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gerichtet. Von den Siegen, die diese Schiffe gegen Araber und Normannen errungen hatten, erzählte man sich sogar in Venedig und Reisende hatten jene Geschichten sogar bis ins ferne Land der Sachsen getragen. Feuer, das dem Feind entgegen geschossen wurde und selbst durch Wasser nicht gelöscht werden konnte, hatte die Stadt ebenso wirksam zum Meer hin geschützt, wie es die titanischen Mauern gegenüber dem thracischen Hinterland taten und mancherorts hielt man die Geschichten darüber gar für Propaganda, die Kaiser Basileios nur mächtiger erscheinen lassen sollte, als er in Wahrheit war.

      „Das ist nur ein kleiner Getreidehafen“, sagte Fra Branaguorno. „Auch wenn Ihr hier mehr Schiffe als in Venedig und Genua zusammen findet und ganz Bremen hier Platz hätte!“

      Fliegende Händler sprachen die drei Reiter sofort an. Fra Branaguorno jagte sie mit ein paar barschen Worten davon.

      Arnulf von Ellingen konnte da nur den Kopf schütteln. „Was Euren Umgang mit diesen Bettlern angeht, so kann ich mich doch nur wundern, Fra Branaguorno! Schließlich seid Ihre doch selbst zur Armut verpflichtet.“

      „Es tut mir in der Seele weh, nicht jedem Bedürftigen etwas geben zu können“, behauptete Branaguorno, aber es klang nicht sonderlich überzeugend.

      Arnulf wandte sich im Sattel herum und meinte an Gero gerichtet. „Heute lernst du einiges fürs Leben, zum Beispiel wie sehr selbst ein dem Weg unseres Herrn Christus verpflichteter Mann Gottes auch noch gegen die zehn Gebote verstößt, in dem er die Unwahrheit spricht!“

      „Nun, ich...“ Gero wollte sich nicht dazu äußern. Zu sehr waren sowohl Arnulf als auch der gelehrte Mönch für ihn Respektspersonen. Aber hin und wieder neigte Arnulf dazu, über Fra Branaguorno zu spotten.

      Die Wahrheit – so wie Arnulf sie sich zusammenreimte - war wohl die, dass Fra Branaguorno keineswegs aus innerer Berufung heraus Mönch geworden war. Zumindest war es kaum eine Berufung zur Armut, sondern wohl am ehesten ein unstillbarer Drang zur Gelehrsamkeit, die ihn dazu veranlasst hatte, die drei Gelübde abzulegen.

      ––––––––

      Südlich des großen Hippodroms, in dem zigtausend Menschen den Pferderennen zusahen und der Kaiser sich dem Volk zeigte, gab es einige Viertel mit eng beieinander stehenden Häusern. Meist waren es Lagerhäuser, die Händlern gehörten, denen für ihre Geschäfte wohl die räumliche Nähe eines weiteren Hafens und des Hippodroms sehr dienlich war.

      „Achtet auf Taschendiebe!", riet Fra Branaguorno, als sie sich durch die geschäftigen und für Arnulfs Empfinden völlig überfüllten Gassen zwängten, die vom Hippodrom geradewegs in Richtung des Kaiserpalastes führte.

      „Wenn Euch die Straßen dieser Gegend überfüllt vorkommen, so lasst Euch gesagt sein, dass sie im Moment beinahe noch menschenleer sind...“, meinte Fra Branaguorno lachend.

      „Was sagt Ihr da?“, entfuhr es Arnulf.

      „... verglichen mit den Tagen, an denen der Kaiser sich im Hippodrom zeigt“, vollendete der Mönch seinen Satz. „Dann ist hier wirklich der Teufel los!“ Branaguorno bekreuzigte sich. „Man mag mir diese Ausdrucksweise verzeihen und gewiss will ich damit trotz aller Gegensätze im Glauben nicht gesagt haben, dass die Stadt Konstantins je etwas mit dem Teufel zu tun hätte...“

      „Nun, wenn das wahr ist, was Ihr sagt, dann können wir wohl nur hoffen, die Stadt bereits verlassen zu haben, wenn das nächste Mal im Hippodrom ein Spektakel stattfindet!“, sagte Arnulf.

      „Eure Hoffnung ist aussichtslos, Arnulf. Ein paar Tage länger werden wir hier in Konstantinopel schon zubringen müssen...“ Mehr sagte er nicht, denn jedes weitere Wort wäre zu viel gewesen. Die Stadt hatte hunderttausende von Ohren und man konnte nie wissen, ob nicht zufällig jemand mithörte, der die Sprache der Fremden verstand und vielleicht auch aus bruchstückhaften Äußerungen die richtigen Schlüsse zu ziehen vermochte.

