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      Josiah Morgan sprach mit leiser, sonorer Stimme. In dem kahlen Raum herrschte eine verhallte Akustik, die sie bedeutungsvoll klingen ließ.

      "Es ist soweit, meine Brüder und Schwestern. Die letzten Tage sind gekommen. Ich habe das Kommende vor mir gesehen! Vor meinem inneren Auge... Das große Sterben der Unreinen wird bald beginnen. Und wir werden alle sehr stark in unserem Glauben sein müssen, um nicht in den Strudel des Verderbens gerissen zu werden!"

      Josiah Morgan machte eine Pause.

      Er faltete die langfingerigen Hände und atmete tief durch.

      "Die große Stunde ist nahe, lasst uns ihr in Zuversicht entgegen sehen!"

      "So sei es!", antwortete der Chor der AUSERWÄHLTEN.

      Josiah Morgan ließ den Blick schweifen. Seine falkenhaften Augen musterten einen nach dem anderen. Die AUSERWÄHLTEN hingen an seinen Lippen wie Süchtige an der Nadel. Ihre Gesichter waren verklärt.

      "Es gibt einige unter Euch, für die der himmlische Plan der Vollendung große Aufgaben bereithält", sagte Josiah Morgan dann. "Einige, denen der Herr besondere Glaubenskraft gegeben hat und in deren Hände er deshalb das Geschick seiner Kirche gelegt hat!"

      Morgan erhob sich.

      Sein Blick wurde suchend.

      Dannn streckte er den Arm aus.

      "Tritt vor, Bruder Melvin!", rief er.

      Melvin, der sich im inneren Kreis um die Kerzen herum befand, erhob sich.

      Josiah Morgan trat zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sein Blick bohrte sich in Melvins Augen, dem der Schauder anzusehen war, den er empfand.

      "Bist du bereit, das Schwert Gottes zu führen?", flüsterte Morgan.

      Melvin schluckte.

      "Ja", murmelte er dann.

      "Du wirst ganz auf dich allein gestellt sein... Nur dein Glaube wird dich beschützen!"

      "Ja."

      Der Weißhaarige wandte sich herum. Er ging zurück zu dem Podest, auf dem er wenige Augenblicke zuvor noch gesessen hatte. Ein zylinderförmiger Gegenstand war dort unter einem weißen Tuch verhüllt.

      Josiah Morgan zog das Tuch weg.

      Der CX-Behälter kam zum Vorschein.

      Der Weißhaarige nahm ihn mit beiden Händen, drehte sich zu Melvin herum und ging mit gemessenen Schritten auf diesen zu.

      Dann streckte er die Arme aus.

      "Nimm dies!", forderte er.

      Melvin gehorchte.

      "Sei du die Sense Gottes, der Schnitter, der das Unkraut vom Antlitz der Erde tilgt!", fuhr Josiah Morgan fort.

      Melvin zitterte.

      "Ich werde es tun", flüsterte er. "Ich werde es tun..."

      "Mein Segen sei mit dir, Bruder Melvin!"

      56

      "Die beiden Festgenommenen werden uns wohl kaum verraten, wohin diese Sekte ihr Hauptquartier verlegt hat", sagte Milo, als wir durch das nächtliche New York Richtung Holland Tunnel fuhren.

      Wir wollten noch einmal zu dem Industriegelände in Jersey City, dessen Eigentümerin die Firma Parker & Serrasco war.

      Milo war nicht sonderlich begeistert, aber der Gedanke an die abtransportierten Teile für einen ABC-Schutzraum ließen mir einfach keine Ruhe. Und wenn auch nur die geringste Chance dafür bestand, über diese Bauteile den Weg zum Hauptquartier der AUSERWÄHLTEN zu finden, dann war es den Einsatz wert.

      Es war ziemlich spät, als wir das Gelände erreichten.

      Beinahe Mitternacht.

      Wie dunkle Ungetüme lagen die Umrisse der Lagerhallen vor uns. Das Gelände befand sich direkt am Hudson. Auf der anderen Seite blickten die Lichter Manhattans hinüber.

      "Nimm's mir nicht übel, Alter, aber ich frage mich, was du hier eigentlich willst...", meinte Milo und ließ die Wagentür in Schloss fallen.

      "Wenn ich das selbst so genau wüsste. Aber der Zusammenhang von diesem Grundstück zu den AUSERWÄHLTEN ist einfach zu geradlinig..."

      "Geradlinig? Eine Verbindung über eine dubiose Immobilienfirma und ein Postfach auf den niederländischen Antillen nennst du geradlinig!"

      "Alles ist relativ, Milo."

      "Wie wahr!"

      Ich zuckte die Schultern. "Weißt du, vielleicht sind wir auch nur deswegen hier, weil mich der Gedanke wahnsinnig machen würde, eventuell der entscheidenden Spur nicht intensiv genug nachgeforscht zu haben!"

      Wir sahen uns etwas auf dem Gelände um.

      Die Spurensicherer hatten jeden Zentimeter dieses Geländes unter die Lupe genommen. Und das unter besseren Lichtverhältnissen. Sogar Reifenabdrücke von Lastwagen waren gesichert worden.

      "Da hinten ist jemand!", stellte Milo fest und deutete hinüber zum Hudson.

      Gegen die Lichter Manhattans hob sich tatsächlich eine Gestalt ab.

      Ein Mann.

      Er stand direkt am befestigten Ufer des Hudson, der hier in eine Art Betonbett gezwungen worden war.

      Ich ging auf die Gestalt zu.

      Milo folgte mir.

      Als ich näherkam, erkannte ich, dass er eine Angelrute in der Hand hielt. Eine weitere Rute war am Boden fixiert. Der Mann trug eine Schiebermütze.

      Er drehte sich zu uns herum.

      Seine Haltung wurde starr.

      "Guten Abend", sagte ich und hielt meinen Dienstausweis in die Höhe. Ich war mir nicht sicher, ob er den überhaupt sehen konnte. "Ich bin Agent Trevellian vom FBI", sagte ich und deutete dann auf Milo. "Mein Kollege Agent Tucker."

      "Habe ich gegen irgendwelche Gesetze verstoßen?", fragte der Mann.

      Das Hudson-Wasser roch nach Salz und Tang.

      "Wir sind nicht Ihretwegen hier", versicherte ich ihm.

      "Kann ich Ihren Ausweis nochmals aus der Nähe sehen?"

      "Sicher."

      Ich gab ihm den Ausweis. Er legte die Angel auf den Boden und sah ihn sich eingehend an.

      "Das müssen Sie schon verstehen,"

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