Скачать книгу

dem das Eröffnungsspiel stattfand.

      Solari und Ambest trugen Sonnenbrillen, bei strahlend blauem Himmel. In Freizeitkleidung streiften sie durch die Straßen des Village, unerkannt, obwohl Totmachers Charakterschädel eigentlich nicht zu übersehen war. Fünfhundert Meter vom Hotel war Fußball kein Thema mehr.

      Sie wählten ein Straßencafé, tranken Saft und sahen dem Strom der Passanten zu. Es war kühl, aber in der Sonne auszuhalten. Eine Atmosphäre von Bedrücktheit umfing sie, zuerst kaum merklich, dann so fassbar wie die Gespräche, die sie hörten. Menschen warfen beklommene Blicke zum Himmel. Auch wenn man den Kristallschirm, der das System umgab, bei Tag nicht sehen konnte. Auch wenn es keine aktuelle Auskunft gab, was mit den Traitanks der Kolonne geschah.

      Solari hob sein Kom-Armband ans Ohr und rief Nachrichten ab: »… tagt Rhodan seit dem Vortag mit dem Krisenstab an Bord von PRAETORIA. Der Aufmarsch der Traitanks außerhalb des Solsystems ist vorerst zum Stillstand gekommen. Weitere Flottenaufmärsche können jedoch nicht ausgeschlossen werden, melden informierte …«

      »Irgendwas über die Meisterschaft?«, fragte Ambest von der Seite.

      »Nur das Übliche.«

      Solari winkte einem Kellner zum Zahlen. Seit dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ, der alle Syntrons unbrauchbar gemacht hatte, kassierten Menschen wieder persönlich und nicht mehr irgendwelche Maschinen. Zumindest hier, im Touristenzentrum.

      Ein mehrfacher Donnerknall tönte plötzlich von Osten: Niemand erschrak, außer Ambest und Solari. Menschen auf der Straße legten die Hände über die Augen, schaulustig, als Schutz gegen das Sonnenlicht. Hinter einem Glasturm tauchte eine Staffel von sieben Flugobjekten auf, die in Keilformation über das Atlan Village zogen. Die Maschinen sahen aus wie historische Jagdflugzeuge, mit gewaltigen Lufteinlässen an den markierten Schnauzen, mit Stummelflügeln und offenen Cockpits.

      »Wow!«, machte Toto Ambest. »Was für ein Krawall! Wer genehmigt so was?«

      »Keinen Schimmer«, antwortete Solari, den Kopf in den Nacken gelegt.

      Die Flugobjekte zogen holografierte Werbebanden hinter sich: Freitag, 11. Januar 1345 – Magellan-Stadion Terrania – Roter Sand Mars-Port VS. Sydney Kangorooh

      »Das sind die Terrania Lunatics!«, kämpfte eine Stimme gegen den Lärm. Solari blickte zur Seite und sah den Kellner, den er eben gerufen hatte. »Studenten von der Universität Terrania, die promoten in der Stadt die Meisterschaft! Ein Höllenlärm, aber warum nicht, die Leute lieben es. Rhodan ist der Schirmherr, nicht wahr? Dann wollen wir für unser Geld was sehen! Momentan sind die Flieger die Attraktion im Village. Sie proben über dem Stadion, und dann kommen sie zurück zur Universität, weil sie da ihre Werkstatt haben. – Es heißt, dass die Lunatics ihr volles Programm nur beim Auftakt und beim Endspiel fliegen.«

      Junior Solari sah die Blicke der Menschen, platt gedrückte Nasen an den Scheiben des Glasturms gegenüber, und die Bedrücktheit wich für Sekunden kindlichem Staunen.

      »Moment mal«, warf der Kellner plötzlich ein, die Augen schmal wie Schlitze, »euch beide kenne ich! Aus dem Trivid, richtig? Ihr seid Fußballer!« Er schnippte mit den Fingern und blickte aufgeregt. »Ich seh mir jedes Spiel im Trivid an, wir haben sogar Karten fürs Endspiel, und verflucht nochmal, die waren schwer zu kriegen! – Ihr seid von Asia Delhi, stimmt's? Tolles Spiel neulich im Himalaja …«

      Einer der Lunatics-Piloten legte seine Maschine auf die Seite, donnerte im Messerflug über die Straße und winkte mit ausgestrecktem Arm. Eine alte, primitive Fliegerbrille schützte seine Augen.

      Der Kellner schrie: »Krieg ich Autogramme?«

      Solaris Blick folgte der Maschine, bis sie hinter den Türmen der Stadt nicht mehr zu sehen war. »Klar! Aber zuerst zahlen wir mal!«

      *

      Nachmittags war Training, auf einem Platz hinter dem Galactic-Komplex, den das Hotel eigens für Luna Levitator als Fußballfeld hatte richten lassen. Der Rasen war kein stumpfes Kunstprodukt, sondern echt – gut fürs Ballgefühl, weil auch in den Stadien echter Rasen lag. Trainer Alderfarn ließ die Mannschaft aufwärmen und stretchen; der Schwerpunkt lag auf Übungen für Schnellkraft. Keine große Sache also.

