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Jetzt erst recht!

      Beide Filme sind Geschichte. Mit Herzblut verwirklicht, liebevoll-besessen, künstlerisch ausgefeilt und akkurat bis ins kleinste Detail, wunderbar die Schauspieler, Kamera, Ausstattung und Musik. Und trotzdem von den Kritikern verschmäht und zerrissen. Oft herzlos und unter der Gürtellinie. Unfair bis zum Gehtnichtmehr. For me, Anonymous is one great piece of film-making, by anyone’s standard. Congratulations my friend.

      „Rolands größte Schwäche ist seine Leidenschaft“, hat einer seiner Agenten mal zu mir gesagt. Da ist was dran. Wenn ich eines über ihn weiß, dann ist es, dass er keinem wehtun will. Naja, klappt halt nicht immer.

      „Rolands größte Stärke ist seine Leidenschaft“, sagt einer seiner treuesten Freunde und Bewunderer. Ich.

      März 2016. Wir sind im Endspurt für das Sequel von Independence Day. Alle Hände sind an Deck. Chaos. Jeden Tag eine Krise. Jede Nacht ein Albtraum. Dann kommt am Schluss noch die Musik dazu, dann Abgabe. Und dann hoffen und beten. Und am Schluss die E-Mails mit den Box­Office-Zahlen anstarren – und entweder mit einer guten Flasche Bordeaux feiern … oder „oh well“ sagen.

      Cause and effect. I got it, Roli. Die Frage ist, was machen wir jetzt als Nächstes? Wir beide kennen die Antwort:

      Zuerst machen wir jetzt mal gar nichts!

      Harald Kloser

      (Produzent, Drehbuchautor, Filmkomponist)

      März 2016

      Zum Geleit

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      Roland Emmerich mit Jo Müller

      Frühmorgens 03:40 Uhr. Der künstliche Regen prasselt auf die Straßen von New York City.

      Von den Stuntspezialisten wurde eine Rampe aufgebaut, über die gleich im Höllentempo ein Taxi rasen wird, das dann durch die Luft fliegt. Im Film sitzen darin unsere Helden, die vor Godzilla fliehen, doch beim Dreh sind es Stuntleute, da diese Aufnahme sehr gefährlich ist. Vom Monster ist hier natürlich nichts zu sehen, das wird erst später digital einkopiert …

      Seit Wochen bin ich bei den Dreharbeiten von Roland Emmerichs Godzilla dabei, da ich eine TV-Dokumentation über dessen Entstehung drehe.

      Ich freue mich, dass gleich richtig was los sein wird. Mein Kameramann ist in Position gegangen und auch ich bin mit einer Kamera bewaffnet, es soll ja auf keinen Fall etwas schiefgehen.

      Und dann geht’s endlich los. „And … Action“, ruft der Regisseur. Reifen quietschen. Das Auto fährt los, schießt über die Rampe und landet nur wenige Meter von mir und meinem Kameramann entfernt mit einem dumpfen Schlag auf dem Asphalt.

      Während die Szene gedreht wird, höre ich hinter mir, dort, wo sich Emmerich mit seiner Crew vor Monitoren platziert hat, jemanden schreien: „Are these guys crazy?“ In diesem Augenblick schwant mir nichts Gutes und ich hoffe inständig, dass weder ich noch mein Kameramann mit diesen Worten gemeint sind. Aber wenige Momente, nachdem das „Cut“ zu hören war, steht auch schon der Erste Aufnahmeleiter vor mir. Sein Gesicht wirkt wie versteinert. Er zeigt anklagend auf mich und spuckt die schlimmsten Worte aus, die einem bei einem solchen „Hinter den Kulissen“-Dreh gesagt werden können: „You were in picture!“ Das Gleiche muss sich auch mein Kameramann anhören.

      Der Aufnahmeleiter erklärt uns unmissverständlich, was wir jetzt tun sollen – sofort den Drehort verlassen! Hastig suchen wir das Weite, ohne ein Wort zu verlieren. Und ich bin fest davon überzeugt, dass dies das Ende für meine Dokumentation bedeutet und ich mit meiner Crew nach Hause fliegen kann.

      Am Nachmittag dann habe ich ein Gespräch mit Ute Emmerich, der Schwester von Roland, die als Produzentin bei dem Projekt mit dabei ist. Glücklicherweise schickt sie uns nicht nach Hause, sondern erklärt, dass es nicht unsere Schuld gewesen sei, schließlich hätte man uns warnen müssen. Ich kann mein Glück kaum fassen …

      Als wir dann später wieder am Set auftauchen und Roland Emmerich mich erspäht, hält er kurz inne, nennt mich „Troublemaker“ und fängt dann an zu lachen.

