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Diebstahl hat sich wahrscheinlich Ende Oktober 1967 ereignet, als Anger sich während des berühmten Exorzismus und des Marsches auf das Pentagon in Washington (D. C.) aufhielt und unter einem vor dem Pentagon geparkten Pritschenwagen ein bemerkenswertes magisches Ritual leitete. Während mehrere Diggers und Teufelsaustreiber auf dem Pritschenwagen standen und gellend »Fort, Dämonen, fort!« schrien, kauerte Anger mit entblößtem Oberkörper – die Brust mit einer Luzifergestalt tätowiert – unter dem Wagen im Kies und verbrannte in einem geweihten Pentagramm ein Bild des Teufels. Den ihn mit Fragen bedrängenden Reportern, die ihm ihre Mikrofone hinhielten, schrie er Flüche zu und zischte sie an, während er einen magischen Ring aufblitzen ließ.

      Als er entdeckte, dass Beausoleil ihn gelinkt hatte, fertigte Anger ein Medaillon an, dessen Vorderseite Ähnlichkeit mit Bob Beausoleil hatte, während die Rückseite eine Kröte zierte und die Inschrift trug »Bob Beausoleil – der in eine Kröte verwandelt wurde von Kenneth Anger«.

      Nach diesem Bruch mit Anger war Beausoleil im Herbst 1967 hinunter in den Topanga-Canyon gezogen und hatte sich mit Gary Hinman angefreundet. Als er Manson kennenlernte, lebte Beausoleil mit einer Freundin namens Laurie in Hinmans kleinem, an einem Hang gelegenen Haus Nr. 964 an der Old Topanga-Canyon Road. Hinman ließ hin und wieder Leute in seinem Haus pennen, und ab und zu waren auch Mitglieder der Family darunter.

      Die Beziehung zwischen Beausoleil und Manson sollte sich schwierig gestalten, da beide ihre eigene Gruppe von Mädchen hatten. Es kam zu einigen Reibereien zwischen ihnen, bei denen es um Charlies Wiederkunftstick ging. Beausoleil neigte dazu, sich abseits zu halten, für Charlie eine Sünde. Es gab verblüffende Ähnlichkeiten zwischen den beiden. Doch allein Manson besaß die rommelsche Leidenschaft für die feinen Details des Herrschens.

       4. Besuch auf der Hog-Farm

      Die als Hog-Farm bekannte und in der Gegenkultur der Sechziger berühmte Kommune war auf einem Berggipfel im San-Fernando-Valley angesiedelt. Manson hatte Shirley Lake und ihren Ehepartner, die Eltern der späteren Manson-Anhängerin Diane Lake, in der Wüste kennengelernt und später besuchten er mit fünf Mädchen die Hog-Farm in dem schwarzen Bus der Holywood Productions. Als erstes schmiss Charlie den Anführer der Kommune, Wavy Gravy aus dem Bus und versuchte dessen Frau Bonnie Jean in einem Schuppen zu ficken. Das verhinderte Wavy zwar, aber Manson blieb auf der Farm, zog sich allerdings mit seinen jugendlichen Flammen in ihren Bus zurück.

      Es war die Zeit, in der sich die Leute zusammentaten, um gemeinsam den heiligen Laut Om zu chanten, quasi als Samenkorn für Frieden und heilende Schwingungen. Der Dichter Allen Ginsberg sang es zum Beispiel Stund um Stunde während des Parteitags der Demokraten in Chicago im August 1968, um die Unruhen und die Polizeigewalt im Umfeld der Veranstaltung zu besänftigen.

      Und so saßen auch Wavy und seine Freunde im Kreis, um das Om zu rezitieren. Plötzlich kam Manson aus dem Bus und würgte – oder gab vor zu würgen. Seine Frauen schrien, dass die Leute mit dem Chanten aufhören sollten oder es würde ihren Guru umbringen. Da erhob sich Wavy Gravy in aller Rechtschaffenheit und verwies Manson der Farm.

      Durch seine Verbannung von der Hog-Farm verpasste Manson die Gelegenheit, sich etwas von der freundlicheren Seite der Kommunardenbewegung abzugucken. Das Einzige, was er von der Farm-Kommune übernommen haben mag, war die Praxis der Nahrungsbeschaffung, indem aus Müllcontainern der Supermärkte das hochwertige und nur leicht angestoßene Gemüse oder anderweitig verwertbare Reste der amerikanischen Überflussgesellschaft geangelt wurden. Unter den Supermärkten, die die Manson-Gruppe auf ihren Beutezügen besuchte, waren auch die Gateway-Märkte, die ihrem späteren Opfer Leno LaBianca gehörten.

       5. Rückkehr in die Filmwelt

      Diane Lake war ein rothaariges, vierzehnjähriges Mädchen mit Hip-Eltern, die auf der Hog-Farm lebten. Sie traf Charlie und seine Mädchen im Wendeltreppenhaus und war von der Family so beeindruckt, dass auch sie den Bus bestieg. Squeaky und Patricia Krenwinkel fragten sie, ob sie mit in die Wüste kommen wolle, und sofort war sie dabei. Als die Zeit gekommen war, wurde Miss Lake in Snake umgetauft, offenbar eine Huldigung an ihre schlangenartigen Bewegungen beim Geschlechtsverkehr.

