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während sie den Rackarbacken hinuntergingen und am Dom vorbeikamen. Die melodischen Klänge von Die reiche Tracht des grünen Laubes schallten aus dem Portal.

Donnerstag, 7. Juni

      Das Haus lag in einem älteren Wohngebiet in Roma, mitten auf Gotland, in unmittelbarer Nähe der Schule und des Sportplatzes. Es war umgeben von Villen mit überwucherten Gärten. Die Gegend war idyllisch und strahlte Ruhe aus. Nach einigen Mühen hatte Johan herausbekommen, wer die Frau war, mit der er im Polizeigebäude beinahe zusammengestoßen war. Sie hieß Emma Winarve und war eine enge Freundin von Helena Hillerström. Er hatte sie angerufen. Sie war zuerst äußerst skeptisch gewesen, als er um ein Gespräch gebeten hatte. Nachdem Johan nicht lockergelassen hatte, war sie schließlich widerstrebend bereit, sich mit ihm und Peter zu treffen.

      Sie hielten vor der wild wachsenden Fliederhecke, deren lila und weiße Blüten sich gerade öffneten. Der Garten war beeindruckend, mit seinen weitläufigen Rasenflächen und den Beeten mit den vielen Blumen, deren Namen Johan nicht kannte. Im Norden ballten sich schwarze Wolken zusammen. Sicher würde es noch vor dem Mittagessen regnen.

      Emma Winarve öffnete ihnen die Tür. Sie trug ein weißes T-Shirt und eine weiche graue Hose. Sie war barfuß. Ihr Haar hing ihr feucht über die Schultern. Wie schön sie ist, dachte Johan, dann riss er sich zusammen. Das dauerte einige Sekunden zu lange, so lange, dass Emma irritiert schien.

      »Hallo, Johan Berg von den Regionalnachrichten, Schwedisches Fernsehen. Das ist Peter Bylund, der Kameramann. Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich Zeit für uns nehmen.«

      »Hallo, Emma Winarve«, sagte sie und reichte ihnen die Hand. »Kommen Sie herein.«

      Sie führte sie ins Wohnzimmer. Es hatte einen dunklen Holzboden, weiß verputzte Wände und große Fenster zum Garten hin. Der Raum war nur spärlich möbliert. An der einen Wand standen sich zwei grau-blaue Sofas gegenüber. Sie nahmen Platz. Emma setzte sich auf das andere Sofa und sah sie an. Bleich und rot um die Nase.

      »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen viel sagen kann.«

      »Wir wüssten gern etwas über Ihre Beziehung zu Helena«, sagte Johan. »Wie gut haben Sie sie gekannt?«

      »Sie war meine beste Freundin, auch wenn wir in den letzten Jahren nicht mehr so viel zusammen waren«, sagte sie in weichem Gotländisch. »Wir kannten uns seit dem Kindergarten und sind zusammen zur Schule gegangen. In der Oberstufe kamen wir in unterschiedliche Klassen, aber wir waren trotzdem fast so oft zusammen wie vorher. Damals wohnten wir in derselben Reihenhaussiedlung in Visby, in der Rutegatan in der Nähe von Ericsson. Aber die heißen jetzt ja Flexitronics.«

      »Hatten Sie auch später noch viel Kontakt?«

      »Helenas Familie ist nach Stockholm gezogen, ein Jahr nach unserem Abitur. Aber wir hatten weiterhin Kontakt, haben mehrmals pro Woche miteinander telefoniert, und ich habe sie auch in Stockholm besucht. Im Sommer war sie dann immer hier. Das Haus bei Gustavs hatten sie ja behalten.«

      »Was für ein Mensch war Helena?«

      »Sie war fast immer gut gelaunt. Aufgekratzt, könnte man sagen. Ungeheuer extrovertiert, sie kam leicht mit Leuten in Kontakt. Sie dachte positiv. Sie sah immer die guten Seiten.«

      Emma sprang auf, lief aus dem Zimmer und kam kurz darauf zurück, mit einem Glas Wasser und einer Rolle Küchenpapier.

      »Und Helenas Freund, wie ist der?«, fragte Johan.

      »Per? Der ist toll. Reizend, umsichtig und überaus um Helena besorgt. Ich bin ganz sicher, dass er unschuldig ist.«

      »Wie lange waren die beiden zusammen?«

      Emma trank einen Schluck Wasser. Sie ist wunderbar, dachte Johan.

      »Das müssen so ungefähr sechs Jahre gewesen sein, denn sie haben sich in dem Sommer kennen gelernt, in dem ich geheiratet habe.«

      »Sie haben sich also gut verstanden?«, fragte Johan, der gleichzeitig eine leise Enttäuschung verspürte. Natürlich war sie verheiratet. Großes Haus, Sandkasten und kleine Fahrräder im Garten. Trottel, dachte er. Hör auf, sie dir als deine nächste Eroberung vorzustellen.

