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zu lasten schien. Von morgens bis abends schob und zog er, und zwar immer dort, wo die Arbeit am schwersten war. Mit einem der Hähne hatte er vereinbart, er solle ihn morgens eine halbe Stunde früher als alle anderen wecken, dann leistete er da, wo sie am dringendsten benötigt wurde, Freiwilligenarbeit, ehe der reguläre Werktag begann. Seine Antwort auf jedes Problem, auf jeden Rückschlag lautete: »Ich werde noch härter arbeiten!« – ein Satz, den er als seinen persönlichen Leitspruch gewählt hatte.

      Aber ein jedes arbeitete nach seinen Möglichkeiten. Bei der Ernte retteten etwa die Hühner und die Enten fünf Scheffel Getreide, indem sie die verstreuten Körner auflasen. Niemand stahl, niemand murrte über seine Rationen; Zänkereien, scharfe Kritik und Eifersucht, die früher ihr Leben geprägt hatten, waren fast ganz verschwunden. Niemand drückte sich – oder wenigstens fast niemand. Mollie kam zugegebenermaßen morgens nicht auf die Beine und hatte die Gewohnheit, früher Feierabend zu machen, mit der Begründung, sie habe einen Kiesel im Huf. Auch das Verhalten der Katze war etwas seltsam. Schon bald fiel auf, dass die Katze, wenn es Arbeit zu erledigen galt, nirgends aufzufinden war. Stundenlang blieb sie spurlos verschwunden und tauchte, als wäre nichts geschehen, erst zu den Mahlzeiten oder nach Feierabend wieder auf. Aber immer wieder brachte sie so ausgezeichnete Entschuldigungen vor und schnurrte dabei so liebevoll, dass es unmöglich war, nicht an ihre guten Absichten zu glauben. Benjamin, der alte Esel, schien seit der Rebellion ziemlich unverändert. Er verrichtete seine Arbeit auf dieselbe gemächliche, störrische Art wie zu Jones’ Zeiten, ohne sich zu drücken, aber auch ohne sich freiwillig für Zusatzarbeit zu melden. Zur Rebellion und ihren Resultaten äußerte er keine Meinung. Auf die Frage, ob er jetzt, da Jones fort war, nicht glücklicher sei, antwortete er nur: »Esel haben ein langes Leben. Keiner von euch hat je einen toten Esel gesehen«, und mit dieser kryptischen Antwort mussten die anderen sich zufriedengeben.

      Sonntags wurde nicht gearbeitet. Das Frühstück wurde eine Stunde später als sonst eingenommen, und nach dem Frühstück fand eine Zeremonie statt, die sie jede Woche ohne Ausnahme absolvieren mussten. Zuerst wurde die Flagge gehisst. In der Geschirrkammer hatte Snowball eine alte grüne Tischdecke von Mrs Jones aufgetrieben und in Weiß einen Huf und ein Horn darauf gemalt. Diese Flagge wurde jeden Sonntagmorgen am Fahnenmast im Garten des Farmhauses hochgezogen. Sie sei grün, erklärte Snowball, da sie die grünen Wiesen Englands darstelle, während Huf und Horn die künftige Republik der Tiere bezeichneten, die gegründet werde, sobald die Menschheit endgültig gestürzt sei. Nach dem Hissen der Flagge strömten die Tiere in den großen Stall, um eine Generalversammlung abzuhalten, die man »Zusammenkunft« nannte. Hier wurde die Arbeit der kommenden Woche geplant, Resolutionen wurden eingebracht und debattiert. Stets waren es die Schweine, die die Resolutionen einbrachten. Die anderen Tiere wussten zwar, wie man abstimmte, es fielen ihnen aber nie eigene Resolutionen ein. In den Debatten waren Snowball und Napoleon mit Abstand am aktivsten. Allerdings fiel auf, dass diese beiden in ihren Ansichten nie übereinstimmten: Welchen Vorschlag einer von ihnen auch machte, man konnte sich darauf verlassen, dass der andere ihm widersprach. Selbst als beschlossen wurde – ein Beschluss, gegen den an und für sich niemand etwas einzuwenden hatte –, die kleine Koppel hinter dem Obstgarten als Altersheim für Tiere, die nicht mehr arbeiten konnten, zu reservieren, erhob sich eine stürmische Debatte über das richtige Rentenalter für jede Tiergattung. Die Zusammenkünfte endeten stets mit dem Absingen von »Tiere Englands«, und der Nachmittag war der Erholung gewidmet.

      Die Geschirrkammer hatten die Schweine als ihr Hauptquartier auserkoren. Hier erlernten sie abends aus Büchern, die sie aus dem Farmhaus mitgenommen hatten, das Schmiede- und das Schreinerhandwerk sowie andere notwendige Künste. Snowball beschäftigte sich auch damit, die anderen Tiere in so genannten Tierkomitees zu organisieren. Darin war er unermüdlich. Er gründete das Eierproduktionskomitee für die Hennen, die Liga der Sauberen Schwänze für die Kühe, das Umerziehungskomitee für Wilde Genossen (dessen Ziel es war, die Ratten und Kaninchen zu zähmen), die Bewegung für Weißere Wolle für die Schafe und viele andere mehr, außerdem erteilte er Lese- und Schreibunterricht. Im Großen und Ganzen waren diese Projekte ein Misserfolg. So scheiterte etwa der Versuch, die wilden Geschöpfe zu zähmen, fast augenblicklich. Sie verhielten sich weiterhin beinahe so wie zuvor, und wenn sie großzügig behandelt wurden, nutzten sie das einfach aus. Die Katze trat dem Umerziehungskomitee bei und war ein paar Tage lang sehr aktiv. Eines Tages wurde sie gesichtet, wie sie auf einem Dach kauerte und sich mit einigen Spatzen unterhielt, die sich knapp außer Reichweite befanden. Sie erklärte ihnen, dass alle Tiere jetzt Genossen seien und jeder Spatz, der sich dafür entscheide, herbeifliegen und sich auf ihre Pfote setzen dürfe; doch die Spatzen wahrten Abstand.