      Solaris Form wurde täglich besser. Er war verletzungsfrei, hatte in den Testspielen mal auf dem Platz gestanden, mal nicht. Doch die Zeit arbeitete für ihn. Junior Solari gehörte in die Mannschaft, denn ein Team, das aus Kämpfern und Arbeitern bestand, brauchte einen Künstler, sonst war es seelenlos, und Solari verließ sich darauf, dass Alderfarn das ebenfalls wusste. Alderfarn hatte den Titel vor vier Jahren geholt, und er hatte Levitator dieses Jahr in die Endrunde gebracht. Wenn jemand vom Fußball Ahnung hatte, dann der Major.

      Nach Trainingsschluss maß ein Medo-Rob die Körperwerte.

      Alderfarn ließ den Kader antreten. Mit tief gerunzelter Stirn äugte er von einem zum anderen, ohne Worte, und studierte den Ergebnisbogen. Solari wartete neben Toto Ambest, die Flasche Elektrolytsaft in der Hand, und erwischte sich, wie er nervös von einem Fuß auf den anderen trat.

      »Und?«, drängte D'Accuzu schließlich, als er die Spannung nicht mehr aushielt. »Wie steht mein Wert?«

      »Du solltest nach dem Durchschnittswert der Mannschaft fragen«, rückte Alderfarn zurecht. »Auf dem Platz spielen zehn, nicht einer.«

      »Wenn mir in der achtzigsten Minute die Lunge wegfliegt, Trainer, bin ich damit auch allein.«

      Alderfarn blickte auf seine Folie. »Also gut: Du liegst an Position eins, Morg. Hinter dir ist Totmacher, eure Werte sind praktisch identisch, Totmacher ist ein paar Kilo schwerer. Dann klafft eine Lücke. Aber keine Sorge, unser erstes Vorrundenspiel ist am Samstag, bis dahin tut sich noch was. Luft für hundert Minuten hat bei uns jeder.«

      »Auch für 'ne Verlängerung?«

      Solari registrierte, dass Alderfarn zögerte. »Verlängerung ist Kopfsache. Daran kannst du nichts ändern, das kann man nicht messen.«

      Morg D'Accuzu drehte sich aufreizend langsam – bis er direkt auf Solari blickte. »Was ist mit unserem Genius? Wie lange hält der durch?«

      Alderfarn musterte seine Nummer sechs mit der Kälte eines Generals, bis D'Accuzu nervös wurde und zu Boden blickte. »Junior liegt im unteren Mittelfeld. Er ist kein Grätscher und kein Renner. Für seine Art Spiel sind alle Voraussetzungen da. Wenn er spielt, ist er bestens …«

      Hoch über den Köpfen lohte mit einem Mal ein Lichteffekt, bei Tageslicht heller als die Sonne. Alderfarn stockte mitten im Satz, Totmacher zuckte zusammen und fuhr herum. Solari suchte mit Herzklopfen den Himmel ab – und stellte fest, dass die Ursache irgendwo beim Handelshafen Point Surfat lag. Ein startendes Raumschiff mit ungewöhnlicher Triebwerkstechnik. Nicht die Terminale Kolonne.

      »Zwei Stunden trainingsfrei, Herrschaften!«, verkündete Alderfarn. »Heute Abend pünktliches Erscheinen, wir bestreiten ein Testspiel! Morg, das gilt auch für dich!«

      *

      Das Spiel gegen den Fünftligisten, der Monggon FC hieß, begann kurz vor Sonnenuntergang. Albion3D und andere Sender filmten für die Morgenmagazine. Auf den Rängen froren tausend Zuschauer; die meisten waren Levitator-Fans vom Mond, und sie hatten ihren Schlachtruf mitgebracht: »Kämpfen, Junior, kämpfen!« Einer wie Totmacher hätte die Typen einzeln rausgegriffen und vertrimmt, wie es sich gehörte. Solari blieb nichts übrig, als wegzuhören.

      Die Monggon-Verteidiger standen fix wie Fahnenstangen. Solari spielte, wie er wollte, aber Solari war für Insider ein Star, und keiner der Monggon-Spieler versuchte, in seine Knochen zu treten; was auch gesünder war, solange Totmacher Ambest mit ihm auf dem Platz stand.

      Mit acht zu null gingen sie vom Feld. Als das Flutlicht erlosch, sah Solari zum Himmel auf: Die Sterne fehlten, weil der Kristallschirm das Licht der Galaxis nicht passieren ließ. Stattdessen überspannte ein düsteres Glimmen die Nachtseite der Erde. Die hellen Punkte, die über den Horizont zogen, waren Kugelraumer auf Patrouille, gewaltige Einheiten der ENTDECKER-Klasse. Terras Flotte zeigte sich.

Скачать книгу