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eigener Auffassung zustand. Dazu diente einerseits die Modernisierung der eigenen Streitkräfte nach europäischem Vorbild, andererseits aber auch die zumindest formelle Anpassung des politischen Systems an die damals bestimmenden Verfassungsstrukturen der europäischen Staaten. Für die Verantwortlichen war es dabei wichtig, so viel wie möglich an eigenen Traditionen zu bewahren, gleichzeitig aber all das zu übernehmen, was die Position des Landes auf internationaler Ebene stärkte. Im Bereich der Marine orientierte sich das Land daher an der britischen Royal Navy, im Bereich des Heeres am Deutschen Reich, der stärksten Landmacht der damaligen Zeit. In Fragen der Verfassung wurde schließlich ein Kompromiss zwischen dem britischen und deutschen Vorbild gewählt, der es gleichzeitig erlaubte, die Position des Kaisers und seiner Berater unangetastet zu lassen, gleichzeitig aber zumindest den Anschein einer Erweiterung der politischen Partizipation erweckte, indem ein aus zwei Kammern bestehendes Parlament geschaffen wurde. Die entsprechende Verfassung wurde am 11. Februar 1889 feierlich proklamiert. An der Spitze des Staates stand der als heilig und unverletzlich bezeichnete tenno, der alle souveränen Rechte des Staates in seiner Person vereinigte und auch Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen konnte. An seiner Seite stand ein Geheimer Staatsrat (sûmitsuin), der den tenno in der Auslegung der Verfassung, der Verkündung kaiserlicher Verordnungen, beim Abschluss internationaler Verträge sowie in Angelegenheiten des kaiserlichen Hauses beraten sollte. Daneben wurde ein Kabinett eingerichtet, welches die täglichen Geschäfte der Regierung führen sollte und allein dem tenno verantwortlich war. Das Parlament bestand aus einer Adels- und einer Volkskammer, wobei nur letztere gewählt wurde und dies auch nur nach einem System des Zensus, welcher das Wahlrecht zu Beginn auf ca. 1 % der männlichen japanischen Bevölkerung beschränkte. Neben diesen konstitutionellen Gremien existierte noch die nicht-konstitutionelle Institution der genro, der engsten und persönlich von ihm berufenen Berater des Kaisers, die einen großen Einfluss auf letzteren ausübten.

      Auf ökonomischer Ebene wurde angesichts der fehlenden Investitionsbereitschaft privater Kapitalgeber hinsichtlich des Aufbaus moderner Industriebetriebe und der Einführung fortschrittlicher Produktionsmethoden der Staat aktiv. Im Zentrum stand dabei ähnlich wie in Europa zur gleichen Zeit die Schwerindustrie. Namentlich im Bereich der Rüstungsgüterproduktion engagierte sich der japanische Staat außerordentlich stark, erblickte die Regierung doch im Militär den entscheidenden Machtfaktor für die Verwirklichung zentraler Aufgaben in der Innen- und Außenpolitik. Der Staat versuchte jedoch auch durch seine wirtschaftlichen Aktivitäten auf dem zivilen Sektor Zeichen zu setzen und Private zu einer eigenständigen Investitionstätigkeit zu animieren. In den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bemühten sich die japanischen Regierungen um eine Privatisierung ihrer Industriebetriebe. An dieser Privatisierungsaktion beteiligten sich einige führende Adelsfamilien wie Mitsubishi, Mitsui, Furukawa oder Kawasaki, die so die Grundlagen für ihre spätere Entwicklung zu zaibatsu (Finanzcliquen oder Großunternehmen) schufen. Ausgenommen blieb dabei allerdings der Bereich der Rüstungsgüterproduktion. Angesichts seiner politischen und wirtschaftlichen Anpassung an die in Europa und Nordamerika dominierenden Ansprüche an ein zivilisiertes Staatswesen, versuchten die japanischen Regierungen bereits seit 1871, eine Revision der nach der erzwungenen Öffnung des Landes von 1853 abgeschlossenen ungleichen Verträge zu erreichen. Vorerst blieben sie damit erfolglos. Erst unmittelbar vor dem Beginn des Chinesisch-Japanischen Krieges im Jahre 1894 schloss die Regierung nach Übernahme europäischer Normen im Bereich des Zivil- und Strafrechts mit Großbritannien ein Abkommen ab, welches die Abschaffung der Konsulargerichtsbarkeit und die teilweise Rückgabe der Zollhoheit vorsah. Bis 1899 konnten analoge Abkommen auch mit den übrigen europäischen Staaten und den USA abgeschlossen werden. Die volle Zollhoheit erlangte Japan allerdings erst wieder 1912.