      Dianes Eltern legten großen Wert darauf, dass ihre Tochter die Freiheit hatte, sich unabhängig zu entwickeln. Sie erlaubten zunächst, dass sie mit der Family umherreiste, doch später sollte Mrs. Lake die Spahn-Ranch aufsuchen und ihre Tochter zurückfordern. Dabei holte sie sich allerdings laut Diane nur eine scharfe Abfuhr von Squeaky, einer der Hauptjüngerinnen Charlies. Es heißt, dass die Besitzerin des Wendeltreppenhauses sich bei Snakes Eltern entschuldigt habe, als diese mit dem Manson-Dope-Bus aufbrach. Schließlich war Snake 14 und Manson 33.

      Aber die Busmannschaft wusste zu überzeugen. Übereinstimmend wird berichtet, dass die Family in jener frühen Zeit – vor den Schnupfmitteln – in physischer Hinsicht reinlich, ordentlich und äußerst sauber war. So kam es, dass Dianes Eltern, ebenso wie die von Ruth Ann Morehouse, ihrer Tochter ihren Willen ließen. Auch eine sehr bekannte Hollywood-Schauspielerin stellte ihrer äußerst jungen Tochter eine schriftliche Erlaubnis aus, mit Manson herumzuziehen.

      Am 22. Dezember trat die Family mit der kaum geschlechtsreifen Snake/Lake eine Fahrt durch Arizona und die Wüsten von New Mexico an. Fünf Tage später, am 27. Dezember 1967, hatte der Bus in der Nähe von Winslow, Arizona eine Panne und musste zu einer Chevron-Tankstelle abgeschleppt werden. Verschiedene Mitglieder der Family fuhren per Autostop zum Topanga-Canyon zurück, und als der Bus repariert war, wurde er nach Los Angeles zurückgefahren, wo sich die Family ungefähr dreieinhalb Monate bis Anfang April 1968, aufhielt.

      Die Insassen des schwarzen Busses hausten im Topanga-Canyon an verschiedenen Plätzen, eine Nacht hier, die andere dort – aber ihre Zahl nahm ständig zu. Sie unternahmen den Versuch, sich in verlassenen Häusern und Canyon-Camps niederzulassen, doch immer wieder mussten sie weiterziehen. Einige Wochen lang parkten sie den Bus am Wendeltreppenhaus.

      Den Blumensüchtigen öffneten sich die seltsamsten Türen. Es ließ sich nicht vorhersagen, wo ein Mann mit einem schwarzen Bus voller Mädchen für die Nacht landen würde – in einer Höhle oder einem Schloss, an einer heißen Quelle in der Wildnis oder einem geheizten Swimmingpool in den Hügeln von Malibu. Im ganzen Gebiet von Los Angeles wurden Manson und seiner Family Türen geöffnet.

      Auch die Polizei von Malibu wurde auf Charlie aufmerksam. Beamte sahen den Bus beim Wendeltreppenhaus an der Topanga Canyon-Lane und beobachteten, dass die Family-Mitglieder für verschiedene Bewohner in der Malibu-Topanga-Gegend Gelegenheitsjobs verrichteten.

      Im Dezember 1967 brachten die Beatles ihr Album Magical Mystery Tour und den gleichnamigen Film heraus, der von einer psychedelische Busreise durch das englische Hinterland im Sommer der Liebe handelte. Hilfe von den Beatles. Anscheinend war dieses das erste Beatles-Album, dem Manson philosophischen Rat entnahm. Die Trips mit dem schwarzen Bus wurden zur »Magical Mystery Tour«. Die Mitglieder der Family machten einen so intensiven Trip mystischer Verwandlung durch, dass sie offenbar glaubten, in jedem Menschen gäbe es eine archetypische Kernpersönlichkeit, die erforscht werden könne durch LSD-Orgien, Denkschinderei, Rollenspiele, Gruppenfummeln, Magie, Vergangenheitsvernichtung und Kommunedenken. Das war die Magical Mystery Tour.

      Die ersten Monate des Jahres 1968 verbrachte die Familie in der Gegend von Los Angeles. Man unternahm weiterhin kurze Trips hierhin und dorthin. Offenbar auf einem dieser Trips wurde Susan Denise Atkins alias Sadie Mae Glutz Anfang 1968 in New Mexico von einem Typen namens Bluestein geschwängert.

      Im Februar 1968 lernte Manson über Jerry, einen Tankwart, eine Frau namens Melba Kronkite kennen, die in den Bergen in der Nähe der alten Sheriff-Außenstation von Malibu – zwischen dem Malibu-Canyon und dem Topanga-Canyon – eine Luxusranch besaß. Anscheinend war Melba einst sehr wohlhabend gewesen, nun aber in Geldsorgen. Die Brigade versetzte sie in Erstaunen, und sie freundete sich mit den Mitgliedern an. Dunkel und geheim waren die Treffen an ihrem beheizten Swimmingpool. Sie wurde eine so gute Freundin der Family, dass sie später von eingebuchteten

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