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Seine dunklen Augen glühten, er ließ den Blick wohlgefällig über ihre Figur gleiten.

      „Also?“, fragte er. „Was tun Sie hier?“

      Leila antwortete stockend. „Ich bin durch Zufall hier und wusste nicht, dass das militärisches Gelände ist. Es hat mich einfach interessiert.“

      Er klopfte mit ihrem Pass leicht auf seine linke Handfläche. „Komisch, die Ausreden sind immer wieder die gleichen. Dass euch nicht mal was Neues einfällt!“

      Er winkte seinen Leuten. „Nehmt alles mit! Wir bringen sie ins Lager. Dort werden wir schon erfahren, was wir wissen wollen.“ Er lächelte Leila hintergründig an.

      Dann packte er mit hartem Griff ihr Handgelenk und zwang sie vorwärts. Die Soldaten nahmen ihre Sachen auf und folgten.

      Inzwischen war es dunkel geworden, sodass sie auf den Weg achten musste. Der Steilhang war eine Qual, aber der Offizier nahm keine Rücksicht. Leila spürte, wie ihre Strümpfe zerrissen, und spitze Dornen sich ins Fleisch krallten.

      Unten sah sie zum ersten Mal die Anlage aus der Nähe. Es wirkte alles provisorisch und wie aus dem Boden gestampft. Trotzdem war ein Eindringen nicht ohne Weiteres möglich. Der Stacheldrahtzaun war ziemlich hoch, und in regelmäßigen Abständen gab es bewaffnete Posten. Die Spionin kam sich vor wie beim Spießrutenlauf. Tränen rannen ihre Wangen hinunter.

      Sie hielten vor einer größeren Baracke, die von zwei Soldaten bewacht war. Hinter den Fenstern brannte Licht. Leila erkannte das Schild neben der Tür: Sicherheitszentrale.

      Der Offizier verschwand für einen Augenblick und kehrte mit einem zweiten Offizier zurück. Es war ein Major. Er trug eine peinlich gepflegte Uniform und blank geputzte Stiefel. Er war groß und schlank und hatte einen dünnen Oberlippenbart. Der Major ging um Leila herum und starrte sie neugierig an. Dann lächelte er amüsiert. „Bringt sie hinein und sperrt sie erst mal ein! Wir werden uns später mit ihr befassen.“

      Die Soldaten stießen sie vorwärts, und mit hängendem Kopf wankte Leila Khalef in die Baracke. Zwei weitere Soldaten nahmen sie dort in Empfang und schoben sie in eine winzige Kammer, die sie abschlossen.

      Die Einrichtung bestand aus einer Holzpritsche mit einer schmutzigen Wolldecke. Die gefangene Spionin warf sich darauf und überdachte ihre kritische Situation.

      5.

      Steve McCoy betrat die Gangway, und die Hitze traf ihn wie ein Faustschlag. Obwohl er heiße Länder kannte, hatte er immer wieder Schwierigkeiten, sich an das Klima zu gewöhnen.

      Der Amerikaner war über Beirut geflogen, das war die schnellste Verbindung. Er ging langsam die Treppe hinunter, seine Jacke hatte er über den Arm gelegt. Die ganze Ausrüstung sowie seine Waffe befanden sich in seinem Spezial-Koffer – in einem abgeschirmten doppelten Boden, der bei einer durchschnittlichen Kontrolle kaum zu entdecken war.

      Er blinzelte und setzte seine Sonnenbrille auf. Feine Schweißtropfen perlten ihm von der Stirn. Er hatte Verlangen nach einem eisgekühlten Drink.

      Im Flughafengebäude war es angenehmer. Anstandslos passierte er die syrische Passkontrolle. Sein Visum war echt – man hatte so viel Zeit gehabt, dass es nicht gefälscht zu werden brauchte.

      Mit den Koffern ließ sich das Bodenpersonal Zeit. Steve McCoy rauchte eine seiner seltenen Zigaretten, bis sich endlich das altersschwache Gepäckband mit verdächtigem Knirschen in Bewegung setzte. Ein Poltern von draußen verriet, dass mit dem Gepäck nicht gerade sanft umgegangen wurde. Sein Koffer war der letzte. Der Agent stemmte ihn vom Band und schleppte ihn zur Zollkontrolle.

      Der Zöllner deutete auf den Koffer und sagte in gebrochenem Englisch: „Bitte, öffnen Sie!“

      Steve ließ die Schlösser aufschnappen und klappte den Deckel auf. Seine Augen zogen sich zusammen, und eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn.

