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Auffassung nach zu Konflikten, weil sich eine Seite benachteiligt fühlen würde.«

      »Das ist korrekt. Ich werde mich mit der Topsiderin besprechen. Wir reisen gemeinsam an. Sollen wir dich im Vorfeld über unsere Ankunftszeit informieren?«

      »Ich bin sowieso hier. Was könnte es ändern, zu wissen, wann ihr kommt?«

      »Ich mag die Art, wie du denkst«, sagte Odai Krimmer. »Wir sehen uns bald.«

      *

      Für Kaloyd sah Odai Krimmer aus wie alle Terraner – zumindest wie jeder einzelne Mann jenes Volkes. Es gab feine Unterschiede, aber sie wahrzunehmen, dazu gehörte einige Übung, falls es nicht Durchmesser oder Länge des Körpers oder exzentrische Frisuren betraf.

      Bei den Topsiderinnen fiel es ihm viel leichter, Unterscheidungen zu treffen. Wrachsha, die ebenso wie ihr terranisches Pendant für die Sicherheit im Vorfeld der diplomatischen Konferenz sorgte, war eine rundum elegante Erscheinung. Die Schuppen auf ihrem Körper mochten hart und kalt sein, aber ihre Färbung glich den herrlichsten Flusssteinen. Die Augen leuchteten in einem intensiveren Rot als bei allen aus diesem Echsenvolk, die Kaloyd bislang gesehen hatte. Und ihr Stützschwanz erinnerte an einen perfekt gepflegten Tentakel.

      Die beiden landeten mit einem kleinen Fluggefährt, in das sie nur sitzend passten. Ein topsidisches Modell, wenn er sich nicht täuschte. Vielleicht war es ein gutes Zeichen, dass sie zusammen anreisten. Sonst gingen sie sehr misstrauisch miteinander um, fast wie Bachu und Poyiden.

      Die vordere Hälfte des Gefährts klappte auf, die Gäste stiegen aus.

      »Ich heiße euch willkommen«, sagte Kaloyd. »Soll ich euch führen?«

      »Nicht nötig.« Wrachsha deutete in Richtung der elf Gebäude. »Es ist ja nicht so, dass man sich verlaufen könnte. Ich werde die Sicherheit überprüfen und feststellen, wo Risiken bestehen.«

      »Und ich begleite meine Kollegin«, ergänzte Krimmer. Er klang weniger forsch, aber deswegen nicht unsicher. Er wirkte gelassener, ruhiger. Und, wenn sich Kaloyd dieses Urteil erlauben durfte, zufriedener.

      »Kollegin«, wiederholte die Topsiderin in einem Tonfall, als läge in diesem Wort ein bitterer Geschmack. Die lange Zunge pendelte vor dem Mund, ehe sie sie zurückzog und dabei leicht einrollte.

      Bachu und Poyiden, in der Tat. Hoffentlich fielen sie nicht übereinander her wie diese beiden Tierarten. Kaloyd rechnete mit allem. Trafen sich zwei so verfeindete Parteien wie die Terraner und die Topsider, ließ sich für nichts garantieren. Da half auch nicht, dass es eigentlich um diplomatische Friedensgespräche ging.

      Nur in einer Hinsicht hegte der Yura keinerlei Zweifel: Es standen aufregende, unruhige Tage bevor.

      2.

      Im Licht der Beteigeuze

      Der Flug der ORATIO ANDOLFI war für die ganze Mannschaft – und das Schiff – eine Tortur gewesen.

      Das Beteigeuzesystem lag 650 Lichtjahre vom Solsystem entfernt. Im Heimatuniversum hätte diese Reise kaum nennenswerte Probleme mit sich gebracht; im anderen Zweig des Dyoversums sah das völlig anders aus. Trotz der Fortschritte, die den terranischen Technikern seit der Versetzung der Erde vor fast einem halben Jahrtausend gelungen waren, führte eine derartige Strecke an die Grenzen der Leistungsfähigkeit.

      Zahlreiche Linearetappen über jeweils maximal 25 Lichtjahre lagen hinter dem Liga-Flaggschiff. Jeder einzelnen war eine Kartografierung des aktuellen Zustands im Linearraum durch LOOKOUT-Sonden vorausgegangen. Etwa nach der 20. Etappe waren umfangreiche Reparaturen notwendig geworden, die von den Technikern an Bord nicht nur fachliche Höchstleistungen, sondern auch Improvisationstalent verlangt hatten.

