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Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus
Читать онлайн.Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Год выпуска 0
isbn 9783745214024
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Издательство Readbox publishing GmbH
Er blickte auf die Uhr. Lange konnte er nicht bewusstlos gewesen sein, allenfalls zwei oder drei Minuten, aber das war für den Gelddieb mehr als genug gewesen, um sich mit seiner Beute abzusetzen.
Der Umstand, dass er darauf verzichtet hatte, den ganzen Koffer an sich zu nehmen, ließ den Schluss zu, dass es nicht Mike Finch gewesen war, und diese Folgerung warf die Frage auf, was aus dem Wohnungsmieter geworden war.
Bount bewegte wie schnüffelnd die Nasenflügel. Er nahm ein herbes Parfüm wahr, das er nicht kannte und von dem er zu wissen glaubte, dass es bei seiner Ankunft nicht in der Luft gehangen hatte. Es war, wenn er nicht irrte, ein Herrenparfüm, irgendetwas, das mit Juchten zu tun hatte.
Er versuchte sich zu konzentrieren. Der Schatten. Der Gegenstand, der auf ihn zugekommen war und ihn veranlasst hatte, in einem Reflex den Kopf herumzureißen. Die Reaktion war zu spät gekommen, sie hatte ihn überdies daran gehindert, den Schläger zu erkennen.
Bount zerquetschte einen Fluch zwischen den Zähnen. Sein Besuch in Miami Beach stand unter keinem guten Stern, andererseits war er es gewöhnt, mit Pechserien zu leben. Was zählte, war, wer am Ende die Oberhand behielt.
Bount verließ die Wohnung, zog die Tür hinter sich zu, achtete jedoch darauf, dass sie nicht ins Schloss schnappte, ging zum Lift, und fuhr damit in die Tiefgarage. In dem großen Raum standen nur wenige Fahrzeuge. Hinter einem davon, einem Toyota Crown Saloon, dessen Kofferraumklappe offen war, lag ein Mann. Er ruhte bäuchlings auf dem Boden, die Arme zur Seite geworfen, die Beine gespreizt. Er sah aus wie tot.
Es war Mike Finch.
6
Bount spürte, wie sich in seiner Magengegend ein hässliches Gefühl ausbreitete. Er kannte es nur zu gut. Es hatte ihn zuletzt bedrängt, als Virginia Leggins Honda hochgegangen war, und er hasste es, erneut sein Opfer zu werden.
Er ging auf Finch zu, beugte sich über ihn, berührte ihn an der Schulter und registrierte jähe Erleichterung, als der Rothaarige den Kopf zur Seite drehte und etwas Unverständliches grunzte.
Finch lebte noch. Bount drehte ihn behutsam auf die Seite. Äußere Verletzungen waren nicht zu erkennen. Finch hielt die Augen geschlossen, aber seine Lippen bewegten sich, nur war nicht zu verstehen, was er von sich zu geben versuchte.
Bount ließ den Mann los, blickte in den Kofferraum des Wagens und sah, dass der Inhalt der darin abgestellten Reisetaschen durchwühlt worden war. Ein Teil davon lag auf der Gummimatte des Kofferraums.
Bount wandte sich um. Finch hatte die Augen geöffnet und sah sehr erstaunt aus.
„Wie fühlen Sie sich?“, fragte Bount.
Finch schluckte. Er setzte sich mit einem Ruck auf, bereute aber im nächsten Moment, sich so schnell bewegt zu haben. Sein schmerzhaft verzogenes Gesicht machte klar, dass ihn der Schädel schmerzte.
„Ich helfe Ihnen auf die Beine“, sagte Bount und zog Finch hoch. Finch griff sich an den Kopf. „Ich weiß gar nicht, was mich erwischt hat“, sagte er kaum hörbar. „Der Kerl muss von hinten an mich herangetreten sein.“ Finch zuckte zusammen. Er starrte Bount ins Gesicht. „Der Koffer!“, stieß er hervor.
Er wartete Bounts Antwort nicht ab, drehte sich um und torkelte auf den Lift zu. Bount folgte Finch. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl nach oben. Finch stolperte in seine Wohnung, blieb abrupt stehen, als er die Bescherung sah und drehte sich um. In seinen Augen flackerten Wut und Entsetzen.
„Das Geld!“, stieß er hervor. „Was ist damit?“
„Es ist verschwunden“, sagte Bount.
Finch riss die Badezimmertür auf und hielt seinen Kopf unter den Kaltwasserhahn. Er ließ den starken Strahl über Kopf und Hals laufen, ohne sich darum zu kümmern, dass dabei auch sein leichtes, einfarbiges Polohemd durchnässt wurde. Als er den Hahn abdrehte und sich aufrichtete, tropfte ihm das Wasser vom Gesicht, aber es war zu erkennen, dass ihn die Behandlung erfrischt hatte.
