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triefend, plötzlich an die Kälte kommen oder der frischen Luft, besonders der Zugluft sich aussetzen, sich manchmal schon für ihr ganzes Leben gründlich verdorben haben. Das ist ganz wahr.

      Ich gebe noch mehr zu, daß sich nämlich auch schon manche Schwitzende im kalten Wasser die Keime zu schweren Leiden holten. Was trägt die Schuld: der Schweiß oder das Kaltbad? Keines von beiden! Wie bei allem im Leben, so kommt es auch hier in erster Linie nicht auf das Was, sondern auf das Wie an, in unserem Falle, wie die Menschen im Schweiße das kalte Wasser gebrauchen. Mit dem einfachen Taschen- und Brotmesser kann ein Rasender namenloses Unheil anrichten. Unvernünftige Anwendung kann das höchste Gut in das größte Übel verkehren. Merkwürdig bleibt nur, daß man dann stets das Gut und nicht die zu verurteilenden Mißbräuche desselben verdammt.

      Auf das Wie des Gebrauches also kommt es an. Wer in diesem Stücke seinem Kopfe nachgeht, der mag auch die Folgen, an denen er leichtfertigerweise selbst die Schuld hat, allein tragen.

      Damit stehen wir bei der Beantwortung der zweiten Frage: Wie lange darf ein Gesunder im kalten Vollbade bleiben?

      Ein Herr, dem ich wöchentlich zwei solcher Bäder verordnet hatte, kam nach 14 Tagen zu mir und jammerte, daß sein Zustand sich bedeutend verschlimmert habe, er sei wie ein Eisklumpen. Das Aussehen war sehr leidend, und ich begriff nicht, daß das Wasser mich auf einmal so im Stiche gelassen. Auf meine Frage, ob er die Anwendung genau nach Weisung gemacht, antwortete der Herr: „Aufs genaueste; ich habe noch mehr getan, als Sie befohlen haben; statt einer Minute bin ich fünf Minuten im Wasser geblieben, dann aber kaum mehr oder nicht mehr warm geworden.“ Er machte es die folgenden Wochen richtig und hatte in Bälde die frühere Naturwärme und Frische.

      Dieser eine Fall illustriert (bildet ab) alle Fälle, in denen das Wasser geschadet haben soll. Nicht das Wasser, nicht die Anwendung fällt aus der Rolle; die unvorsichtigen und ungenauen Menschen sind die Missetäter. Wie nun aber einmal die Gewohnheit besteht, muß ihre Schuld das unschuldige Wasser tragen.

      Wer das kalte Vollbad nimmt, kleide sich rasch aus und lege sich eine Minute in die bereitstehende Badewanne. Wer es im Schweiße nimmt, setze sich in die Wanne, d. h. gehe nur bis an die Magengegend ins Wasser und wasche sich schnell und kräftig den Oberkörper ab. Dann tauche er einen Augenblick bis zum Halse unter, gehe ungesäumt aus dem Wasser und kleide sich, ohne abzutrocknen, in tunlichster Eile an. Der Hand- oder Feldarbeiter kann sofort wieder seine Arbeit aufnehmen; andere müssen (mindestens eine Viertelstunde) so lange Bewegung machen, bis der Körper trocken und normal erwärmt ist. Ob dieses im Zimmer oder im Freien geschieht, bleibt sich ganz gleich; ich für meine Person gebe selbst im Herbst und Winter stets der frischen Luft den Vorzug.

      Was du tust, mein lieber Leser, das tue vernünftig und überschreite nie das rechte Maß! Auch die Anwendung des Vollbades soll in der Woche die Zahl von drei in der Regel nicht übersteigen.

      Wann soll ich am besten diese Bäder beginnen?

      Die wichtige Arbeit, den Körper abzuhärten oder, was gleichbedeutend ist, ihn gegen Krankheit zu schützen, widerstandsfähig zu machen, kann nie früh genug begonnen werden. Fange gleich heute noch an, aber fange an mit leichteren (s. Abhärtungsmittel), nicht gleich mit schwereren Übungen! Du könntest sonst leicht den Mut verlieren! — Unsere kalten Vollbäder wirst du beginnen können, wenn du kräftig bist, vielleicht nach kurzer Vorbereitung, wenn du schwach bist, unter Umständen erst nach längerer Vorübung.

      Es ist dieses ein sehr wichtiges Kapitel. Nur nicht unvermittelt, plötzlich, mit den strengsten Mitteln etwas forcieren, erzwingen wollen! Das ist zum mindesten Unverstand.

      Ein Arzt riet einem am Nervenfieber Erkrankten, er soll eine Viertelstunde ins kalte Wasser gehen. Der Kranke tat es, bekam aber darnach solchen Frost, daß er in Zukunft von einem solchen Heilbade natürlich nichts mehr wissen wollte, es verwünschte und verfluchte. Die Erklärung des Sachverständigen ging einfach dahin: nach solchen Erfahrungen sei klar, man könne bei dem Kranken das Wasser nicht ferner in Anwendung bringen, der Kranke sei im übrigen verloren. Mit diesem Todesurteil kam man zu mir. Ich gab den Rat, der Aufgegebene solle doch nochmal das Wasser probieren, aber statt einer Viertelstunde nur zehn Sekunden (hinein und hinaus) im Wasser bleiben, der Erfolg müsse ein anderer sein. Gesagt, getan; in wenigen Tagen erholte sich der Kranke.

