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Namen Jay Wilbur?"

      "Nein."

      "Sie kannten also von den anderen Beteiligten nur Carini und Jespers?"

      "Und Leila", sagte er.

      "Die Schwester, die Sie angeblich haben?"

      Ein mattes Lächeln ging über Walid Kerims Gesicht. "Woher wissen Sie das?"

      "Carini hat Ihnen einmal aus der Klemme geholfen - weil Leila ihn dazu gebracht hat."

      "Ja, das stimmt."

      "Wo ist Leila jetzt?"

      "Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie es war, die mich verraten hat. Niemand sonst wusste, dass ich im Fulton Hotel bin. Und wenig später tauchten die Killer dort auf... Carinis Killer, da bin ich mir sicher. Kurz zuvor hatte ich mit ihr telefoniert."

      Milo hob die Augenbrauen und fragte: "Unter welcher Nummer haben Sie sie erreicht?"

      Kerim nannte sie uns und ich notierte sie. Es war eine Mobilfunk-Nummer. Aus den Ziffern war das Betreiber-Unternehmen zu ersehen und vielleicht kamen wir auf diese Weise der Besitzerin dieses Handys auf die Spur.

      Auch wenn Leila alias Carla Raines eine falsche Identität benutzte - zumindest das Konto, von dem aus die Gebühren abgebucht wurden, musste echt sein.

      Ich fragte: "Was war Leilas Aufgabe?"

      "Sie sollte sich an diesen Computerfachmann von McGordon Inc. heranmachen, um ihm die Passwörter abzuluchsen. Jespers und ich sind keine Superhacker. Und vor allem hatten wir nicht monatelang Zeit, um dann irgendwann vielleicht mit viel Glück endlich ans Ziel zu kommen."

      "Ist Leila ihr wirklicher Name? Oder lautet der vielleicht Carla Raines?"

      "Um ehrlich zu sein: Ich habe keine Ahnung."

      "Was soll das heißen?"

      "Ich habe sie als Leila kennengelernt. Und ich hielt sie für ein gewöhnliches Callgirl. Bekanntlicherweise tragen die auch mal Künstlernamen - wenn man das so bezeichnen kann. Sie hat eine ganze Weile bei mir gewohnt..."

      "Waren Sie ihr Zuhälter?"

      "Nein, es war ganz anders. Ich habe für sie gearbeitet. Sie hatte immer Geld und vermittelte mir eigenartige Jobs."

      "Was für Jobs?"

      "Leute fotografieren."

      "Was für Leute?"

      "Ich kannte sie nicht und ich habe auch nicht gefragt, was sie mit den Fotos gemacht hat. Manchmal waren es auch Orte. Ich weiß nicht genau, worauf sie es abgesehen hatte. Außerdem musste ich ihr manchmal dabei helfen, eigenartige E-Mails zu verschicken."

      "Was für E-Mails?"

      "Bilddateien. Alles mögliche. Bilder aus jedweder Epoche und in jeder Technik. Meistens Kunstmotive, aber auch Fotos. Sie hat sie aus Zeitschriften ausgeschnitten und dann eingescannt. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie die Motive gar nicht wirklich aussuchte, sondern mehr oder minder wahllos vorging."

      "Haben Sie sie gefragt, was das soll?"

      "Sicher."

      "Und?"

      "Sie ist mir ausgewichen. Normalerweise hätte ich gedacht, dass Leila vielleicht mit Kunstfreunden in aller Welt über das Internet korrespondiert. Aber andererseits war Leila nun wirklich nicht die typische Museumsbesucherin."

      "Hat Leila Sie mit Carini zusammengebracht?"

      "Ja. Carini hatte ein paar Jobs für mich..."

      "Was für Jobs?"

      "Ich möchte mich nicht unnötig selbst belasten, Mr. Trevellian!"

      "Und wie ging das mit dem Überfall? Wie kamen Sie an diesen Job?"

