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in jeder Jurte zu finden sein werden. Es sind Bücher aus Papier, die die Worte und Taten eines Propheten oder eines anderen große Mannes bewahren und verbreiten.“ Er warf ihr das Buch hin, dass er die ganze Zeit in den Händen gehalten hatte. „Kannst du mir so etwas herstellen?“, fragte er an Li gewandt. Sie nahm das Buch. Die Seiten waren mit Schriftzeichen bedeckt, die Li nicht lesen konnte. Eine Schrift aus fliehenden Linien und Haken und Bögen, dazu jede Menge Striche und sehr feine Zeichen, die wie in großer Eile geschrieben wirkten. Und doch erkannte Li sofort, dass dies nur dem ersten Eindruck entsprach und der Schreiber in Wahrheit ein Kalligraph gewesen sein musste, der sehr sorgfältig vorgegangen war. Man konnte es daran erkennen, wie er die Feder an- und wieder abgesetzt hatte und mit welcher Präzision die Striche geführt worden waren.

      „Ein Meisterwerk“, sagte Li. „Auch wenn ich nur seine äußerliche Gestalt zu würdigen weiß, denn von dieser Schrift vermag ich nicht ein einziges Zeichen zu lesen. Ich weiß nur dass es arabische Buchstaben sind, mit denen auch die persische Sprache geschrieben wird.“

      „Ich vermag diese Sprache zu verstehen, aber nicht zu lesen“, sagte der alte Toruk. „Dieses Buch ist ein Stück, das mir ein Karawanenführer verkaufte und es enthält die Schriften eines berühmten Arztes aus Buchara. Sein Name ist Ibn Sina und er soll Methoden, das Leben zu verlängern und die Folge des Alters zu mildern gefunden haben, die es möglich machen, bei guter Gesundheit ein hohes Alter zu erreichen... Du wirst verstehen, dass mich das interessiert!“

      „Gewiss, Herr.“

      „Leider gibt es zwar viele Menschen entlang der Seidenstraße, die Persisch sprechen, aber nur wenige, die es lesen können und so konnte ich mir bisher nur wenige der Ratschläge erschließen, die dieser große Arzt gibt...“

      „Es tut mir aufrichtig leid, dass wir dir in dieser Sache nicht weiterhelfen können“, sagte Li. „Aber keiner von uns vermag diese Schrift zu lesen.“

      „Das habe ich auch nicht erwartet und ich bete, dass ich noch einem Schriftgelehrten begegnen werde, der mir diese Zeichen zu deuten vermag. Was ich von euch verlange, ist etwas anderes... Ich will, dass ihr ein Buch herstellt, das genau wie dieses ist, aber mit freien Seiten, ohne Zeichen darauf.“

      Li blickte kurz auf und schlug dann gleich wieder die Augen nieder. Sollte dies eine Probe ihrer Fähigkeiten sein? Hatten die Uiguren inzwischen Zweifel daran, dass ihr Vater, Gao und Li selbst tatsächlich in der Kunst der Papierherstellung bewandert waren? Vielleicht vermutete man an in dieser Behauptung nur eine List Wangs, um seine Tochter bei sich zu behalten und zu verhindern, dass sie an jemanden verkauft wurde, der an diesem Talent der jungen Frau kein Interesse hatte.

      „Fragt meinen Vater, er ist der Meister.“

      „Nein, ich frage dich!“, erwiderte der ältere Toruk scharf.

      „Gewiss ist es möglich, so ein Buch zu schaffen. Aber es ist schwierig. Wir haben nicht die nötigen Werkzeuge und wahrscheinlich auch keine geeigneten Lumpen.“

      „Es soll euch alles gegeben werden, was ihr braucht“, meinte der alte Mann. „Meine Tage sind gezählt. Mein Blick ist trüb geworden und meine Beine schmerzen bei jedem Schritt. Nicht mehr lange und ich werde für immer die Augen schließen. Aber ich will nicht, dass all das, was ich erlebt habe, mit mir vergeht. Darum soll alles aufgeschrieben werden, was mir erzählt wurde und was ich gesehen und getan habe. Doch ich will kein Tier dafür schlachten, um Pergament aus seiner Haut zu machen, die man viel besser gerben und zu Leder verarbeiten kann.“

      „Und wer soll die Zeichen in diesem Buch für dich niederschreiben?“, fragte Li.