      Bei derartigen Vorkommnissen drängte sich mir stets die Meinung auf, man wende das Wasser absichtlich in solch’ schroffer, unbegreiflich gewalttätiger Weise an, um das Volk, anstatt mit Vertrauen, mit Schrecken vor diesem nassen Wauwau zu erfüllen. Ich bin ein sonderbarer Mensch, ich weiß es; drum wird man mir solche Einfälle nicht hoch anrechnen.

      Solche, denen es ernst ist, mögen nach Anwendung der Abhärtungsmittel zuerst noch die Ganzwaschungen (s. Waschungen) beginnen und dieselben, wenn sie das Waschen vor Schlafengehen nicht aufregt und wach erhält, abends vor dem Bettgehen, sonst in der Frühe beim Aufstehen vornehmen. Abends verliert man gar keine Zeit auch früh ist in einer Minute alles fertig. Wer nicht gleich zu tüchtiger Handarbeit oder in kräftige Bewegung kommt, soll sich nochmals (bis zur Trocknung und Erwärmung) ein Viertelstündchen niederlegen.

      Diese Übung, wöchentlich zwei- bis viermal vorgenommen, was genügt, oder täglich praktiziert, bildet die beste Vorbereitung zu unserem kalten Vollbade. Man versuche es nur einmal! Dem ersten Unbehagen wird bald ein bis ins Innerste hinein wohltuendes Behagen folgen, und was früher gescheut und gefürchtet war, wird bald fast Bedürfnis werden.

      Ein mir bekannter Herr ging 18 Jahre hindurch allnächtlich in sein Vollbad. Ich hatte es ihm nicht vorgeschrieben; aber er wollte die Übung durchaus nicht lassen. In den 18 Jahren war er keine Stunde lang krank.

      Andere, die in einer Nacht zwei- bis dreimal in die Badewanne stiegen, mußte ich zurückhalten, es ihnen verbieten. Wäre die Übung sie hart oder unausstehlich angekommen, wie man so oft ausschreit und ausheult, sie hätten es sicherlich bleiben lassen. —

      Wer es mit der Abhärtung, mit der Erhaltung seiner Gesundheit, mit seiner Kräftigung ernst meint, fasse das kalte Vollbad recht ins Auge,[8] lasse es aber bei dem guten Vorsatze allein nicht bewenden.

      Kräftige Völker, Geschlechter, Familien sind stets treue Freunde des kalten Wassers, gerade unseres Vollbades gewesen. Je mehr unser Zeitalter den Charakter und Namen des verweichlichten bekommt, um so höhere Zeit ist’s, zurückzukehren zu den gesunden, natürlichen (nicht verkünstelten und unnatürlichen) Anschauungen und Grundsätzen der Alten.

      Noch gibt es manche, besonders hochadelige Familien, angesehene Männer, welche gerade unsere Wasseranwendung gleichsam als Haustradition und als ein zur Gesundheitspflege überaus wichtiges Erziehungsmittel ansehen und ihrem Stamme, ihren Nachfolgern gesichert wissen wollen.

      Wir brauchen uns also unserer Sache nicht zu schämen.

      

      b) Das kalte Vollbad für Kranke

      Bei Beschreibung der einzelnen Krankheiten (im dritten Teile) wird genau angegeben werden, wann und wie oft es zur Verwendung kommen soll. Nur einige Bemerkungen von mehr allgemeiner Natur mögen hier ihre Stelle finden.

      Eine kräftige Natur, ein gesunder Organismus ist imstande, die Krankheitsstoffe, welche sich ansetzen wollen, selbst auszuscheiden. Dem kranken und durch Krankheit geschwächten Körper muß man beispringen, ihn unterstützen, daß er anfange, diese Arbeit selbst wieder zu tun. Vielfach geschieht diese Unterstützung durch das kalte Vollbad, das in solchem Falle als vortreffliche Krücke oder Stab, als Kräftigungsmittel dient.

      Die Hauptanwendung findet es indessen bei den sogenannten „hitzigen Krankheiten“, d. h. bei all’ jenen Krankheiten, welche als Vorboten und Begleiter heftige Fieber haben. Die Fieber von 39–40° und darüber sind am meisten zu fürchten; sie rauben alle Kraft, brennen die Hütte des menschlichen Körpers gleichsam elendiglich nieder. Mancher, den die Krankheit verschont, wird ein Opfer der Schwäche. Zusehen und Zuwarten, was sich aus einem so schrecklichen Feuerbrande wohl entwickeln möge, scheint mir bedenklich und folgenschwer zu sein. Was soll da „alle Stunden einen Eßlöffel voll“, was das teuere Chinin, was das wohlfeile Antipyrin, was

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