus-aus-der-Komfortzone-Abmachung.

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