„Wo ist es?“, fragte er und griff nach einem Tuch, das über dem Wannenrand lag. Er rieb sich damit trocken.
„Wir können es wiederfinden“, sagte Bount. „Voraussetzung ist, dass Sie mir reinen Wein einschenken.“
Finch warf das Tuch achtlos beiseite.
„Sie werden zugeben müssen, dass ich diese Schweinerei Ihnen verdanke“, sagte er. „Wären Sie nicht gekommen, hätte ich mich längst abgesetzt.“
„Glauben Sie nicht, dass die Männer, die sich für Ihr Geld interessieren, Ihnen gefolgt wären?“
„Erst hätten sie mich finden müssen.“
„Es ist nicht Ihr Geld, stimmt’s?“
„Verdammt, wem sollte es denn wohl sonst gehören?“, explodierte Finch. Er ging an Bount vorbei in die Diele, trat mit dem Fuß gegen den Koffer und schäumte: „Ich hole es mir wieder, das schwöre ich Ihnen ... und wenn ich sie alle miteinander zur Hölle schicken muss!“
Bount folgte Finch ins Wohnzimmer. Der entdeckte auf einem der Sessel eine Ginflasche, die noch zu einem Drittel gefüllt war. Er öffnete sie, trank daraus, brütete ein paar Sekunden still vor sich hin, und warf dann die Flasche mit einem Ausbruch jäher Wut nach Bount, der der Attacke nur durch ein Wegreißen des Kopfes zu entgehen vermochte. Die Flasche zerschellte hinter ihm krachend an der Wand.
„Du verdammter Mistkerl, du!“, keuchte Finch und ballte die Hände. „Ich durchschaue dich. Du machst mit den anderen gemeinsame Sache. Sie haben dich vorgeschickt, nicht wahr? Und jetzt hast du den Auftrag, ihren Abgang zu sichern.“
Finch ging auf Bount zu. Der nahm sich gar nicht erst die Mühe, zu antworten, da ohnehin klar war, was folgen würde. Finch zögerte nicht, zuzuschlagen. Er zog zunächst die Rechte ab, ohne voll zu treffen, aber als er die Linke hinterherschickte, hatte Bount Gelegenheit, sich auf den Punch einzustellen, der hinter Finchs Attacke steckte.
Bount ging auf Distanz. Sein Schädel schmerzte immer noch, aber er fühlte sich nicht ernstlich gehandicapt. Wie immer ging er den Fight eher widerwillig an, aber er wusste natürlich, dass er keine Wahl hatte und den hingeworfenen Fehdehandschuh aufnehmen musste.
Finch schlug beidhändig, er brauchte ein Ventil für seine Wut und Enttäuschung, und es machte ihm nichts aus, dabei seine Deckung zu vernachlässigen.
Bount nutzte diese Chance, er wollte das Unvermeidliche rasch hinter sich bringen, um an die Informationen heranzukommen, die er brauchte. Er achtete darauf, seinem Gegner nicht zu wehzutun. Seine Schwinger waren genau dosiert und brachten Finch rasch in Bedrängnis.
Finch begriff, dass er den Gegner unterschätzt hatte und probierte sein Glück mit einem Tiefschlag, aber Bount drehte ab und nahm dem Angriff die Wirkung.
„Du Misthund, du Dreckskerl!“, keuchte Finch, in den Augen Tränen der Frustration.
Bount stach die Rechte heraus. Sie traf voll. Finch verdrehte die Augen und faltete sich zusammen. Er blieb bäuchlings auf dem silbergrauen Spannteppich liegen, ohne sich zu rühren.
Bount machte einen Sessel für sich frei, indem er einen Stoß Magazine und zwei Bierdosen von der Sitzfläche entfernte, ließ sich hineinfallen und wartete darauf, dass Finch wieder ansprechbar war. Es dauerte eine volle Minute, ehe Finch den Kopf hob und mit glasigem Blick um sich starrte. Als er Bount bemerkte, setzte sein Erinnerungsvermögen ein. Er richtete den Oberkörper auf, schüttelte den Kopf und blieb sitzen. Ein Bild des Jammers, die personifizierte Niederlage. Er sah nicht mehr wütend aus, nur noch deprimiert, hoffnungslos und erschöpft.
Bount sagte: „Eigentlich haben Sie guten Grund, sich zu freuen. Sie hätten leicht wie Charly enden können.“
Finch quälte sich auf die Beine, torkelte zur Couch und ließ sich in eine Ecke des Sitzmöbels fallen. Er blickte Bount ins Gesicht.
„Das soll wohl