      Der Lese- und Schreibunterricht dagegen war ein voller Erfolg. Im Herbst war nahezu jedes Tier auf der Farm bis zu einem gewissen Grad schriftkundig.

      Was die Schweine betraf, so konnten sie bereits perfekt lesen und schreiben. Die Hunde lernten ziemlich gut lesen, waren aber nicht daran interessiert, etwas anderes als die Sieben Gebote zu lesen. Muriel, die Ziege, konnte etwas besser lesen als die Hunde, und manchmal las sie den anderen abends aus Zeitungsfetzen vor, die sie auf dem Müllhaufen fand. Benjamin konnte ebenso gut lesen wie die Schweine, brachte seine Fertigkeit jedoch nie zur Anwendung. Soweit er wisse, sagte er, gebe es nichts Lesenswertes. Clover lernte zwar das ganze Alphabet, konnte aber keine Wörter zusammensetzen. Boxer wiederum kam über den Buchstaben D nicht hinaus. Mit seinem großen Huf zeichnete er A, B, C, D in den Staub und starrte dann mit angelegten Ohren auf die Buchstaben, schüttelte mitunter die Stirnlocke und versuchte mit aller Macht, sich daran zu erinnern, was als Nächstes kam, jedoch ohne Erfolg. Bei mehreren Gelegenheiten lernte er zwar auch die Buchstaben E, F, G, H, doch kaum dass er sie beherrschte, erwies sich, dass er A, B, C und D bereits wieder vergessen hatte. Endlich beschloss er, sich mit den ersten vier Buchstaben zufriedenzugeben, und schrieb sie, um sein Gedächtnis aufzufrischen, ein- oder zweimal täglich in den Staub. Mollie weigerte sich, irgendetwas zu lernen, mit Ausnahme der sechs Buchstaben, aus denen ihr Name bestand. Sie formte ihn feinsäuberlich aus Zweigstücken, schmückte diese dann mit ein oder zwei Blumen und umkreiste sie bewundernd.

      Keines der anderen Tiere auf der Farm kam über den Buchstaben A hinaus. Außerdem zeigten sich die dümmeren Tiere, wie die Schafe, Hühner und Enten, unfähig, die Sieben Gebote auswendig zu lernen. Nach langem Überlegen erklärte Snowball, dass die Sieben Gebote tatsächlich auf eine einzige Losung reduziert werden könnten, nämlich: »Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht.« Diese Losung, sagte er, beinhalte das Grundprinzip des Animalismus. Wer sie gründlich begriffen habe, sei vor menschlicher Einflussnahme sicher. Das Federvieh erhob zunächst Einwände; Hühnern, Enten und Gänsen kam es so vor, als ob auch sie zwei Beine hätten, doch Snowball bewies ihnen, dass dem nicht so war.

      »Der Flügel eines Vogels, Genossen«, sagte er, »ist ein Organ des Antriebs und keines der Manipulation. Daher sollte er als Bein angesehen werden. Das Unterscheidungsmerkmal des Menschen ist die Hand, jenes Instrument, mit dem er alles Unheil anrichtet.«

      Die Vögel verstanden Snowballs lange Wörter nicht, aber sie akzeptierten seine Erklärung, und all die bescheideneren Tiere machten sich an die Arbeit, die neue Losung auswendig zu lernen. VIERBEINER GUT, ZWEIBEINER SCHLECHT wurde über den Sieben Geboten und in größeren Lettern an die Stirnwand der Scheune gemalt. Als sie sie erst einmal auswendig gelernt hatten, entwickelten die Schafe eine große Vorliebe für diese Losung, und oft, wenn sie auf der Wiese lagen, begannen sie allesamt zu blöken: »Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht! Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht!«, und skandierten die Losung stundenlang, ohne ihrer jemals überdrüssig zu werden.

      Napoleon interessierte sich nicht für Snowballs Komitees. Er sagte, die Erziehung der Jugend sei wichtiger als alles, was für die Erwachsenen getan werden könne. Zufällig hatten Jessie und Bluebell beide kurz nach der Heuernte geworfen und insgesamt neun kräftige Welpen zur Welt gebracht. Sobald diese entwöhnt waren, nahm Napoleon sie ihren Müttern weg und sagte, die Verantwortung für ihre Erziehung werde er selbst übernehmen. Er brachte sie auf einen Speicher, der nur über eine Leiter aus der Geschirrkammer zu erreichen war, und dort lebten sie so abgesondert, dass der Rest der Farm ihre Existenz nach kurzer Zeit vergaß.

      Das Rätsel, wo die Milch abgeblieben war, war bald gelöst. Sie wurde täglich in den Futterbrei der Schweine gemischt. Inzwischen reiften die Frühäpfel heran, und das Gras des Obstgartens

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