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Fettnäpfchenführer Schottland. Ulrike Köhler
Читать онлайн.Название Fettnäpfchenführer Schottland
Год выпуска 0
isbn 9783958893016
Автор произведения Ulrike Köhler
Жанр Книги о Путешествиях
Серия Fettnäpfchenführer
Издательство Bookwire
Alle Schotten haben schlechte Zähne: Stimmt nicht (mehr)! Es ist wahr, dass Armut und schlechte, sehr zuckerreiche Ernährung über eine lange Zeit hinweg schuld daran waren, dass viele Schotten schlechte Zähne hatten. Man denke nur an den schottischen Energydrink Irn-Bru und frittierte Marsriegel! Doch inzwischen hat es ein Umdenken gegeben: Viele Menschen ernähren sich bewusster und gesünder, und auch in der Gesundheitsvorsorge hat sich einiges getan.
Alle Schotten sind ständig betrunken: Stimmt nicht (ganz)! Alkohol ist ein fester Bestandteil der schottischen Kultur, in guter wie in schlechter Hinsicht. Während Whisky- und Gin-Kenner die edlen Tropfen aus Schottland preisen, gibt es gerade in ärmeren Regionen noch immer viele Probleme durch Alkoholmissbrauch und Alkoholismus. Betrunken zu sein und das auch zu zeigen gehört für viele junge Menschen zu einem klassischen Freitag- und Samstagabend dazu. Dann lassen sie es richtig krachen!
Alle Schotten sind kampfeslustig: Stimmt nicht! Man hat immer William Wallace in Braveheart vor Augen, der mit blutverschmiertem Gesicht testosterongeladen die Faust in die Höhe stößt und ein lautes Kriegsgeheul anstimmt. Mit dem schottischen Alltag hat das aber nicht viel zu tun: Im Allgemeinen sind die Schotten sehr friedfertig. Auch wenn der eine oder andere Abend im Pub schon mal in einer Schlägerei enden kann ...
3
ABER DAS KANN ICH DOCH NICHT ANNEHMEN!
DIE HÖFLICHKEIT DES NEHMENS
Möwengeschrei weckt Franziska am Morgen – ein wunderschönes Geräusch, das ihr sofort ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Als Münchnerin kennt sie es sonst nur aus dem Urlaub. Eine milchige Sonne scheint in das kleine Zimmer hinein, und es dauert einen Moment, bis Franziska wieder weiß, wo sie ist. Die Dusche ist gewöhnungsbedürftig, stellt sie wenig später entnervt fest, als sie zähneklappernd neben der Duschkabine steht und gleichzeitig versucht, sich nicht die Hände zu verbrennen: Statt einer Mischbatterie gibt es zwei antik aussehende Wasserhähne, einen für warmes Wasser, einen für kaltes Wasser. Aber so sehr sie sich auch bemüht, es gelingt Franziska nicht, damit eine auch nur einigermaßen erträgliche Wassertemperatur zu erzeugen, unter der es sich länger als ein paar Sekunden aushalten lässt.
Als sie zehn Minuten später mit nassen Haaren in der Küche sitzt, an einer Tasse Tee nippt und »Föhn« auf ihre lange Einkaufsliste setzt, kommt Fiona die Treppe herunter und lächelt wissend. »Na, hast du dich mit der Dusche geprügelt?«
»Ja, und sie hat gewonnen«, antwortet Franziska mit einem gespielten Augenrollen.
»Du kannst übrigens meinen Föhn benutzen. Er liegt unter dem Waschbecken.« Fiona deutet auf Franziskas tropfnasse Strähnen. »Ist nicht gesund, hier mit nassen Haaren herumzusitzen.«
Franziska lächelt und zeigt auf ihre Liste. »Danke, aber ich muss eh ein paar Dinge besorgen, dann kann ich mir auch gleich einen Föhn kaufen.«
Fiona, nun ebenfalls mit einer Tasse Tee in der Hand, fischt eine Scheibe Brot aus dem Toaster und schlendert zum Tisch. »Darf ich mal schauen?«
Franziska schiebt ihr die Liste zu und steht auf, um sich ebenfalls noch einen Toast zu machen. Gegen die Arbeitsplatte gelehnt beobachtet sie Fiona, deren frisch geföhntes dunkles Haar im Licht der einfallenden Sonne glänzt. Irgendwie hat sie etwas Geheimnisvolles an sich, denkt Franziska, kann es aber nicht richtig benennen.
