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Exentanz. Stephan Steinbauer
Читать онлайн.Название Exentanz
Год выпуска 0
isbn 9783967526202
Автор произведения Stephan Steinbauer
Жанр Контркультура
Издательство Автор
»Djanna!«, rief er strahlend, schloss die Blondine in seine Arme und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Dann nahm er ihr die Reisetasche ab, und die beiden gingen ein Stück die Mole entlang.
»Unser Gastgeber«, erklärte Joseph seiner Freundin. »Branko. Er geht zu dem kleinen Motorboot da vorne, das bringt ihn nach Sveta Marija. Das ist unser Urlaubsort. Wir müssen ihn einholen. Wir wollen auch mitfahren.«
Sie beeilten sich und erreichten Branko und die Blondine. Sie war schon in ein kleines Boot geklettert, in dem ein stoppelbärtiger Seemann hockte und den Motor ankurbelte. Branko stand noch an Land.
»Branko!«, rief Joseph. »Nimm uns mit!«
Der Angesprochene drehte sich um, erkannte Joseph und breitete abermals seine Arme aus. Er setzte ein strahlendes Lächeln auf und schloss ihn in seine Arme.
»Willkommen Josip, bravo, bravo!«, rollte er im Bass hervor.
»Das istmeine Freundin Josefine«, sagte Joseph und trat zur Seite. Branko umarmte auch sie.
Dann kletterten sie in das kleine Boot. Ivo der Seemann hatte unterdessen den alten Diesel in Gang gebracht. Sie setzten sich auf eine Bank an der Reling. Branko nahm gegenüber Platz, neben ihm saß die Blondine. Sie würdigte die Fremden keines Blickes.
Sie tuckerten los. In einer halben Stunde würden sie Sveta Marija erreichen.
2.
Heia Safari!
Mittwoch, 14. Juli
Lodernd war die riesige Scheibe der Sonne Südafrikas über der Savanne eingetaucht in eine gleißende, weißgelbe Wolke. Dahinter schimmerte sie nur noch wie erlöschendes Feuer, färbte die Wolke blutrot und verschwand dann sehr schnell, schneller als die europäischen Safarigäste dies erwartet hatten, hinter dem Horizont. Die Akazienbäume ragten noch eine Weile schwarz gegen den Himmel, der sich jetzt rasch verdunkelte und die Silhouetten der Bäume verschluckte.
Auf einer sandigen Rasenfläche vor den Lodges hatten sich die Teilnehmer der Flugsafari im Kreis auf bequeme Klappstühle gesetzt. In der Mitte des Platzes kümmerte sich der Ranger um das Lagerfeuer. Er warf klobige Stämme in die Flammen, die prasselnd hochschossen. Sie sollten die Wildtiere fernhalten, in deren Territorium die Ferienanlage gebaut worden war.
Irmgard Karloff-Bardolino zog ihre perlweiße Stola enger um die Schultern. Es wurde geradezu schlagartig kühler. In ihrem leichten Safari-Kostüm aus sandfarbenem Leinen fröstelte sie. Ihr Reisebegleiter Thomas Wenger neigte sich zu ihr.
»Darf ich ihnen mein Jackett anbieten, gnädige Frau?«, fragte er, sprang behände auf und hielt ihr das Kleidungsstück hin.
»Zu freundlich, Herr Wenger. Aber ich werde dem Boy Anweisung geben, uns Decken zu holen«, antwortete sie und winkte den Ranger zu sich heran.
William Sutherland, der Ranger, war ein knochiger, gedrungener Mittsechziger, englischer Offizier alter Schule. Den Nationalpark kannte er wie seine Westentasche.
»Milady?« Er bewegte kaum seine steifen Lippen.
Frau Irmgard übermittelte ihm ihren Wunsch, den er umgehend an einen der schwarzen Boys weitergab, die sich stumm im Hintergrund hielten. Keine zwei Minuten später erschien der Boy mit einem Stapel Decken und reichte sie dem Ranger, der sie an seine Safarigäste verteilte.
