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fette Barkeeper nahm ihre Bestellung wortlos entgegen und hatte sich bereits wieder entfernt, ehe sie ihm sagen konnte, weswegen sie hergekommen war. Jetzt hielt sie das Ganze für keine gute Idee mehr. Sie sog hastig an ihrer Zigarette und senkte den Blick.

      Sie zuckte zusammen, denn plötzlich erklang eine seidenweiche Stimme dicht hinter ihrem Ohr. Sie fuhr entsetzt herum und starrte in ein dunkles Gesicht, das mit Narben und Pickeln übersät war. Einer der Lederfetischisten war von seinem Hocker geglitten und lautlos auf sie zugekommen.

      Er merkte wohl, dass sie nicht verstanden hatte, und wiederholte: „Wollen wir nicht nach hinten gehen? Dort ist ein schönes ruhiges Zimmer.“

      Er grinste hässlich und streckte den Arm aus.

      In diesem Moment knallte der Barkeeper den Gin-Tonic auf den Tresen, sodass ein Großteil der Flüssigkeit überschwappte, und sagte: „Hau ab, Freddy, sonst gibt’s Ärger.“

      Der jugendliche Ganove grinste noch stärker und wich ein paar Schritte zurück. Er hob beschwichtigend die Hand.

      „Ist ja schon gut, Slim. Man wird wohl noch einen kleinen Scherz machen dürfen. Die Dame versteht das schon. Vielleicht treffen wir uns dann draußen?“

      Sein Grinsen war wie weggefegt, und er blickte sie lauernd an. Ein kalter Schauerlief ihr über den Rücken.

      Sie sah dankbar zu dem fetten Barkeeper. Er wischte mit einem Tuch über den Tresen und verteilte den Schmutz. Die übervollen Aschenbecher wurden wohl nur einmal täglich geleert. Der Lederjüngling hatte sich wieder unter seine Kumpane gemischt und flüsterte mit ihnen.

      Sie hörte Fetzen dieser Unterhaltung und spürte plötzlich Furcht. Die Music-Box spielte nicht mehr, aber das Paar tanzte immer noch.

      Der Barkeeper spülte seine Gläser, aber sie merkte, wie er sie dabei aus den Augenwinkeln beobachtete. Sie gab sich einen Ruck und winkte ihn wieder heran.

      Zögernd kam er näher und blickte sie fragend an.

      „Sind Sie Slim Tucker?“, fragte sie.

      Auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte. Er wandte sich halb ab und wischte wieder über den Tresen.

      „Und wenn schon. Das steht schließlich draußen an der Tür. Was wollen Sie von mir? Und wer hat Ihnen etwas von mir erzählt?“

      „Sie brauchen keine Angst zu haben“, sagte sie schnell.

      Er fuhr herum und lachte kurz. Dabei musterte er sie von oben bis unten. Ihr wurde im selben Augenblick bewusst, wie blödsinnig diese Bemerkung gewesen war.

      „Ich meine“, fuhr sie fort, „man hat mir einen Tipp gegeben, dass Sie mir helfen können.“

      „Was für einen Tipp?“, fragte er misstrauisch.

      „Sie können mir Rico Manzini vermitteln“, sagte sie entschlossen und nippte an ihrem Gin-Tonic.

      Slim Tucker schnippte mit den Fingern zur Music-Box, und einer der Lederjünglinge warf Münzen ein. Laute Rockmusik dröhnte durch den Raum und übertönte die Gespräche. Der Barkeeper wandte sich Joan MacLaren zu.

      „Was wollen Sie denn von Rico?“, fragte er.

      „Ich habe einen kleinen Job für ihn, bei dem er ein paar hundert Dollar verdienen kann.“

      „Was für einen Job?“ Er grinste listig. „Rico übernimmt nur ehrliche Aufträge. Er muss auf sich aufpassen.“

      „Er soll einen Mann ein paar Tage beobachten. Weiter nichts. Nur beobachten und mir dann erzählen, was dieser Mann macht. Und er soll sich dabei nicht erwischen lassen.“

      „Das ist alles?“, fragte Tucker. Er wischte seine Hände an der schmutzigen Schürze ab und betrachtete sie abschätzend. „Wir lieben nämlich keine krummen Dinger.“

      Sie hatte inzwischen ihre Sicherheit wiedergefunden. „Das ist alles. Bringen Sie mich nun mit Manzini zusammen oder nicht?“

      Er zögerte noch einen Moment bis er sagte: „Die Vermittlungsgebühr beträgt fünfzig Dollar. Dafür, dass ich Sie mit Rico bekanntmache. Ob er dann den Job übernimmt, muss er selbst entscheiden.“

      Sie biss sich auf die Lippen. Dieser Halsabschneider, dachte sie. Sie öffnete ihre Handtasche und zog fünf Zehn-Dollarnoten heraus.