Unterdessen angelt sich Fiona den Stift und streicht beherzt einige Zeilen durch. »Du brauchst dir keine zusätzliche Wolldecke zu kaufen. Du kannst eine von mir haben. In ein paar Wochen brauchst du sie ohnehin nicht mehr. Glaub mir, unter dem Dach wird im Sommer es ziemlich warm und stickig. Und wozu brauchst du Geschirr? Du kannst doch alles benutzen, was hier in der Küche steht. Spar dir dein Geld lieber für andere Dinge.« Mit zusammengezogenen Augenbrauen unterzieht sie die Liste einer weiteren Inspektion. »Ein Fahrrad? Im Ernst? Hast du den Berg gesehen, auf dem wir wohnen?« Sie lacht. »Mein Fahrrad steht seit sechs Monaten ungenutzt in der Garage. Du kannst es gerne nehmen, das tue ich mir nicht an.« Sie streicht auch das Fahrrad durch und streckt Franziska die Liste zufrieden entgegen. »So, damit kannst du losziehen.« Sie schiebt sich das letzte Stückchen Toast in den Mund, wirft ihre Haare zurück und schnappt sich ihre Tasche. »Heute Abend können wir mal in meinen Kleiderschrank schauen, wenn du willst. Dann sparst du dir die Sportsachen auch noch. Das meiste von meinen Klamotten müsste dir passen. Ich komme ohnehin kaum zum Sport.«
»Danke dir, Fiona, aber das kann ich nicht annehmen.«
»Warum nicht?«, fragt Fiona verwundert. »Es ist doch Blödsinn, dass du dir alles neu kaufst, wenn es hier ohnehin rumliegt. Du kannst mit deinem Geld echt Besseres anstellen.«
Franziska seufzt unglücklich und macht ein hilfloses Gesicht.
»Nimm es einfach an und hör auf, dich zu ärgern«, erwidert Fiona leicht gereizt. »So machen wir das hier nun mal.« Schwungvoll wirft sie sich die Tasche über die Schultern, schlüpft in ihre Sneaker, ohne die Schnürsenkel zu öffnen, und winkt Franziska noch einmal kurz zu, bevor die Tür ins Schloss fällt. Franziska blickt noch immer zögernd auf ihre Liste, faltet sie dann zusammen und schiebt sie ergeben in ihre Hosentasche. Bevor sie loszieht, will sie sich jetzt wenigstens noch die Haare föhnen.
Nehmen ist höflicher als Geben
Es mag uns höflich erscheinen, etwas abzulehnen, das uns – wie wir meinen – nur aus reiner Höflichkeit angeboten wurde, insbesondere dann, wenn wir die andere Person kaum oder gar nicht kennen. Im Falle der schottischen Gastfreundschaft liegen wir damit jedoch falsch. Es ist sogar, im Gegenteil, sehr unhöflich, konsequent und nur aus Prinzip das abzulehnen, was ein Schotte einem großzügig anbietet. Kein Wunder, sagt der Schotte doch in Wahrheit mit seinem Angebot: »Ich habe genug, ich kann es mir leisten, zu teilen, es tut mir nicht weh.« Dahinter steckt naturgemäß immer auch ein kleines bisschen Stolz. Und was antworten wir ihm mit unserer vermeintlichen Höflichkeit? »Ich habe so meine Zweifel daran, dass du das noch entbehren kannst. Du hast ja für dich selbst kaum genug.« Ein Schlag ins Gesicht für einen stolzen Schotten, der die Unantastbarkeit der Gastfreundschaft schon mit der Muttermilch aufgenommen hat. Anzunehmen, was ohnehin vorhanden ist oder vom Besitzer zurzeit nicht genutzt wird, ist keine Schande. Im Gegenteil: Sie geben Ihrem Gastgeber damit ein gutes Gefühl.
Nur sollte man diese Bereitschaft zu teilen und zu geben nicht ausnutzen. Auch darauf reagieren Schotten – verständlicherweise – empfindlich. Es vermittelt ihnen das Gefühl, dass man sie für gutgläubig hält und meint, ihnen auf der Nase herumtanzen zu können. Es ist schon historisch bedingt, dass Schotten dieses Gefühl nicht besonders zu schätzen wissen, und menschlich ohnehin nur allzu verständlich.
Es gilt also, das richtige Maß zu finden, wenn man in Schottland ist. Nehmen Sie das an, was Sie tatsächlich benötigen, und zeigen Sie sich aufrichtig dankbar – vielleicht ja sogar, indem Sie das nächste Mal einspringen, wenn Sie irgendwie aushelfen können. Eine scheinbar grundlose Weigerung, ein freundliches Angebot anzunehmen, vermittelt hingegen den Eindruck, Sie seien selbst ein knausriger Mensch – und das kommt hier nicht ganz so gut an.
HÖFLICHKEIT IN SCHOTTLAND
Lieber zu höflich sein als unhöflich: »Thank you«, »please« und »sorry« können in Ihren Sätzen gar nicht oft genug vorkommen. Das geht schon beim Einkaufen los und gilt auch bei Gesprächen mit Freunden und Bekannten.
Hände schütteln reicht vollkommen aus: Körperkontakt mit (beinahe) Fremden ist Schotten eher unangenehm. Es reicht, sich die Hand zu geben und dabei entspannt »How do you do« zu sagen. Umarmungen sind nicht besonders beliebt, bevor man sich gut kennt.
Mit direkten Äußerungen zurückhalten: Schotten sprechen