      »Ja, davon bin ich überzeugt. Natürlich hatte sie ihn ab und zu satt und hat sich gefragt, ob er sie wirklich liebte. Aber so geht es sicher den meisten, die lange zusammen sind. Ich glaube, dass sie sich für ihn entschieden hatte. Ich weiß, dass sie einige Male gesagt hat, wenn sie jemals Kinder bekommt, dann von Per. Bei ihm hat sie sich geborgen gefühlt.«

      »Können wir vor laufender Kamera einige Fragen stellen? Wir nehmen nur die, die Ihnen nichts ausmachen.«

      »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

      »Wir könnten doch einen Versuch machen? Wenn es Ihnen unangenehm wird, hören wir sofort auf.«

      »Na gut.«

      Peter holte die Kamera. Er verzichtete auf Stativ oder zusätzliche Scheinwerfer. Die Sache war auch so schon schwierig genug. Johan setzte sich zu Emma auf das Sofa. Er nahm den Duft ihrer frisch gewaschenen Haare wahr.

      Das Interview wurde wirklich gut. Emma erzählte von Helena und ihrer Freundschaft. Über ihre eigene Angst und darüber, wie der Mord ihre ganze Existenz erschüttert hatte.

      »Hier haben Sie meine Karte, falls Sie noch mehr sagen oder einfach nur anrufen möchten«, sagte Johan, ehe sie gingen.

      »Danke.«

      Sie legte die Karte auf den Schreibtisch, ohne sie auch nur anzusehen.

      Als sie auf dem mit Kies bestreuten Platz vor dem Haus standen, schnappte Johan nach Luft.

      »Tolle Frau«, keuchte er und drehte sich zu Peter um, der mit der Kamera auf der Schulter hinter ihm herkam.

      »Die schönste, die ich seit langem gesehen habe«, stimmte der Kollege zu. »Und was für ein reizender Akzent. Was für Augen. Was für ein Körper. Ich bin hin und weg.«

      »Du auch? Schade nur, dass sie verheiratet ist und Kinder hat.«

      »Mein übliches Glück«, grinste Peter. »Wir brauchen auch noch Außenaufnahmen. Gib mir ein paar Minuten«, sagte er, dann verschwand er hinter der Hausecke.

      Der Parkplatz vor dem Obs-Supermarkt im Östercentrum war fast leer. In zwei Wochen ist da kaum noch ein Durchkommen, überlegte Knutas, der in seinem Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch saß. Er hatte mit seiner Frau telefoniert, die ihm begeistert erzählte, wie sie am Morgen ein Zwillingspaar entbunden hatte. Sie war geradezu lyrisch gewesen – schließlich war sie ja selbst Mutter von Zwillingen. Ihre blendende Laune übertrug sich auf ihn, doch das war nur von kurzer Dauer. Die Wärme, die er während des Telefonats empfunden hatte, musste bald wieder der Anspannung weichen, die der Fall der ermordeten Helena Hillerström ihm bereitete.

      Bisher waren auf Gotland nur wenige Morde geschehen. Seit 1950 hatten sich auf der Insel zwanzig Mordfälle ereignet, zehn davon in den Neunzigerjahren. Dieser Anstieg machte ihm Sorgen. Bei fast allen Morden ging es um private Abrechnungen, oft innerhalb der Familie. Eifersucht oder Streitereien, bei denen Alkohol im Spiel war, kamen am häufigsten vor. Zwei Morde waren unaufgeklärt geblieben. Einer an einer älteren Frau, die 1954 in ihrem Haus in Fröjel mit einem Stock erschlagen worden war, und einer im Dezember 1996 im Hotel Visby, in dem eine Rezeptionistin ermordet worden war, vermutlich im Zusammenhang mit einem Einbruch. Dieser Mord war passiert, als Knutas schon zum Leiter der Mordkommission befördert worden war. Obwohl bereits früh das Landeskriminalamt eingeschaltet worden war und drei Kriminalbeamte von dort ein halbes Jahr auf Gotland verbracht hatten, blieb der Fall ungelöst.

      Für Knutas war der Hotelmord noch immer eine Art Stachel im Fleisch, aber er versuchte, nicht allzu viel daran zu denken, er hatte ihm schon genug schlaflose Nächte beschert.

      Er zog seine Pfeife hervor und stopfte sie sorgfältig.

      Und jetzt das. Aber das ist etwas ganz anderes, dachte er. Hier ist eine Frau auf bestialische Weise ermordet worden.

      Am Vormittag waren zwei

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