      Die Sache ist vergeben und vergessen.

      Inzwischen habe ich fünf TV-Dokumentationen über den Regisseur und seine Filme gedreht und unzählige Radioshows zum Thema gemacht. Seit über 25 Jahren führe ich Interviews mit ihm, blicke hinter die Kulissen seiner Blockbuster und besuche ihn regelmäßig zu Gesprächen in seiner traumhaften Villa in Los Angeles.

      Ich habe miterlebt, wie er unter größten Mühen seine ersten Filme in der schwäbischen Provinz zu realisieren versuchte und wie er dafür von der deutschen Kritik mit Hohn und Spott übergossen wurde; wie er nach Amerika übersiedelte, dort Fuß fasste und schließlich seinen großen Triumph mit Independence Day erlebte.

      Heute gilt er als einer der erfolgreichsten Regisseure der Traumfabrik. Aber obwohl er zu einem filmischen und finanziellen Schwergewicht wurde, hat er sich vom Charakter her nicht verändert und ist einfach der nette Kerl geblieben, der er immer war. Ein bodenständiger, witziger, extrem belesener und kluger Zeitgenosse, für den es kein Problem ist, über das Leben, den Job oder sich selbst zu lachen.

      Aber natürlich besitzt er auch noch andere Charaktereigenschaften, wie etwa ein überaus starkes Durchsetzungsvermögen, sonst könnte er nicht bereits so lange und so erfolgreich dermaßen gigantische Kino-Produktionen realisieren …

      Um sich seiner Persönlichkeit und seinen Werken zu nähern, hätte man eine ganz „normale“ Biografie schreiben können, die für den Leser alles bewertet, einordnet und interpretiert. Ich habe mich aber für eine andere Form entschieden, weil ich glaube, dass sie der Person von Roland Emmerich wesentlich näher kommt – und einfach auch mehr Spaß macht: Die verschiedenen Facetten von Emmerichs Persönlichkeit sollen hier mit Hilfe unterschiedlicher Darstellungsformen reflektiert werden und ganz wichtig: Roland Emmerich soll selbst zu Wort kommen!

      Ein Großteil der Interviews sind brandneu, andere entstanden im Laufe vieler Jahre bei Dreharbeiten und wurden in ihrem historisch-situativen Kontext belassen. Dadurch, so glaube ich, erlebt man die Entwicklung dieses Ausnahme-Regisseurs hautnah mit und kann sich vor allem selbst ein Bild von ihm machen.

      So finden Sie denn also in dieser Biografie Reportagen und Besprechungen, Gespräche und Analysen vor. Und natürlich soll das Buch dabei auch denjenigen nützliche Tipps geben, die sich selbst für das Filmemachen interessieren, schließlich halte ich immer noch François Truffauts Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? für das beste Filmbuch aller Zeiten. Sie haben hier also die Möglichkeit, einem der großen Kinomagier unserer Zeit in die Karten zu schauen, seine Tricks und Kniffe kennenzulernen.

      Nicht zuletzt kann diese Biografie aber auch in Sachen Fotos mit exklusivem Material aufwarten: Roland Emmerich gewährte Einblick in sein privates Foto-Archiv, das seine Mutter Hilde verwaltet. Von ihr habe ich mehrere Dutzend Familien-Alben und viele Kilos Bilder zur Durchsicht bekommen, von denen ich die schönsten und wichtigsten ausgesucht habe.

      Und jetzt kann die Reise losgehen: Willkommen im Kino-Universum von Roland Emmerich!

      Jo Müller

      März 2016

      Vorgeschichte

      Der Stammbaum der Familie Emmerich reicht weit zurück. Er lässt sich bis ins Jahr 1766 zurückverfolgen, in dem Anton Emmerich geboren wurde. Der Name soll vom Ort Emmerich am Rhein her stammen, der ursprünglich eine Missionsstation war und um 700 n.Chr. gegründet wurde. Zur Stadt erklärt wurde er schließlich 1233.

      Die Vorfahren der Emmerichs sollen aus der Eifel kommen, dem sogenannten Rhein-Mosel-Dreieck. Das Wappen: ein roter Schild, darin ein mit drei roten Rosen belegter silberner Balken, auf dem Helm eine Krone aus Flügeln, auf denen ebenfalls Rosen zu sehen sind.

      Aus dieser Familien-Linie stammt auch der am 16. Februar 1923 in Stuttgart geborene Hans Emmerich. Als dieser aus der Kriegsgefangenschaft zurückkam,

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