      Und der Auftrag, mit dem Arnulf von Ellingen vom westlichen Kaiser in den Osten geschickt worden war, musste unter allen Umständen geheim bleiben.

      ––––––––

      Sie erreichten eine Nebenstraße, in der weit weniger Menschen waren. Ein paar verkrüppelte Kriegsveteranen saßen am Straßenrand auf einer Treppenstufe. Männer mit blonden oder rötlichen Haaren, die von weit her kamen und in den Söldnertruppen des östlichen Kaisers gedient hatten. Einem fehlte ein Arm und ein Bein, einem anderen der rechte Arm und ein Ohr, so als hätte ein Schwerthieb ihm beides abgetrennt. Gero starrte die Männer ein paar Augenblicke zu lang an. Auch wenn es im Reich des Sachsen-Kaisers sicherlich nicht weniger Krieg und Gewalt gab als als hier, so hatten weder Gero noch Arnulf Kriegskrüppel dieser Art und in größerer Zahl gesehen. Aber man erzählte sich über die Medizin des Ostens wahre Wunderdinge und so mochte es gut sein, dass hier so mancher Krieger Verletzungen überlebte, die andernorts den sicheren Tod bedeutet hätten.

      Vor einem Gebäude, das zwischen den mehrstöckigen Lagerhäusern in seiner Umgebung sehr klein wirkte, zügelte Fra Branaguorno sein Pferd und stieg aus dem Sattel. Seiner schlaksigen Gestalt wegen wirkte er sehr unbeholfen dabei. Die Kapuze seiner Kutte hatte er stets über dem Kopf und er achtete auch sehr darauf, dass dies immer so blieb.

      Branaguorno machte das Pferd an einer Querstange vor dem Gebäude fest und ging zur Tür. Dort klopfte er.

      Ein Mönch mit rundem Gesicht und roten Wange öffnete. Arnulf schätzte ihn auf nicht älter als Mitte zwanzig.

      „Fra Branaguorno!“, entfuhr es dem rundliche Mönch. „Wir haben Euch bereits lange erwartet!“

      „Die Reisewege sind unsicher geworden, Bruder Markus“, gab Branaguorno zurück. Er deutete auf Arnulf und Gero. „Ich darf Euch Arnulf von Ellingen und seinen Knappen Gero vorstellen. Wir brauchen Unterkunft und Verpflegung. Und außerdem habe ich ein versiegeltes Dokument für Euren Oberen.“

      „Kommt herein!“, sagte Bruder Markus, bei dem Arnulf sich fragte, woher er wohl stammte. Der dickliche Mönch hatte Latein gesprochen, das Arnulf gut verstand, auch wenn er zugeben musste, dass ihm die Sprache der Italiener eigentlich etwas näher war. Letztere hatte er während der kaiserlichen Feldzüge in Italien, an denen teilzunehmen seine Pflicht gewesen war, fast fließend erlernt, um sich verständigen zu können. Bei reinem Latein kam es manchmal vor, dass ihm die Wörter deutlich schwerfälliger über die Lippen kamen.

      Aber die Art und Weise, in der Bruder Markus das Lateinische aussprach, kam Arnulf bekannt vor.

      „Ihr stammt aus der Mark der Elbslawen!“, stellte er fest. „Leugnet es nicht, Eure Sprache verrät Euch!“

      Bruder Markus lächelte mild. „In der Gemeinschaft der Gläubigen spielt es keine Rolle, wo die Wiege gestanden hat“, erklärte er. „Aber Ihr habt recht! Ich stamme aus der Billunger Mark.“

      „Ich kenne das Gebiet ganz gut“, sagte Arnulf. „Leider, muss man wohl sagen, denn alljährlich hält es der Kaiser für notwendig, dort mit großem Heeresaufgebot hinzuziehen und den Billungern den christlichen Glauben mit dem Schwert beizubringen.“

      „Es war die Kraft des Glaubens und die Güte der Gläubigen, die mich bekehrte“, erwiderte Bruder Markus. „Und ich wüsste niemanden, der die Erleuchtung durch das Schwert gewonnen hätte.“

      „Mit diesen Dingen kenne ich mich nicht aus, Bruder. Ich weiß nur, wem ich einen Lehenseid geschworen habe und deswegen bis ans Ende der Welt folgen muss!“

      Bruder Markus lächelte versöhnlich. „Nun, wenn Ihr dem Kaiser schon in die Billunger Mark gefolgt seid,

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