      Der Inhalt seines Koffers war durchwühlt worden. Das war offenbar unter Zeitdruck geschehen, sodass der unbekannte Kontrolleur nicht alles so sorgfältig packen konnte, wie es gewesen war.

      Immerhin, der Zöllner beanstandete nichts und entließ ihn mit einem Wink, bevor er den nächsten Passagier heranwinkte.

      Steve drängte sich durch die Sperre und stand in der Haupthalle. Er mochte Damaskus nicht. Wenn er ehrlich war, konnte er eigentlich das ganze Land nicht sonderlich leiden. Aber für solche Überlegungen wurde er nicht bezahlt. Er hatte einen Auftrag, und den musste er ausführen, ob ihm die Gegend passte oder nicht.

      Sein Blick glitt über die Menschenmenge, bis ein Mann seine Aufmerksamkeit fesselte. Mike Andrews!

      Der hatte ihn im gleichen Augenblick gesehen und gab unauffällig ein Zeichen. Das bedeutete, er sollte ihm folgen. Andrews kannte sich hier besser aus.

      Steve hatte zwei oder drei Mal mit ihm zusammengearbeitet. Er wusste, dass er jetzt in der Maske eines Botschaftssekretärs der örtliche CIA-Führungsoffizier war. Ein Operator, wie man das intern nannte.

      Andrews, blondhaarig und ziemlich groß, fiel in der Menge auf. Es war leicht, ihm auch in größerem Abstand zu folgen. Draußen bestieg er einen amerikanischen Wagen mit Chauffeur.

      Im Zentrum hielt der schwarze amerikanische Wagen in der Port-Said Straße. Andrews stieg aus. Er sah sich nicht um, ob Steve McCoy ihm folgte, sondern betrat ein Lokal, das von außen einen ziemlich europäischen Eindruck machte.

      Steve zuckte die Achseln. Gegen einen Drink war nichts einzuwenden. Er bezahlte den Taxifahrer mit einer Fünf Dollar-Note, da er noch kein syrisches Geld hatte. Der Fahrer ließ den Schein blitzschnell verschwinden, womit er sich bereits eines Devisenvergebens schuldig machte.

      Steve betrat das Lokal mit dem Koffer in der Hand und kam sich etwas albern vor. Andrews saß in einer Nische, wo man nicht belauscht werden konnte, aber den ganzen Raum übersah.

      Steve nickte ihm zu und schob sich auf einen Platz, nachdem er seinen Koffer unter den Tisch bugsiert hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Warum so geheimnisvoll, Mike?“

      Andrews lächelte. „In dieser Stadt gibt es mehr Augen und Ohren, als uns lieb sein kann. Die Leute sind misstrauisch gegen die Fremden, und besonders gegen uns.“

      „Womit Sie völlig recht haben“, meinte Steve McCoy. „Aber Spaß beiseite, wie ist die Lage? Doch bevor Sie anfangen, Mike, würde ich gern etwas trinken, am besten ein kühles Bier.“

      Andrews hob entsetzt die Hände. „Bier? Haben Sie schon mal syrisches Bier getrunken? Es dürfte mit Abstand das schlechteste der Welt sein. Nehmen Sie lieber ein Mineralwasser oder eine Cola.“

      „Sie kennen sich aus, okay.“

      Andrews winkte dem Kellner, und sie sprachen über Belanglosigkeiten, bis die Getränke auf dem Tisch standen.

      Andrews nahm einen kräftigen Schluck und sagte: „Die Situation ist mies, Steve. Wir haben extra um Unterstützung gebeten, da wir hier nichts machen können, denn wir müssen davon ausgehen, dass wir der Gegenseite bekannt sind. Wir können jede Hilfe liefern und eine Menge Vorarbeiten leisten. Aber den eigentlichen Kontakt muss ein neuer Mann herstellen. Ich freue mich, dass man Sie geschickt hat. In diesem Fall können wir vielleicht auch aus einer verfahrenen Situation etwas machen.“

      Steve lächelte düster. „Auch bei uns drüben ist einiges schief gegangen. Aber erzählen Sie erst mal.“

      „Sie wissen, dass ein Mitglied der sowjetischen Delegation abspringen will. Wir wissen nicht genau, wer es ist, aber er wird sich Ihnen ja zu erkennen geben. Diese Delegation ist ziemlich groß und besteht aus Wissenschaftlern, einigen Politikern und den üblichen KGB-Begleitern. Sie sollen heute ankommen und werden im Hotel New Semiramis wohnen, wo wir für Sie ebenfalls ein Zimmer reserviert haben.“

      „Das ist mir alles bekannt“, sagte Steve McCoy. „Wo liegt das Problem?“

      „Wir haben inzwischen

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