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      Der Rancher hielt sein Gewehr an der Hüfte angeschlagen. Das erkannte Jack allerdings erst, als McLean bereits in die Stadt ritt.

      »Also dann bis morgen.« Der Fuhrunternehmer kehrte in den Saloon zurück.

      Laut dröhnte das Orchestrion. Shere lachte glücklich.

      »Jetzt mal mit mir, Shere«, lallte der Hilfssheriff.

      McLean war jetzt auf gleicher Höhe mit dem Saloon und zügelte sein Pferd mitten auf der Main Street. Sein vorgeschobenes Kinn, die roten Wangen und das Funkeln in den verengten Augen verrieten die Wut, die ihn immer noch beherrschte. Und ohne jede Warnung feuerte er das Gewehr ab.

      Das Projektil bohrte sich pochend in einen Pfosten der Veranda.

      Die Stimmen im Saloon verstummten schlagartig. Nur das Orchestrion lärmte kreischend weiter. Die Schwingflügel wurden heftig aufgestoßen. Hilfssheriff Goring kam heraus.

      »McLean, was ist denn in Sie gefahren?«

      Immer mehr Menschen quollen heraus.

      McLean konnte nicht mehr schießen, wollte er nicht Gefahr laufen, einen Unbeteiligten zu treffen.

      »Diese Schweine haben sich meine Herde stehlen lassen! Ich verlange, dass Sie ihn sofort verhaften!«

      Die Menschen traten etwas auseinander. Shere kam bleich heraus und griff nach Jacks Arm.

      »Ihre Herde?«, fragte der Hilfssheriff erstaunt.

      »Hat er euch das nicht erzählt?«

      Goring blickte Jack an.

      »Ich war gar nicht dabei, als die Herde gestohlen wurde. Ich lag verletzt in Kerens.«

      »Er hat damit nichts zu tun!«, rief Shere.

      »Dürften wir mal alles erfahren?«, fragte der Friedensrichter

      Im Saloon dröhnte das Orchestrion immer noch.

      »Diese Schweine haben sich von Banditen überfallen lassen. Meine Herde ist weg. Ich bin ruiniert, Euer Ehren. Alles zum Teufel!«

      »Ich denke, wir gehen ins Office und reden dort weiter«, schlug der Sheriff vor.

      15

      Friedensrichter Douglas lehnte am Gitter, welches das Jail vom Office trennte. Er blickte auf seine Lackstiefel unter der gestreiften Röhrenhose, die peinlich sauber waren. Auch sein weißes Hemd, die Lincolnschleife und der schwarze Tuchmantel wiesen kein Stäubchen auf. Douglas hatte schon immer Wert auf eine tadellose Erscheinung gelegt.

      McLean schlug plötzlich mit der Faust auf den Schreibtisch und fuhr hoch. »Verhaftet das Schwein!«

      »Wenn Sie mich noch mal Schwein nennen, McLean, passiert was«, presste Jack leise, aber unüberhörbar hervor. Er stand neben dem Richter, nur einen Schritt von dem Iren entfernt.

      »Was haben Sie ihm eigentlich vorzuwerfen?«, fragte der Hilfssheriff. »Er war doch gar nicht dabei, als die Herde verlorenging. Und was sollten wir jetzt noch tun? Das muss ja mindestens zwei Wochen her sein, vielleicht schon drei!«

      »Wir verstehen sehr gut Ihre Erregung.« Richter Douglas schaute auf. »Es muss furchtbar sein, wenn man als alter Mann vor dem Nichts steht. Fast vor dem Nichts. Etwas haben Sie ja sicher vom Verkauf der Pferde noch, Mister McLean. Aber wie gesagt, wir verstehen das. Nur, Mister Truman trifft keine Schuld.«

      »Die Cowboys sind doch geflohen, als die Banditen kamen!«

      Der Hilfssheriff und der Richter blickten Jack an.

      »Soviel ich weiß, lag Dunn unter dem umgekippten Küchenwagen«, entgegnete Jack. »Aber was soll das! Es sind alles nur Mutmaßungen. McLean hätte die Cowboys fragen können, die dabei waren. Aber für die hatte er ja nur Peitschenschläge.«

      »Ich bringe dich um!« McLean stürzte auf ihn zu.

      Jack hatte damit eigentlich schon früher gerechnet, vorbereitet darauf war er jedoch immer noch. Er blockte die riesige Faust des rotgesichtigen Kerls ab und schmetterte ihm eine knallharte Gerade ans Kinn.

      McLean taumelte und knallte gegen die Wand. Mit einem Wutschrei stieß er sich ab und rannte vorwärts.

      Jack sprang zur Seite. Die Faust des Ranchers drosch gegen die Wand. Er fluchte wild, fuhr herum und bekam einen Schlag auf die Nase, der ihm Tränen in die Augen trieb. Blind vor Wut und Schmerz stürmte er vorwärts und lief in den nächsten Schlag.

      Jack beendete den Kampf mit ein paar Kinnhaken, dann wandte er sich ab und verließ das Office.

      Shere befand sich unter der Menschengruppe auf der Main Street. Jack stieg die beiden Stufen hinunter, nahm seine junge Frau am Arm und führte sie aus der Menge.

      »McLean ist total übergeschnappt.«

      »Vergiss ihn, Shere. Der Fuhrunternehmer verkauft. Morgen schließen wir mit ihm ab.«

      Der Salooner hastete heran und holte Shere und Jack kurz vor dem kleinen Adobelehmhaus ein. »Wann kriege ich das Geld nun?«

      »Ich gebe es Ihnen sofort«, versprach Shere. »Wie viel macht denn alles zusammen?«

      »Sie?« der Keeper bekam große Augen. »Sie wollen das bezahlen, Madam?«

      »Ja. Oder nehmen Sie von einer Frau kein Geld?«

      »Doch. Nur ... es ist etwas ungewöhnlich.«

      »Man wird sich hier noch an manches gewöhnen müssen.«

      16

      Die Tage waren schon nicht mehr so heiß, die Nächte wurden länger, und das Laub der wenigen Bäume in den Senken der Flüsse verwelkte.

      »Der Indianersommer ist mir die liebste Jahreszeit, auch wenn es manchmal schon Frost gibt in den Nächten.« Nathan Gratty, Jack Trumans Transportbegleiter, rieb sich über die Nase und grinste. Er war ein seltsamer Zeitgenosse und behauptete, vor zehn Jahren eine Zeitlang in einem Zirkus in Omaha aufgetreten zu sein. Niemand wusste, ob es stimmte. Er zählte achtundvierzig Jahre – sagte er jedenfalls – sah wie sechzig aus, war klein von Gestalt und ziemlich dürr. Nathan Gratty trug einen großen, alten Schlapphut, einen verschossenen Militärmantel und derbe Stiefel. Der Mantel verbarg seinen Patronengurt. Das Gewehr legte er nur sehr selten aus der Hand.

      Ein großer Backenbart zierte das Mausgesicht des Mannes. In den kleinen Augen funkelte die List. Er erzählte ständig irgendwelche Geschichten, mit der Wahrheit nahm er es dabei

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