Die Reisegruppe, die an dieser individuellen Flugsafari teilnahm, bestand nur aus fünf Personen. Neben Frau Irmgard und Herrn Thomas saßen ein älteres Ehepaar aus Düsseldorf und eine Witwe unbestimmbaren Alters aus Hamburg in der Runde. Eigentlich war die Zahl der Teilnehmer auf sechs Personen ausgelegt, aber diese sechste Person hatte kurzfristig abgesagt. Es war Josefine Karloff, die Tochter der Frau Irmgard, die sich geweigert hatte, ihre Mutter und ihren Bekannten aus dem Golfclub, Thomas Wenger, nach Südafrika zu begleiten.
Frau Irmgard ärgerte sich immer noch maßlos darüber, denn sie musste auch für ihre abwesende Tochter einen Großteil der Reisekosten bezahlen. Und sie hasste es, für etwas zu bezahlen, das ihr keinen Nutzen brachte.
Unterdessen loderten die Flammen des Lagerfeuers hoch auf und verströmten angenehme Wärme, allerdings nur von vorne. Für die innere Wärme sollte nun der südafrikanische Wein sorgen, den der Ranger jetzt aus dem Dekantiergefäß in bauchige Gläser goss. Er reichte jedem seiner Gäste ein Glas, dann hob er seines in die Höhe und blickte in die Runde.
»Cheers, Ladies and Gentlemen!«
Man trank einander zu. Der erlesene Tropfen kitzelte mit seinem fruchtigen Bouquet den Gaumen und erwärmte die Seele angenehm im Abgang.
»Nicht übel«, bemerkte Herr Thomas, spitzte die Lippen und ließ das Aroma aus dem Glas genüsslich in seine Nüstern steigen.
»Na ja, wir haben ja dafür bezahlt. Und angemessen, wie ich finde«, antwortete Frau Irmgard. »Da darf man schon das Exklusivste erwarten.«
»Sehr richtig!«, pflichtete ihr der Düsseldorfer bei. Die Witwe aus Hamburg beließ es bei einer zustimmenden Geste, ohne ihre vornehmen Gesichtszüge zu bewegen.
»Die Leute hier in Afrika sind doch angewiesen auf uns Touristen«, ergänzte die Gattin des Düsseldorfers. »Sonst haben sie ja nichts.«
»Nur Diamanten«, warf Herr Thomas ein.
»Die kann man nicht essen«, meinte der Düsseldorfer scherzhaft und erntete Gelächter.
Der Ranger verzog keine Miene.
»Very funny«, versuchte Herr Thomas, ihm die Situation zu erklären. Keine Reaktion.
»Ach wissen sie, Herr Wenger«, raunte Frau Irmgard ihm zu »der englische Humor ist für uns Kontinentaleuropäer schwer zu verstehen. Und umgekehrt.« Thomas Wenger nickte.
»Darf ich mal so unhöflich sein und fragen, ob sie ein Ehepaar sind?«, wandte sich der Düsseldorfer an Frau Irmgard.
Die lachte vornehm, aber freundlich auf und verneinte. »Nein, nur flüchtige Bekannte. Wir golfen zusammen.«
Sie wandte sich wieder Herrn Thomas zu und senkte die Stimme. »Apropos flüchtig. Ich darf doch auch so unhöflich sein, Herr Wenger, und fragen, ob sie Neuigkeiten von ihrer gewesenen Frau Gemahlin haben?«
Thomas Wenger errötete. Da hatte Frau Irmgard einen ganz wunden Punkt getroffen. Aber sie hatte ihre Frage so dezent gestellt, so unausweichlich direkt, aber doch mit dem Charme einer geradezu mütterlich Vertrauten, dass er sich um die Antwort nicht drücken konnte.
»Ich vermute sie in Portugal«, murmelte er.
Hass stieg in ihm auf, denn die Scheidung hatte ihn viel Geld gekostet. Der Scheidungsrichterin, offenbar eine Emanze, war es ganz egal gewesen, dass seine Frau ihn böswillig verlassen hatte und mit einem jungen Musiker durchgebrannt war. Es lag kein Ehevertrag vor. Also hieß es zahlen, und nicht zu knapp. Die Ausweitung seines Kosmetikunternehmens auf internationale Ebene musste er vorerst auf Eis legen. Er war froh, den Betrieb überhaupt einigermaßen unbeschadet weiterführen zu können. Aber sein Kreditlimit war ausgeschöpft, wie sein Bankier ihn höflich und mit Bedauern in der Stimme, aber mit unerschütterlicher Bestimmtheit