      Primäres außenpolitisches Ziel der japanischen Regierungen war in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben der Wiedererlangung der vollen Souveränität die Stärkung der eigenen Position in Ostasien und wo möglich im Nordpazifik. Angesichts der Tatsache, dass das Land ökonomisch nicht stark genug war, Korea und weitere Teile Asiens wirtschaftlich zu durchdringen und wie die USA eine open-door-policy zu verfolgen, versuchte die Regierung ihre Ziele vor allem durch militärische Stärke zu erreichen. Immer wieder sah sie sich dabei aber mit Widerstand – auch militärischer Art – von Seiten Chinas konfrontiert. Japan vermochte sich im Chinesisch-Japanischen Krieg von 1894/95 militärisch durchzusetzen. Im Vertrag von Shimonoseki vom 17. April 1895 musste China die Unabhängigkeit Koreas anerkennen und Japan die Insel Formosa, die Pescadores Inseln und die Halbinsel Liaodong abtreten. Auf die Übernahme des letzteren Gebietes musste Japan allerdings auf Druck Russlands, Frankreichs und des Deutschen Reiches verzichten. Der Bündnisvertrag mit Großbritannien im Jahre 1902, der erneute militärische Erfolg im Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 sowie Absprachen mit der amerikanischen Regierung (u.a. Taft-Katsura Memorandum von 1905) machten Japan zu einer zentralen Macht in Ostasien. Aus einem potentiellen Opfer imperialistischer Politik war ein eigenständiger Akteur in diesem Feld geworden.

      Im Unterschied zu Japan gelang China eine solche Entwicklung weder am Ende des 19. noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Kaum jemand hatte dort damit gerechnet, dass es der Inselmacht Japan gelingen würde, sich gegenüber dem Reich der Mitte, welches traditionell die Vormachtstellung in Ostasien beanspruchte, durchzusetzen. Im Unterschied zu Japan hatte China in der frühen Neuzeit keine rigide Politik des Abschlusses vom Außenhandel verfolgt. Es war daher früher in den Fokus der Handelsinteressen der europäischen Mächte geraten. Dabei begann seit dem 18. Jahrhundert der von der britischen East India Company bewusst zur Verbesserung der eigenen Handelsbilanz betriebene Opiumhandel eine immer wichtigere Rolle zu spielen. 1840 kam es deswegen zum ersten Opiumkrieg, als die kaiserlich-chinesische Verwaltung versuchte, das im Reich bestehende Opiumverbot rigoros durchzusetzen. Für die britische Regierung ging es in diesem Konflikt jedoch nicht nur um die Handelsinteressen des eigenen Landes. Vielmehr wurde allgemein damit argumentiert, dass China ein Hort der Barbaren und eine orientalische Despotie sei. Eine Verbesserung dieser Situation könne nur durch eine allgemeine Öffnung für den internationalen Handel und die christliche Mission erreicht werden. Angesichts der Tatsache, dass die chinesische Regierung über keine moderne Flotte verfügte, musste sie rasch die Waffen strecken. Im Vertrag von Nanjing musste sie dem Abschluss einer Reihe von ungleichen Verträgen und der Abtretung der Insel Hong Kong an Großbritannien zustimmen. Im Gegensatz zu Japan versuchte die chinesische Regierung nicht, die eigene Position aktiv zu stärken. Sie leistete aber indirekt durch das Unterlaufen des Vertrages in einzelnen Punkten Widerstand, was 1856 von Großbritannien und Frankreich zum Anlass genommen wurde, mit einer neuerlichen Militärintervention weitere Konzessionen zu erzwingen. Durch interne Aufstände zusätzlich geschwächt, vermochte die kaiserliche Regierung sich nicht den Ansprüchen der westlichen Staaten, und Ende des 19. Jahrhunderts sogar Japans, zu widersetzen. Eine wichtige Rolle spielte dabei sicherlich auch die Tatsache, dass das Land darauf verzichtet hatte, selber eine moderne Flotte aufzubauen. Nach der Niederlage im Chinesisch-Japanischen Krieg von 1894/95 schienen die kaiserliche Regierung und die politisch bestimmende Kaiserwitwe Cixi orientierungslos, war mit der Niederlage in Korea doch die traditionelle Tributspolitik Chinas endgültig zusammengebrochen. Inner- und außerhalb des Hofes wurden in der Folge Möglichkeiten ausgelotet, die staatliche Organisation des Reiches und die Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu reformieren. Einige Gelehrte trugen ihre Ideen direkt dem 22jährigen Guangxu Kaiser vor, und zwar ohne Konsultation der konservativen Hofbürokratie. Vorgesehen war der Aufbau erstens moderner Streitkräfte, zweitens einer eigenständigen Industrie, drittens eines staatlichen Bank- und eines modernen Postwesens sowie viertens eines Eisenbahnnetzes unter nationaler Kontrolle. Zudem sollten die Korruption bekämpft, die chinesische Landwirtschaft systematisch gefördert, technisch modernisiert und die Auslandchinesen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes mobilisiert werden. Kaiser Guangxu erließ entsprechend zwischen Juni und September 1898 eine Reihe von Edikten, die als Reform der Hundert Tage bekannt wurden. Umgesetzt wurden die Anordnungen des Kaisers allerdings nicht, da seine politisch auch weiterhin bedeutsame Mutter, Cixi, zusammen mit der konservativen Hofbürokratie zum Gegenschlag ausholte und den Guangxu unter lebenslangen Hausarrest stellte. Sechs seiner Berater wurden hingerichtet, während anderen mit britischer Hilfe die Flucht ins Ausland gelang.

      Die europäischen Großmächte nutzten die Niederlage Chinas von 1895 und die nachfolgende innenpolitische Instabilität aus und sicherten

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