      Mit einem flinken Griff ließ er die Scheine unter seiner Schürze verschwinden.

      „Und vier Dollar für den Drink“, sagte er und sah sie ungerührt an.

      Mit einem Seufzer gab sie ihm das Geld, was ihm ein beifälliges Grinsen entlockte. Dann wandte er sich zur Seite und deutete mit der Hand in eine der dunklen Nischen.

      „Dort sitzt Rico.“ Damit schlurfte er zurück zum Gläserspülen.

      Joan MacLaren rutschte von ihrem Hocker und steuerte die Nische an. Sie war empört, dass Tucker ihr für eine Handbewegung fünfzig Dollar abgenommen hatte, wusste jedoch, dass es besser war, nichts zu sagen. Sie presste ihre Handtasche fest an sich, als sie die lauernden Blicke der Männer an der Bar bemerkte.

      Der Mann, der an dem kleinen Tisch in der Nische saß, blickte ihr entgegen, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Mit einem kurzen Kopfnicken deutete er auf einen der Stühle und nahm dann einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas.

      Sie setzte sich und betrachtete Rico Mazini. Er war gewiss keine Schönheit, wenn er auch einen gewissen südländischen Charme hatte. Eine lange Narbe zog sich von seiner rechten Schläfe fast bis zum Mundwinkel hinunter. Das Nasenbein schien mehrmals gebrochen zu sein, und zwei seiner Vorderzähne fehlten. Messerstiche und Boxhiebe hatten ihn gezeichnet.

      Rico Manzini war Anfang Dreißig. Sein schwarzes gelocktes Haar fiel ihm tief in die Stirn. Er trug einen relativ modischen Anzug und ein knallgelbes Halstuch.

      „Sie übernehmen manchmal kleine Jobs, die vertraulich behandelt werden müssen“, begann sie.

      Er winkte ab. „Ist schon gut. Wenn Slim Sie herüberschickt, wird schon alles seine Richtigkeit haben. Ich verlasse mich auf ihn. Wir sind nämlich Partner. Was wollen Sie also von mir?“

      „Ich möchte, dass Sie einen Mann beobachten. Beschatten, sagt man wohl in Fachkreisen. Nur für ein paar Tage. Ich will wissen, mit welchen Leuten er zusammenkommt und was er sonst macht, besonders am Abend.“

      „Warum nehmen Sie nicht einen Privatdetektiv? Die haben feste Preise, und außerdem machen die das beruflich.“

      „Ich habe meine Gründe“, sagte sie. „Im Übrigen kann ich die Plattfüße nicht leiden. Ich zahle Ihnen hundert Dollar pro Tag.“

      Manzini schüttelte den Kopf. „Hundertfünfzig Dollar am Tag. Darunter mache ich es nicht. Zahlbar im Voraus.“

      Joan MacLaren zögerte.

      „Na gut“, sagte sie schließlich. „Ich gebe Ihnen zweihundert Dollar im Voraus und den Rest nach Erledigung des Auftrags. Das ist ein faires Angebot.“

      Er nickte. „In Ordnung.“

      Dann beugte er sich plötzlich vor und packte sie so hart an der Schulter, dass sie kurz aufschrie. „Was steckt dahinter, Lady? Sie brauchen keinen Mann wie mich, nur um einen anderen beobachten zu lassen.“

      Er hatte sie wieder losgelassen, und sie rieb die schmerzende Stelle.

      „Es kann sein, dass der betreffende Mann nicht sehr begeistert ist, wenn er merkt, dass er überwacht wird. Vielleicht versucht er, Sie unter Druck zu setzen und herauszubekommen, wer ihr Auftraggeber ist. Und das darf auf keinen Fall herauskommen. Deshalb komme ich zu Ihnen.

      Manzini lehnte sich zurück und lächelte.

      „So ähnlich habe ich es mir vorgestellt. Sie sind eine reizende Dame. Wenn ich nicht gefragt hätte, wären mir diese Feinheiten entgangen. Aber ich bin ein misstrauischer

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