      Aber Kommandantin Ghizlane Madouni und ihre Mannschaft führten das Flaggschiff und galten deshalb als die Besten in ihrem Job. Perry Rhodan hatte einen Großteil der Reise in seinem Quartier verbracht und die Zeit genutzt, nach den anstrengenden Ereignissen auf Zeut, Ceres und im Wegasystem wieder zu Kräften zu kommen.

      Die bevorstehende diplomatische Zusammenkunft auf der Heimatwelt der Yura würde ihm alles abverlangen, daran zweifelte er nicht eine Sekunde.

      Zwar sollte der Chefdiplomat Nevio Torwesten die Gespräche für die terranische Seite führen ... aber nicht umsonst hatte die topsidische Gelegemutter und Anführerin des Sternengeleges nach einem Treffen mit Perry Rhodan in persona verlangt.

      Letztlich, da gab er sich keinen Illusionen hin, würde die Entscheidung zwischen ihm und Bun-Akkbo fallen, und das nicht, weil er sich in den Vordergrund drängte, sondern weil ...

      ... ja, weil etwas ihn stets in die Schlüsselrolle schob.

      Er wusste selbst nicht, wie er jenes Etwas benennen sollte.

      Das Schicksal? An einem solchen unpersönlichen Konzept hegte er tief sitzende Zweifel.

      Bestimmung? Falls ja, woher kam sie? Von einer wie auch immer gearteten Kraft im Hintergrund? Von den Höheren Mächten des Kosmos?

      Vielleicht, dachte Perry Rhodan, war dieses Etwas nichts weiter als die Folge seines eigenen Charakters, die Summe seines bisherigen Lebens und seiner Entscheidungen.

      Er freute sich auf die Begegnung mit der mächtigsten Topsiderin, der Anführerin des Sternengeleges, das in diesem Teil des Dyoversums mit Fug und Recht als Supermacht galt.

      Außerdem waren die Topsider schon deshalb interessant, weil sie das einzige bislang bekannte Volk waren, das es in beiden Hälften des Dyoversums gab.

      Zumindest wenn man von den Terranern absah, aber diese waren erst vor wenigen Jahrhunderten durch die Versetzung ihrer Heimatwelt in diesen Universenzwilling gelangt.

      Wie erklärte sich die Existenz der hiesigen Topsider? Waren Vorfahren der Sternengelege-Topsider einst ebenso wie die Terraner versetzt worden? Oder hatten sie sich tatsächlich ursprünglich in diesem Zweig des Dyoversums entwickelt?

      Viele Fragen harrten auf Antwort, zumal sie auf ständig weitere Unklarheiten verwiesen, die die Wissbegierde anstachelten.

      Aber eines nach dem anderen.

      Der aktuelle Konfliktfall musste geklärt werden, und wenn das misslang, stellten sich alle Fragen womöglich als müßig heraus. Weil es nach einem neuen Entflammen des Krieges vielleicht keinen Terraner mehr gab, der sie sich stellen könnte.

      *

      »Du warst also tatsächlich noch nie selbst hier?«, fragte Perry Rhodan eine Stunde später Ghizlane Madouni. Die Kommandantin hatte ihn kurz vor der Ankunft am Ziel in die Zentrale der ORATIO ANDOLFI gebeten.

      »Die wenigsten konnten in unserer Hälfte des Dyoversums jemals eine solche Strecke zurücklegen.«

      »Und unter diesen wenigen wäre die Kommandantin des Flaggschiffs nicht gewesen?«

      »Gerade die nicht!« Ghizlane Madouni machte eine umfassende Handbewegung, die vor allem das gewaltige Umgebungsholo in der Mitte der Zentrale einschloss. »Die ANDOLFI wird zu Hause gebraucht, im Solsystem, oder bei von uns besiedelten Planeten in der Nähe ... nicht so weit draußen. Es gab für mich nie einen Grund, bis hierher zu fliegen.«

      »Und jetzt werden die Weichen für die Zukunft ausgerechnet hier gestellt«, sagte Rhodan nachdenklich.

      Natürlich wusste er, warum die Gelegemutter für die Verhandlungen zur Heimatwelt der Yura gebeten hatte – auf dieser Welt hatte sich einst ein Konflikt zwischen ihren beiden Völkern entzündet. Es handelte sich also um historischen Boden, und Rhodan gefiel der Gedanke, die Symbolik dieses Planeten gewissermaßen umzudrehen und dort den Frieden einzuleiten ...

      ... aber er fragte sich, ob es womöglich andere Gründe für die Wahl gab.

      Verborgene Gründe, die den Topsidern einen Vorteil verschafften, der momentan im Dunkeln lag.

      Rhodan entschied sich, das Positive in den Blick zu nehmen und sich darauf zu konzentrieren. Er hoffte, dass es tatsächlich

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