      "Ich hatte Leila eine Weile nicht gesehen. Sie war manchmal einfach für einige Zeit verschwunden. Ich hatte keine Ahnung, wo sie dann war. Jedenfalls schneite sie eines Tages plötzlich wieder in meine Wohnung. Machte ganz auf ladylike, mit Kostüm und so. Wie eine Börsenmaklerin oder Bankerin sah sie aus. Ich erkannte sie erst gar nicht wieder. Und dann hat sie mir gesagt, Carini hätte einen Riesen-Job für mich. Einen Job, nach dem ich ausgesorgt hätte."

      Milo fragte: "Und wie kam Jespers dazu?"

      "Ich habe ihn auf dem Treffen kennengelernt."

      "Wo fand das statt?"

      "Auf einem Parkplatz am Long Island Expressway."

      "Und wer war alles anwesend?"

      "Carini, einige Leute, die ich nicht kannte und Jespers."

      "Leila nicht?"

      "Nein."

      Jetzt ging die Tür auf. Ein Mann im weißen Kittel kam herein. Ich kannte ihn flüchtig. Es handelte sich um Dr. Draper, den Chefarzt der Gefängnisklinik von Riker's Island.

      Er wurde von einem bewaffneten Uniformierten begleitet.

      "Sir, ich glaube, es reicht für den Patienten heute", erklärte er. "Ich muss Sie bitten, Ihre Vernehmung ein anderes mal fortzusetzen."

      Ich nickte.

      Kerim sah mich an.

      "Was ist mit Carini?", fragte er.

      "Er ist verhaftet", sagte ich. "Und vermutlich wird es sehr, sehr lange dauern, bis er wieder in Freiheit ist. Wenn überhaupt..."

      Kerim sank in die Kissen zurück. Er schien erleichtert zu sein.

      "Das ist gut", sagte er.

      "Bitte gehen Sie jetzt, Mr. Trevellian", forderte uns Dr. Draper noch einmal auf.

      "Noch eine Frage", sagte ich, als wir uns bereits ein paar Schritte in Richtung Tür bewegt hatten. "Leila ist ein arabischer Name, nicht wahr? Er bedeutet 'Nacht'."

      Kerim lachte heiser.

      "Ich wusste gar nicht, dass die Fremdsprachenausbildung beim FBI so umfassend ist!"

      "Ihre Mutter erwähnte das..."

      Sein Gesicht verändert sich, wurde etwas ernster.

      "Ich spreche kaum mehr als ein paar Wörter", erklärte Kerim.

      "Und Leila?"

      "Was meinen Sie damit?"

      "Hatte sie auch arabische Wurzeln?"

      "Um ehrlich zu sein, habe ich mich manchmal gefragt, ob sie überhaupt irgendwelche Wurzeln hat. Ich weiß es nicht."

      Wir verließen den Raum. Vor der Tür waren schwerbewaffnete Wachposten. Der ganze Trakt war durch mehrfache Schleusen gesichert. Überall folgten uns die elektronischen Augen von Überwachungskameras. Walid Kerim hatte keine Chance, hier zu entkommen. Umgekehrt konnte er aber auch sicher sein, dass er von niemandem unliebsamen Besuch bekommen konnte.

      *

      Die Festgenommenen schoben sich gegenseitig die Schuld zu und waren alle sehr gesprächig. Allen voran Gaspardo, der Anwalt, der plötzlich gar nichts mehr mit seinem Mandanten zu tun haben wollte. Er betonte immerzu, dass er an der geplanten Flucht Carinis nicht beteiligt gewesen sei, sondern unfreiwillig daran teilgenommen hätte.

      Vielleicht würde man ihm das Gegenteil nicht beweisen können.

      Von Lopez, dem Leibwächter, erfuhren wir, dass Carini sich von einem Privatflughafen aus mit einem Helikopter absetzen wollte. Ziel unbekannt. Mit dem Überfall auf den Druckplatten-Transport wollte er nichts zu tun gehabt haben.

      Genauso wenig mit dem Mord an Jespers. Inzwischen nahmen die Kollegen der Scientific Research Division die Montage-Halle in Brooklyn unter die Lupe, in der man Jespers und Kerim hatte einbetonieren wollen.

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