      „Ich habe Freunde unter den Karawanenführern. Manche sind Turkmenen, andere Uiguren oder Choresmier und Perser oder haben längst vergessen, welchem Volk sie angehören, weil sie so viel herumziehen, dass sie kaum noch in der Sprache ihrer Mutter sprechen. Ich hoffe, dass sie mir Schreiber anwerben können, die dies für mich tun, bevor ich die Augen schließe. Denn die Schlachten und Kämpfe all der Männer, die mit mir zusammen durch das weite Land zwischen dem östlichen Reich der Mitte und Samarkand gezogen sind, werden sonst vergessen sein, aber sie haben mit ihrem Blut dafür bezahlt, dass man sich an sie erinnert.“ Er lächelte fast mild. „Ich werde nur mit meinem sauer erworbenen Silber dafür zu zahlen haben, aber das lässt sich verschmerzen.“ Er beugte sich vor. „Seid Ihr etwa nicht des Schreibens mächtig?“, wunderte er sich.

      „Doch, gewiss“, sagte Li.

      „Aber wir schreiben die Zeichen, die im Reich der Mitte üblich sind“, erklärte Wang sogleich. „Und ein wenig von der Schrift, in der das Uigurische geschrieben wird, Herr...“

      „Das ist gut“, sagte der Ältere Toruk und ein zufriedener Gesichtsausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. „Das ist sogar sehr gut, denn ich will, dass mein Buch nicht nur in einer Art von Zeichen verfasst wird! Dieselben Worte sollen in so vielen Arten von Zeichen wiederholt werden, wie möglich! Ich will, dass die Kunde meiner Taten und der meiner Gefährten von allen verstanden wird – gleichgültig, welche Sprache dort gesprochen und welche Zeichen geschrieben werden! So werdet ihr mir eine große Hilfe sein...“

      „Ja, Herr“, sagte Wang unterwürfig und auch Li senkte den Kopf.

      „Und nun hinaus mit euch. Verliert keine Zeit, denn ich spüre, dass die meine immer mehr dahin schwindet...“

      ––––––––

      In der nächsten Zeit besserte sich die Lage für Li, Wang und Gao erheblich. Der Ältere Toruk sorgte dafür, dass sie besser versorgt wurden und alles bekamen, was sie zur Herstellung des Papiers brauchten.

      „Ich glaube, er will nur unser Talent auf die Probe stellen, um später einen höheren Preis erzielen zu können“, sagte Gao einmal, als sie dabei waren, Lumpen zu zerkleinern, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Mit einfachen Holzknüppeln droschen die drei darauf ein. Schließlich gab es hier weder die Kraft eines durch Strömung angetriebenen Mühlrades noch die Hände zahlreicher Knechte und Tagelöhner, die diese Arbeit für sie verrichten konnten, wie es daheim der Fall gewesen war. Aber Wang hatte gemeint, dass es durchaus sein Gutes hätte, wenn die Arbeit nicht so schnell von der Hand ginge.

      „So lange unsere Arbeit nicht beendet ist, sind wir wertvoll für unseren Herrn“, sagte er. „Wer weiß, wie es uns danach ergeht!“

      „Wenn wir diese Städte erreichen sollten, von denen unser Herr sprach... Vielleicht wäre das sogar zu unserem Besten und wir könnten dort ein gutes Leben führen“, meinte Li. „Schließlich sagte er doch, dass es dort Menschen aus dem Han-Volk gibt. Und unser Handwerk scheint doch nirgendwo mehr gefragt zu sein, als an einem Ort, von dem man sich erzählt, dass dort jeden Tag ein Buch geschrieben würde!“

      „Die Pracht eines Reiches erstrahlt zumeist in der Ferne heller, als aus der Nähe!“, erwiderte Wang deutlich skeptischer.

      „Also ich hätte nichts dagegen, mal wieder in einer zivilisierten Umgebung zu leben“, meinte Gao. „Anstatt hier in der Wildnis, zusammen mit Tieren und in Kleidern, die einen so hässlich machen, dass sich in Xi Xia die Kinder vor einem erschrecken würden.“

      „Wir müssen es nehmen, wie es kommt“, sagte Wang.

      ––––––––

      Tage und Wochen vergingen mit harter Arbeit. Das Zerschlagen der Lumpen war sehr anstrengend und davon abgesehen, war deren Qualität auch sehr unterschiedlich. Es mangelte vor allem an dem für die Papierherstellung nötigen Werkzeugen. Gefäße fehlten ebenso wie geeignete Werkzeuge zum Schöpfen.

      So

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